Harburg. Stürme, Trockenheit, Borkenkäfer: Laut Gido Hollmichel fehlen in Hamburg rund zwei Millionen Euro pro Jahr
Die Revierförstereien Hausbruch und Eißendorf leiden unter chronischem Geldmangel. Das macht sich gerade in jüngster Zeit bemerkbar, in der Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer den städtischen Forsten zusetzen. „Bisher sind die Harburger Wälder angesichts der Wetterextreme relativ glimpflich davon gekommen. Doch wer weiß, was die Zukunft bringt. Wenn jetzt dramatische Ereignisse in Hamburg passieren, können wir darauf nicht mehr reagieren, weil Geld und Personal fehlen“, warnt Gido Hollmichel, Leiter der Revierförsterei Hausbruch.
Hollmichel erläuterte dem Umweltausschuss der Bezirksversammlung den Zustand der Harburger Wälder. Gut 1300 Hektar befinden sich in städtischem Besitz. Knapp 800 Hektar gehören zur Revierförsterei Hausbruch, mehr als 500 Hektar zur Försterei Eißendorf. Hollmichel: „2017 und 2018 gab es mehrere Stürme. Immer wieder mussten wir in den Wald, um Schäden zu beseitigen.“
Nach der Trockenheit kamen die Borkenkäfer
Der Dürre-Sommer 2018 und das trockene Frühjahr 2019 setzten dem Wald besonders zu. Das fehlende Wasser schwächte die Bäume, vor allem die flachwurzelnden Fichten. Sie konnten sich kaum noch gegen Borkenkäfer wehren, so dass diese 2018 und 2019 bundesweit große Schädenangerichtet haben. „In diesem Jahr wurden 1,5 Prozent der deutschen Waldfläche von Borkenkäfern befallen“, sagt Hollmichel. In Harburg liege der Schadanteil nur bei 0,2 Prozent. Betroffen sei ausschließlich die Revierförsterei Eißendorf. Dort befinde sich eine zugekaufte Waldfläche mit einer Nadelwald-Monokultur.
Seit 1990 bewirtschaftet Hollmichel das Hausbrucher Revier. Der Förster sieht die Veränderungen im Wald, die oft schleichend sind. Schon 1982 hat Hamburg eine „Waldbauliche Rahmenrichtlinie“ erlassen, die die Revierförster zu einer naturnahen Waldpflege verpflichtet. Dazu gehört die Umwandlung von reinen Nadelwaldbeständen in stabileren Mischwald. In Hausbruch liege der Anteil von Monokulturen nur noch bei rund einem Prozent, so Hollmichel.
Bäume in Mischwäldern stehen weniger unter Stress
Der ökologische Waldumbau wirke sich nun, da die Bäume durch Wetterextreme und Schädlinge gestresst seien, positiv aus, sagt der Förster. Er habe mit seinem Team über 30 Jahre mehr als 100.000 Bäume gepflanzt, finanziell unterstützt von Vereinen wie Trinkwasserwald e.V. und von Sponsoren. Bei der Umwandlung von monotonen Fichtenwäldern in Mischwälder spielte die Buche eine wichtige Rolle. Doch auch sie zeigte im Sommer, dass sie anfällig gegen Trockenheit ist. Hollmichel: „Im thüringischen Nationalpark Hainich haben sich die Kronen von Buchen braun verfärbt, so etwas habe ich noch nicht gesehen. Ich fürchte, dass die Buche auch bei uns Probleme bekommen wird.“
Die Hamburger Waldbau-Richtlinie untersagt Kahlschläge. Doch vom Borkenkäfer befallene Fichtenareale müssen komplett ausgeräumt werden. Hollmichel: „Solche Schadholzflächen müssen schnell aufgeforstet werden, sonst verwildern sie.“ Allein auf natürlichen Aufwuchs zu setzen, sei zu wenig. Dies würde zudem dazu führen, dass viele Fichten nachwachsen. Der Förster würde gern mehr Stieleichen pflanzen. Aber Eichenkulturen seien besonders teuer. „In der Baumschule von Ehren habe ich mir sogenannte Klimabäume angeschaut – Arten, die für die prognostizierten Bedingungen gut geeignet sind. Aber ich habe auch deren Preise gesehen...“
Kiefer und Weißtanne gelten als relativ klimaresistent
Noch sei unklar, welche Baumarten zukünftig gut zurecht kommen werden, so Hollmichel. Bei den Nadelbäumen werde die Kiefer wieder mehr Raum bekommen – „sie war forstwirtschaftlich schon abgeschrieben“. Auch die Weißtanne könne eine Alternative werden: „Sie ist eine wärmeliebende Art und deshalb in Norddeutschland nicht heimisch. Aber inzwischen fühlt sie sich in Schleswig-Holstein pudelwohl.“
Neben angepassten Baumarten sei die Pflege des Waldes – die Entnahme von Holz – notwendig, um ihn fit für die Zukunft zu machen. Hollmichel: Noch ist der Pflegezustand gut. Aber wir werden aufgrund der schlechten Personal- und Finanzausstattung wachsende Pflegerückstände bekommen.“ Hamburgweit fehlten den Revierförstereien rund zwei Millionen Euro pro Jahr, so Hollmichel: „Wir reden hier von einem Euro, den jeder Hamburger zusätzlich für den Wald ausgeben müsste. Und das langfristig, mindestens über zehn Jahre.“