Vahrendorf. Der Wildpark Schwarze Berge ist 50 Jahre alt. Was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten im Tierparadies im Süden Hamburgs verändert?
Zehn Jahre nach seiner Eröffnung wurde der Wildpark Schwarze Berge erweitert: Die Fabrikhalle der Lenoxwerke war in Flammen aufgegangen. Dort waren damals Kronkorken produziert worden. Schnell stellte sich heraus, dass sich ein Wiederaufbau der Fabrik offenbar nicht lohnte. Die Gemeinde Rosengarten übernahm zunächst das Gebäude, das unmittelbar an den Wildpark angrenzte.
Nachdem das Gebäude saniert worden war, zogen 1979 Kunstschaffende der Harburger Künstlergilde in die Halle ein, die seitdem den Namen Kunsthandwerkehalle trägt. Seitdem werden dort kleine und größere kunsthandwerkliche Gegenstände ausgestellt. Astrid Kühnhold ist eine der Künstlerinnen, die von Anfang an dabei waren. Seit 20 Jahren ist sie auch die Geschäftsführerin der Halle. Zentraler Anlaufpunkt ist heute der Kiosk in der Kunsthandwerkerhalle, die vor wenigen Tagen ihr 40-jähriges Jubiläum feierte. Den Grillplatz vor dem Gebäude gab es von Anfang an.
Nicht alle Veränderungen waren erfolgreich
In den 1980er-Jahren folgten weitere Veränderungen im Park – nicht immer mit Erfolg: Ein neues Bibergehege wurde angelegt – und schon nach kurzer Zeit wieder zugeschüttet. Die wilden Nager fühlten sich in ihrem neuen Zuhause einfach nicht wohl. Warum, weiß niemand so genau. „Es ging nicht“, sagt Geschäftsführer Arne Vaubel.
Mit europäischen und kanadischen Fischottern hatten die Parkmacher mehr Glück. Auch die kanadischen Waschbären in ihrem nagelneuen Gehege machten eine gute Figur und amüsierten sich allem Anschein nach prächtig. Und: Es wurden Frettchenhäuser gebaut. Heute laufen die possierlichen Tierchen an der Leine durch den Park. Der Steinmarder zog damals ebenfalls mit ein.
Die ganz größte Attraktion der 1980er-Jahre war jedoch der Elbblickturm – ein hölzerner Aussichtsturm, 31 Meter hoch und mit einer Plattform auf 28 Metern Höhe ausgestattet, die von den Besuchern über 151 Treppenstufen zu Fuß erklommen werden musste.
1987 wurde der spektakuläre Turm eröffnet. Seitdem genießen Turmbesteiger des Elbblickturms im Wildpark bei schönem Wetter den Blick über die Baumwipfel hinweg auf die Silhouette Hamburgs. „Die Zimmerei Aldag aus Fleestedt hat den Elbblickturm gebaut“, verrät Vaubel. Und das geschah so: Zehn Männer machten sich an die Arbeit, um aus 25 Festmetern Rundholz für Stiele und Streben, 39 Kubikmeter Bauholz für Podeste und 4,5 Tonnen Stahl für Laschen und Bolzen einen Turm zu zimmern.
Zwei Autokräne hievten die Konstruktion in die Höhe
Zunächst wurde das Unterteil des Turms gebaut, dessen sechs runde, tragende Säulen sich nach oben hin trapezförmig verjüngten. Danach wurde das 15 Meter hohe Oberteil auf die Unterkonstruktion gesetzt. Zwei Autokräne waren nötig, um die 15 Tonnen schwere Konstruktion nach oben zu hieven und passgenau auf die fest verschraubte Unterkonstruktion zu setzen.
Nach vier Wochen Bauzeit stand der Turm. Doch schon bald stellte sich heraus, dass „ziemlich viel Bewegung im Holz war“, so Vaubel. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die Konstruktion des Aussichtsturms war damaligen Feuerbeobachtungstürmen im Osten nachempfunden. „Dort gingen höchstens drei bis vier Leute gleichzeitig auf den Turm“, sagt Vaubel.
