Hamburg. Noch am Freitag hatte es sowohl aus Webers Firma HC Hagemann als auch aus dem Rathaus geheißen, dass ein Abriss nicht geplant sei.

Also doch: Binnenhafen-Investor Arne Weber möchte die alte Likörfabrik Hilke am Karnapp abreißen lassen. Das geht aus der Antwort des Bezirksamts auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Noch am Freitag hatte es sowohl aus Webers Firma HC Hagemann, als auch aus dem Rathaus geheißen, dass ein Abriss nicht geplant sei. Die Pressestelle des Bezirksamts spricht mittlerweile von einem internen Missverständnis bei der Bearbeitung der Abendblatt-Nachfrage.

Den Linken antwortet das Bezirksamt unmissverständlich, wenn auch nicht eindeutig: „Ja, der Abbruchantrag ist am 13. September bei der Bauprüfabteilung des Bezirks eingegangen“, schreibt die Bezirksamtsleiterin und „Nein, der Abbruch wurde bisher nicht genehmigt. Der Antrag befindet sich in der Prüfung.“

Damit könnten im Binnenhafen Konfliktlinien aufbrechen: Da ist zum einen der Grundstücksentwickler Arne Weber, der Pläne mit dem Gelände der denkmalgeschützten Produktionsstätte hat, da sind zum anderen die Anwohner und gewerblichen Anlieger, die in der Begleitgruppe Binnenhafen zusammensitzen. Die haben es zwar zu einem großen Teil Arne Webers Aktivitäten zu verdanken, dass sie überhaupt im Binnenhafen leben oder arbeiten können, wollen andererseits aber auch dessen einmalige Atmosphäre erhalten.

Stadt sollte Gebäude kaufen

Sie setzen sich dafür ein, dass die beiden Vorderhäuser mit der Fabrik im Hinterhof nicht nur erhalten, sondern auch saniert und als Baudenkmal zugänglich gemacht werden. Davon hatten sie auch die Parteien im Harburger Rathaus überzeugt: Im Oktober beschloss die Bezirksversammlung, dass die Stadt nach Möglichkeit versuchen solle, Weber die Gebäude abzukaufen und selbst zu sanieren.

Weber hatte das Ensemble schon einmal in einem Internet-Immobilienportal angeboten. Zwei Millionen Euro rief er im vergangenen Sommer dafür auf. Die Sanierungskosten dürften deutlich höher liegen. Allein die Kosten für die Schwammbeseitigung wurden von Experten auf eine Million Euro geschätzt. Auch darüber hinaus müsste an den Häusern noch viel gearbeitet werden um sie überhaupt betretbar zu machen – und noch mehr, um sie im Sinne des Denkmalschutzes erlebbar zu machen.

Abrissgründe, die den Denkmalschutz überwiegen?

Was im Baudezernat zu prüfen sein wird, ist die Frage, ob es Abrissgründe gibt, die den Denkmalschutz überwiegen. Dazu müsste von den Häusern akute Gefahr ausgehen oder eine Sanierung unwirtschaftlich sein. Das bedeutet, dass die Kosten der Erhaltung nicht aus den möglichen Einnahmen durch das Gebäude erzielt werden können.

„Diesen Nachweis hat der Eigentümer bisher nicht geliefert“, sagt Anja Bornhöft, Pressesprecherin in der Kulturbehörde. „Aus Sicht des Denkmalschutzamtes ist das Gebäude in hinreichendem Umfang sanierbar, um seinen Denkmalwert zu behalten.“

Die Wirtschaftlichkeit ist aber nicht der einzige Ansatzpunkt, den Denkmalschutz auszuhebeln, weiß auch Bornhöft: „Unabhängig von diesem Verfahren ist es nun notwendig, das Gebäude umgehend gegen einen möglichen Einsturz der Fassaden zu sichern, da die Deckenbalken von Schwamm befallen sind. Dazu wurde der Eigentümer aufgefordert, ohne dass er bisher tätig wurde. Deshalb bereitet das Denkmalschutzamt vorsorglich mit Hilfe eines externen Statikers eine entsprechende Sicherungsverfügung vor.“

Das Denkmalschutzamt, der Eigentümer und der Bezirk sind im Gespräch über die alte Fabrik. „Es ist gut möglich, dass Arne Weber den Abrissantrag gestellt hat, um seine Verhandlungsposition zu verbessern“, sagt Frank Richter (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses der Bezirksversammlung: „Unser Ziel ist klar: Das alte Fabrikensemble muss erhalten werden. Und wir müssen Herrn Weber deutlich machen, dass er bei allen Verdiensten im Binnenhafen nicht machen kann, wie er will.“

Stellungnahme nicht zu erhalten

Für den Erhalt der Häuser setzt sich auch die Initiative „Lifa“ ein, etwa zwei dutzend junger Hamburger, die hier ein Kulturprojekt verwirklichen wollen. Sie waren einst durch die Verkaufsanzeige auf die Häuser aufmerksam geworden und engagieren sich nun für ihren Erhalt und für mehr Anwohnerbeteiligung bei der Binnenhafen-Entwicklung. „Wir haben von dem Abrissantrag gehört und planen bereits Aktivitäten“, sagt Katharina Kucza von der Initiative. Eine Stellungnahme von Investorenseite war bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten.