Hamburg. Gebäude haben Risse. Eigentümer werden wohl für Schäden aufkommen müssen, obwohl es ein Gesetz gibt, das dies verhindern soll.
Das ist eine böse Überraschung für Anwohner des Ehestorfer Heuwegs. Schlecht verfüllte Stollen des vor knapp 100 Jahren stillgelegten Bergwerks „Robertshall“ verhindern vorerst nicht nur den Ausbau des Ehestorfer Heuwegs. Es sind auch mehrere Wohnhäuser gefährdet. Sie stehen über den Bergwerksstollen. Einige Gebäude haben bereits Schäden. Auf einer internen Veranstaltung in Nenndorf wurden die Betroffenen informiert. In einem aufwendigen Verfahren sollen jetzt die Hohlräume in den Stollen verfüllt werden.
Es sind unvollständige Karten des Bergwerks, mit denen der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) in die Planungen gegangen ist. Das sagte ein Teilnehmer der Runde, an der am Montagabend im Rathaus der Gemeinde Rosengarten in Nenndorf rund 45 Anwohner teilnahmen. Besseres Kartenmaterial, das Rolf Weiß vom Verein Bergwerk „Robertshall“ selbst erstellt und zur Verfügung gestellt hatte, wurde lange ignoriert. Erst der Durchbruch im Bereich der Straßenbaustelle am 11. September führte zum Umdenken.
Häuser stehen auf Erbpachtgrundstücken
Doch nicht nur die Straße, auch mindestens 15 Wohnhäuser, 14 davon auf niedersächsischem Gebiet, sind betroffen. Gebaut wurden sie auf Erbbaugrundstücken. Dass unter ihren Häusern Bergwerksstollen verlaufen, wussten die Bauherren nicht. Das wurde damals weder kommuniziert noch im Grundbuch vermerkt. „Es sind teilweise bereits massive Schäden an den Häusern entstanden“, weiß Axel Krones, Bürgermeister in dem Bereich.
Von Türen, die nicht mehr zu öffnen sind, und Rissen im Mauerwerk ist die Rede. Entschädigt, so erfuhren es jetzt die Betroffenen, wird nicht. Ein entsprechendes Gesetz über die Deckung solcher Ansprüche wurde erst knapp zehn Jahre nach der Stilllegung des Bergwerks erlassen. Es greife damit nicht. Jetzt werden Gutachter bereits bestehende Schäden erfassen. Zumindest wenn es durch die Bohrungen und die damit verbundenen Erschütterungen zu weiteren Schäden kommt, besteht ein Anspruch auf Entschädigung.
Bisherige Schäden sind nicht der einzige Nachteil für die Betroffenen. Der Wert ihrer Immobilien dürfte um 30 Prozent niedriger ausfallen als angenommen. Selbst mit Gebäudeversicherungen kann es zu Problemen kommen, da ein bislang unbekanntes Risiko aufgetaucht ist. Laut Gutachter soll es das Risiko eines Gebäudeeinsturzes aber nicht geben. Bei den Straßenbauarbeiten ist man jedoch vorsichtig. In dem Bereich soll nicht weiter gearbeitet werden, solange die Stollen nicht verfüllt sind.
Bis Ostern wird das Verfüllen aller Stollen dauern
Das wird in einem aufwendigen Verfahren geschehen. Durch Bohrungen sollen Hohlräume gefunden werden. Dann werden diese mit einer flüssigen Masse verfüllt. Das passiert Stück für Stück in den Bereichen, in denen die Stollen durch Schotten in einzelne Sektionen unterteilt sind. Gleichzeitig wird die Größe der zu verfüllenden Hohlräume errechnet. Fließt mehr von der Füllmasse in das Loch, wird man davon ausgehen, dass es noch weitere Stollen gibt, die auf der privat erstellten Karte, die ein Stollennetz von etwa 25 Kilometern Länge ausweist, nicht erfasst sind. Das würde neue Probleme und neue Bohrungen auslösen. Los geht es nicht sofort.
Es müssen noch Firmen gefunden werden, die die Arbeiten vor Ort ausführen. Rund vier Wochen wird nach jetzigen Planungen das Verfüllen der Stollen im Bereich der Straßenbauarbeiten dauern. Dann kann der Ehestorfer Heuweg zumindest einspurig als Einbahnstraße befahren werden. Mit dem Verfüllen aller Stollen, von denen sich die meisten auf niedersächsischem Gebiet befinden, will man bis Ostern fertig sein. Ein Strich durch diese Rechnung kann das Wetter machen. Ab minus zwei Grad kann nicht mehr verfüllt werden.
Der nächste Ärger steht schon ins Haus. Wenn der zweite Bauabschnitt auf dem Ehestorfer Heuweg eingerichtet wird, der sich im unteren Teil der Straße Richtung Hausbruch befindet, sehen die Planungen der Hamburger Behörde erneut eine wechselnde Einbahnstraßenregelung vor. Allerdings „andersrum“. Vormittags soll der Verkehr in Richtung Ehestorf, nachmittags in Richtung Hausbruch rollen. Dabei hatte man offenbar vor allem die Bedürfnisse der am Ehestorfer Heuweg liegenden Schule im Blick. „Das ist eine Frechheit“, sagt Krones. „Die Bedürfnisse von rund 1000 direkt in dem Bereich lebenden Anliegern, sowie der Masse der Pendler werden hier ignoriert. Wir brauchen eine Regelung, die sich an den Verkehrsströmen orientiert, die in der ersten Tageshälfte nach Hamburg rein und in der zweiten Tageshälfte aus Hamburg raus führen.“ Am 4. November wird es dazu einen Verkehrsgipfel geben.