Hamburg. Eine Tischlerei in Neuenfelde entwickelt Prototypen für rollende Mini-Häuser. Einach nur, „um mal etwas Neues zu machen“.
Er wollte mal wieder etwas Anderes machen. Etwas Neues, mehr eigene Gestaltung und Entwurf als bei den Routinearbeiten sollten dabei sein. So wie früher eben, so wie ganz am Anfang seiner Unternehmensgründung. Und alles ohne Auftrag, ohne Zwang, einfach so. Also setzte sich der Neuenfelder Tischlermeister Jan Stölken vor einiger Zeit mit seiner Frau Hilke und den drei erwachsenen Kindern hin und überlegte: Die Auftragsbücher waren voll, die Bauwirtschaft brummt. „Und solche guten Jahre muss man ausnutzen, um neue Ideen zu entwickeln“, sagt er.
Was dabei herausgekommen ist, fällt vor allem vielen Radfahrern auf, die auf dem Radwanderweg von Neugraben auf dem Weg ins Alte Land an der Tischlerei vorbeikommen: Zwei bunte Holzhäuser auf Rädern sehen sie dann dort auf dem Rasen stehen.
Sie erinnern irgendwie an den Wohnwagen von Peter-Lustig aus der ZDF-Serie „Löwenzahn“ . Oder eben an sogenannte „Tiny-Houses“: Minihäuser aus Holz, die auf kleinem Raum viel Wohnkomfort bieten und fehlenden Platz locker durch ihren Holzcharme wettmachen. In Richtung „Tiny-Houses“ dachte auch am Anfang des Projektes Jan Stölken mit seinen Kindern; die beide Söhne sind ebenfalls Tischler, die Tochter studiert Architektur. Und fürs richtige Körper-Gefühl steuerte auch Hilke Stölken ihre Erfahrung mit bei, sie ist Heilpraktikerin.
Zuvor schaute er sich andere Beispiele ganz genau an
Der Neuenfelder Tischlermeister besorgte sich Fachliteratur über die neuen Mini-Häuser, die derzeit vielfach als charmante Antwort auf teures Wohnen gefeiert werden. Er sah sich viele solcher Bauten auch direkt an. „Da ist aber oft viel Idealismus mit viel Silikon dabei“, sagt er.
Nein, die rollenden Mini-Häuser aus dem Alten Land sollten solider sein, handwerklich perfekter. Und er setzt auf Beweglichkeit, weil man ein Tiny-Haus auf Rädern eben leicht irgendwo hinstellen kann und keine Baugenehmigung wie für eine feste Immobilie braucht. Zudem hat Stölken auch praktische Erfahrungen mit solchen Ausbauten auf beweglichem Untergrund. Für den Katastrophenschutz etwa hat er Wagen gebaut – mit OP-Einheit und Platz für die Einsatzleitung.
Solche Mini-Häuser kosten je nach Ausbau ab etwa 20.000 Euro
Herausgekommen sind jetzt zwei Wagen, ein blauer und ein gelber. Sie sind Prototypen und könnten je nach Kundenwunsch auch größer und umfangreicher werden. Ab 20.000 Euro etwa würden solche rollenden Häuser kosten, sagt Stölken, der in jungen Jahren nach einer Tischlerlehre Architektur an der Fachhochschule in Buxtehude studiert hatte. Nebenbei baute und entwarf der heute 48-Jährige aber schon da ungewöhnliche Möbel: Für die Filmbranche in den Hamburger Zeise-Hallen etwa, oder für die neuen Computerfirmen, die seinerzeit als Start-ups überall entstanden. „jeder wollte so besondere Empfangstresen haben“, erzählt Stölken.
Ein Dachfenster soll den Blick in den Sternenhimmel möglich machen
Nach eineinhalb Semestern schmiss er das Studium, machte den Meister und gründete sein Unternehmen, das heute mit 14 Mitarbeitern vor allem auf Treppen, Fenster und Innenausbauten spezialisiert ist. Er baute die Möbel aber in den Anfangsjahren nicht nur, er gestaltete sie auch selbst. Und dahin sollte die Reise mit dem neuen Projekt auch gehen.
Den blauen Wagen gestaltete das Familienteam beispielsweise so, dass es ein Mini-Ferienhaus, ein Gästehaus im Garten oder auch ein erweitertes Arbeitszimmer sein kann. Die Decke ist hinterlüftet und dadurch auch gegen Hitze gut abgeschirmt, die Wände indes sind mit Holzwolle gedämmt, geheizt wird mit einer modernen und extraflachen Elektroheizung, die aber mit nur geringer Wattzahl auskommt. Hoch oben entwarf er ein Dachfenster, das Bett befindet sich indes auf Fensterhöhe.“ So kann man auch im Liegen immer nach draußen schauen“, sagt Stölken.
Und wer will, kann das Ganze auch weitertransportieren. 1,6 Tonnen wiegt dieses rollende Minihaus und hat sogar TÜV. Den anderen, den gelben Wagen bauten die Stölkens indes zu einer rollenden Sauna mit viel Platz aus. Und auch hier ist der Rundumblick auf eine Landschaft wieder das Prinzip. „Man kann die Sauna dann überall hinstellen, wo es schön ist“, sagt Stölken.
Zuviele Aufträge, um in die Vermarktung einzusteigen
Auf seiner Webseite und bei Facebook sind zwar Infos zu den beiden Wagen zu finden, direkt nach Kunden gesucht hat Stölken aber noch nicht. Das Ziel, zwei Prototypen als Beispiele zeigen zu können, ist zwar seit einiger Zeit erreicht. Und das Interesse groß, jedenfalls bei Radfahrern, die dort immer wieder halten und fragen. Aber der Bauboom in Hamburg ließ bisher nicht die Zeit, um auf Messen zu gehen.
Die Vermarktung komme später, sagt Stölken. Und wichtig war ja zunächst auch etwas anderes: Mal etwas Anderes machen. Und das, immerhin, hat der Tischler schon umgesetzt.