Konstruktion war alten Feuerbeobachtungstürmen nachempfunden
Im Wildpark war die Situation eine völlig andere: Bei schönem Wetter pirschten nicht drei oder vier Leute gemeinsam nach oben, sondern locker 30 bis 40 Besucher gleichzeitig, um die spektakuläre Aussicht weit ins Land zu genießen. Ob irgendjemand auf dem schwankenden Gebälk einmal seekrank geworden ist, ist nicht überliefert. Tatsache ist jedoch, dass erst bei der turnusgemäßen Sanierung nach zehn Jahren die Schwachpunkte des Turmes erkannt wurden.
„Es stellte sich heraus, dass sich der Statiker offenbar verrechnet hatte. Statt doppelte Sicherheit hatte er nur einfache Sicherheit in den Turm berechnet“, sagt Vaubel. Das Bauwerk wurde daraufhin deutlich verstärkt und den geltenden Vorschriften angepasst.
Der Elbblickturm, den Besucher des Parks von heute kennen, hat übrigens nicht mehr viel mit dem alten Turm zu tun. Er steht zwar an derselben Stelle wie der alte, doch es handelt sich um eine völlige Neukonstruktion. Der Elbblickturm von 2017 ist höher als sein Vorgänger – und er ist felsenfest im Boden verankert. 45 Meter sind es bis zur Plattform, insgesamt ist der Turm sogar 48 Meter hoch. Rechnet man die Spitze der Antenne auf dem Dach hinzu, kommt man sogar auf 60 Meter.
Restaurierung des Holzbaus wurde immer aufwendiger
Notwendig geworden war der Abriss des alten Turms nicht nur, weil die alle zehn Jahre erforderliche Restaurierung der wesentlichen Strukturen des gewaltigen Holzbaues finanziell wie handwerklich sehr aufwendig war, sondern auch, weil sich die Landschaft über die Jahrzehnte verändert hat. „Unsere Bäume waren über die Jahre hinweg ein deutliches Stück gewachsen. Um unseren Besuchern den Weitblick zu erhalten, mussten wir eben mitwachsen“, sagte Vaubel damals.
Wenn heutzutage der Blick der Wildparkgäste über den Rosengartenwald im Südwesten, den Kiekeberg im Südosten und das Elbtal mit dem Hamburger Hafen, Blankenese und der Köhlbrandbrücke in nördlicher Richtung schweift, braucht niemand mehr Angst zu haben, „seekrank“ zu werden. Und das Schönste: Der Ausblick über die Skyline Hamburgs ist nach wie vor im Wildpark-Eintrittspreis enthalten.
Neu, höher, weiter
Im Juni 2017 wurde der neue Elbblickturm nach dreimonatiger Bauzeit eröffnet. Gut 140 Tonnen Stahl und etwa 16 Tonnen Holz stecken in dem imposanten Bauwerk. Seitdem ist der alte Elbblickturm Geschichte.
Der Neubau war nötig, weil eine Restaurierung des alten Turms zu teuer erschien und sich die Landschaft der Schwarzen Berge verändert hatte. „Unsere Bäume sind über die Jahre ein großes Stück gewachsen. Um unseren Besuchern den Weitblick zu erhalten, müssen wir mitwachsen“, sagte Vaubel zur Eröffnung. „Wir sind stolz, mit unserem 45 Meter hohen Elbblickturm den höchsten und wie ich finde schönsten Aussichtspunkt im gesamten Umland zu bieten.“
288 Stufen führen hinauf auf die Besucherplattform. Der Aufstieg ist vor allem im Sommer recht mühsam. Alle zehn Meter gibt es zusätzliche kleine Aussichts-Plattformen zum Rasten.