Hamburg. Kaffeeröster will vom Trend zu kleinen, mobilen Behausungen profitieren. Preise ab 39.999 Euro.

Dass Tchibo nicht nur Kaffee verkauft, ist bekannt. Im Online­shop bieten die Hamburger derzeit unter anderem Sonnenbrillen mit Gläsern in Sehstärke ab 29,95 Euro und Leinen-Wendebettwäsche im zweiteiligen Set ab 54,95 Euro an. Doch von heute an kann man bei dem Kaffeeröster im Internet sogar Häuser erwerben. Zwischen 39.999 und 59.999 Euro kosten die drei unterschiedlichen Typen. Vergleichsweise kleines Geld – für allerdings auch vergleichsweise kleine Häuser. Die sogenannten Tiny Houses (kleine Häuser) sind zwar mit Dusche, Küche und Bett ausgestattet, haben aber nur zehn bis knapp über 20 Quadratmeter Wohnfläche. Und: Sie sind fest auf einem Anhänger montiert und damit eine Art Wohnwagen in Minihaus-Optik.

Trend aus den USA

Tchibo springt damit auf einen Trend auf, der vor wenigen Jahren aus den USA nach Europa herüberschwappte. Die Minihäuser werden als eine Lösung für die Wohnungsprobleme von Studenten in Großstädten gepriesen und gelten als alternative Wohnform für Menschen, die nach dem Motto „weniger ist mehr“ leben möchten – und für solche, die einen individuellen Lebensstil bevorzugen. Peter Lustig lebte in der 80er-Jahre- TV-Kinderserie „Löwenzahn“ noch in einem umgebauten Bauwagen, seine Nachfolger bevorzugen nun Kleinstbehausungen, die aussehen wie ein richtiges Haus.

Gefertigt von einer Schreinerei

„Wir haben diesen Trend erkannt und uns einen Kooperationspartner gesucht“, sagt Tchibo-Sprecherin Helen Rad. Der Kaffeeröster bietet die Minihäuser gemeinsam mit der Schreinerei Heinz Diekmann aus dem nordrhein-westfälischen Hamm an. Das Unternehmen ist bereits vor zwei Jahren in das Geschäft mit den Tiny Houses eingestiegen, bietet selbst mehrere unterschied­liche Typen an und gehört heute zu den großen Herstellern in Deutschland. „Für Tchibo haben wir gemeinsam mit der Schreinerei Diekmann eine spezielle Konfiguration der Häuser entwickelt“, sagt Unternehmenssprecherin Rad.

Beheizbar und gedämmt

Von heute an und bis zum 26. Juni können drei Typen bestellt werden: Für 39.999 Euro (Preis der bezugsfertigen Grundversion) gibt es ein Häuschen mit zehn Quadratmetern Wohnfläche, Spitzdach, einer kleinen Veranda, Stauraum und Schlafplatz für zwei Personen.

Der Haustyp 2 kostet ab 49.999 Euro, hat ein Flachdach, knapp 16 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Etagen und Schlafgelegenheit für vier Personen. Ab 59.999 Euro kostet das größte der kleinen Häuser mit 16,4 Quadratmetern Wohnfläche im Erdgeschoss, einem vier Quadratmeter großen „Schlafloft“ unter dem Spitzdach und Übernachtungsmöglichkeiten für ebenfalls vier Personen. Die Häuser seien gedämmt und beheizbar, heißt es bei Tchibo. „Man braucht nur noch einen Strom- und einen Wasseranschluss“, so Sprecherin Rad.

Viele Nutzungsoptionen

Beim Kaffeeröster und Non-Food-Handelsunternehmen sieht man zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten. Entweder als dauerhaftes Zuhause oder als vorübergehende Wohnlösung, etwa für einen Aufenthalt an einem anderen Wohnort. Genutzt werden könnten die Tiny Houses zudem als Ferien- oder Wochenendhaus entweder mit einem festen Standort oder mobil. Und natürlich könnte das Kleinhaus auch im eigenen Garten platziert und etwa als Arbeitszimmer Verwendung finden.

Die Nutzung als mobiles Freizeitheim dürfte im Vordergrund stehen. „Ein Tiny House als ersten Wohnsitz anzumelden und tatsächlich dauerhaft zu bewohnen ist in Deutschland etwas schwierig“, sagt Stefan Diekmann, Geschäftsführer des Herstellers aus Nordrhein-Westfalen. Die Schreinerei verfolge derzeit mehrere Projekte für Großabnehmer, die eine größere Zahl von Tiny Houses etwa auf einem Reiterhof oder auf einem Campingplatz aufstellen wollen. „Für eine Friseurmeisterin konzipieren wir derzeit einen mobilen Salon, mit dem sie zu den Kunden fahren will“, sagt Diekmann. Auf eine größere Nachfrage von Kunden, die über den Tchibo-Online-shop einen Beratungstermin verein­baren, habe man sich vorbereitet.

Tchibo hatte auch schon Hausboote im Angebot

Für Tchibo ist es nicht der erste Ausflug ins Geschäft mit Behausungen: Bereits zweimal in den vergangenen Jahren konnten Kunden bei den Hamburgern energieeffiziente Einfamilienhäuser zum Preis ab 170.000 Euro bestellen­. Dabei arbeitete das Unternehmen mit dem Fertighaus-Unternehmen Heinz von Heiden zusammen. Und 2014 ließ sich über Tchibo.com gar ein Hausboot ab 88.000 Euro ordern. Wie viele tatsächlich verkauft wurden, gibt das Unternehmen nicht bekannt.

Käufer eines Tiny Houses, die ihre neue Wohnung nicht dauerhaft aufstellen, sondern mit dem Haus auf Rädern regelmäßig unterwegs sein wollen, müssen sich auf eine Besonderheit einstellen: Die Hütte muss regelmäßig zur Hauptuntersuchung – und benötigt ein Nummernschild.