Winsen/Seevetal. Die Gemeinde setzt die Bauberatung aus, um 50 liegengebliebene Fälle zu bearbeiten. Fehlende Unterlagen kosten zusätzlich Zeit.
Wer in diesen Tagen beim Bauamt der Gemeinde Seevetal anruft, um sich für einen Hausbau beraten zu lassen, erreicht bloß eine automatische Ansage: Bedingt durch die Vielzahl der Anträge sei derzeit leider keine telefonische, schriftliche oder persönliche Bauberatung möglich. Die Gemeinde hat das Angebot bis zum 18. Oktober ausgesetzt.
Grund für diese Notbremse ist der anhaltende Bauboom in der Gemeinde, unter anderem durch die niedrigen Zinsen. Bedingt durch die konjunkturelle Situation lägen zurzeit etwa 50 Bauanträge vor, sagt Fred Patzwaldt, Leiter der Seevetaler Planungsabteilung. Diese müssten bearbeitet und mit Stellungnahmen versehen an den Landkreis Harburg weitergeleitet werden. „Um diesen Rückstau abzuarbeiten, hat die Bearbeitung der Anträge bei uns jetzt Priorität. Denn dahinter stehen ja häufig auch Verpflichtungen der Bauherren, wie zum Beispiel Immobiliendarlehen. Deshalb haben wir die Beratung zurückgefahren.“
Viele Bauherren tragen Unterlagen für Anträge selbst zusammen
Es ist aber nicht nur die hohe Zahl an Anträgen, die für Mehrarbeit in der Planungsabteilung sorgt. Auch der Aufwand pro Antrag ist gestiegen. „Wir müssen die Bauanträge mittlerweile deutlich häufiger mehrmals anfassen, bevor sie vollständig bearbeitet werden können“, sagt Patzwaldt. Denn oft fehlten Unterlagen oder die Anträge seien nicht korrekt ausgefüllt.
Dies sei auf eine Entwicklung im Zuge des Baubooms zurückzuführen. „Früher ist ein Bauherr als erstes zu einem Architekten gegangen und dieser hat den Bauantrag vorbereitet. In der Regel sind dann bei uns vollständige Anträge eingegangen. Mittlerweile geben viele Firmen ihren Kunden eine Art Laufzettel mit, was alles zu erledigen ist. Die Bauherren müssen sich selbst kundig machen und alle Unterlagen von verschiedenen Dienstleistern zusammentragen.“ Dabei geht es zum Beispiel um Fragen der Entsorgung sowie der Wasser- und Stromversorgung oder auch darum, einen Lageplan des Baugrundstücks beim Katasteramt zu erfragen oder besondere Voraussetzungen des Grundstücks zu berücksichtigen.
Beratungsbedarf der Bauherren steigt
Die veränderte Situation mache häufiger eine Beratung erforderlich. „Der einzelne Bauherr ist nicht selten mit diesen Dingen verständlicherweise überfordert“, sagt Patzwaldt. Die Zeit, die in die Beratung gesteckt wird, fehlt wiederum für die Bearbeitung der Anträge. So entsteht ein Rückstau wie derzeit in Seevetal – auch wenn der Herbst keine typische Zeit für solche Antragsspitzen ist.
Hinzu kommt die personelle Situation in der Planungsabteilung. Die Mitarbeiter müssen angesammelte Überstunden abbauen und auch die Herbstferien und damit die Urlaubszeit stehen kurz bevor. Danach sollte sich die Situation wieder entspannt haben, so die Einschätzung Patzwaldts. Vom 21. Oktober an soll die Beratung, eine freiwillige Leistung der Gemeinde, wieder angeboten werden.
Landkreis erteilt Genehmigung nach etwa sechs bis acht Wochen
Bis dahin können sich Bürger dringenden Fällen an den Landkreis wenden. Dort können sie zum Beispiel Fragen zum Bebauungsplan, vorgeschriebenen Abstandsgrenzen, zugelassenen Gestaltungsmöglichkeiten oder „ortsüblicher Bebauung“ stellen. Die Nachfrage nach Beratungen sei durch den Bauboom schon seit längerem hoch, sagt Sprecher Andres Wulfes. Zuletzt hätten auch die Anfragen aus Seevetal spürbar zugenommen. Hinzu komme, dass vermehrt Restgrundstücke bebaut würden.
Liege der Bauantrag vollständig beim Landkreis vor, könne die Genehmigung für den Bau eines Einfamilienhauses in der Regel innerhalb von sechs bis acht Wochen erteilt werden, sagt Wulfes. Die genaue Bearbeitungszeit sei jedoch stark vom Einzelfall abhängig.