Buxtehude. Stadt prüft in Wohngebiet aus den 60er-Jahren das Energiesparpotenzial. Quartier könnte Vorbild für eine ganze Stadt werden.
Darf man überhaupt noch fliegen? Wer sich angesichts der immer schärfer geführten Diskussionen um Klimawandel und CO2-Abgasen zum Ferienbeginn dieser Tage diese Frage stellt, könnte sich zunächst einmal im eigenen Haus umschauen. Gut Dreiviertel des eigentlichen Energieverbrauchs eines Durchschnittsbürgers in Deutschland wird über die Wohngebäude ausgelöst, schätzt Buxtehudes Klimamanagerin Ann-Kathrin Bopp. „Es gibt da also viele Einsparmöglichkeiten“, sagt sie.
Die studierte Betriebswirtin koordiniert in der Estestadt seit 2015 verschiedene Klimaschutzaktionen, mit denen die sogenannten Treibhausgase vor Ort reduziert werden sollen – oft schlicht durch Energieeinsparung. Das bisher größte Projekt ist nun als eine Art Pilotprojekt an den Start gegangen. Ein ganzes Wohngebiet wurde durch die Stadt zum „Energiequartier“ erklärt. Und zwar nicht eines der neues Wohngebiete, wo vielleicht schon das ein oder andere moderne Passivhaus steht.
„Energiequartier Stieglitzweg“ besteht aus eher schlecht gedämmten Häusern
Das „Energiequartier Stieglitzweg“ umfasst vielmehr ein Areal im Süden der Stadt mit vorwiegend älteren Reihen- und Geschosswohnungshäusern, die in den 50er- und 60er-Jahren gebaut wurden. Mithin also meist Gebäude mit weniger gut gedämmten Wänden und Dächern. Rund 350 Wohneinheiten und eine Schule zählen dazu.
„Wir haben uns dieses Gebiet ganz bewusst ausgesucht, weil es so schön vergleichbar ist“, sagt die Klimaschutzexpertin. Alles, was sich dort als machbar und vor allen sozial verträglich umsetzen lasse, könne Vorbild für andere Wohnquartiere sein. Wobei es im ersten Schritt um eine Bestandsaufnahme geht, wie Ann-Kathrin Bopp sagt.
Die Hansestadt hat ein Projektteam aus ZEBAU GmbH und Averdung Ingenieurgesellschaft mbH beauftragt, ein Konzept zu erstellen. Ein Auftrag, der durch die Bundesregierung zum größten Teil finanziert und gefördert wird – aber eben nur, wenn eine Kommune ein festgelegtes Viertel dazu definiert.
Solar-Anlagen sind eine Option, besser heizen eine weitere
Wo und wie lassen sich Gebäude dort am einfachsten besser dämmen, wo könnte man Solar-Anlagen aufstellen und sind die Dächer überhaupt nach Süden ausgerichtet? Welche Besonderheit bei den einzelnen Gebäudetypen gibt es? Solche und ähnliche Fragen sollen nun mit Beteiligung der Bewohner zunächst geklärt werden. Mit Fragebögen versuchen die Ingenieure dabei auch ein typisches Verbraucherverhalten zu ermitteln, etwa wann und wie geheizt oder gelüftet wird. „Manchmal reicht schon der Austausch eines Thermostaten an der Heizung, um viel zu erreichen“, sagt Bopp.
Am Ende soll es dann ein Ergebnis geben, das die Potenziale zur Energieeinsparung in dem Gebiet aufzeigt. „Aber immer wichtig: Das soll sozial verträglich geschehen“, sagt die Klimamanagerin, die sehr wohl weiß, dass es bei dem Thema auch oft Befürchtungen wegen hoher Kosten gibt. Und daher wird für das Energiequartier ein weiteres Thema im Vordergrund stehen: Die Fördermöglichkeiten für einzelne Maßnahmen.
Sanierungsmanager informiert Bewohner über Fördermöglichkeiten
Der zweite Schritt nach der Bestandsaufnahme soll deshalb das zeitlich befristete Engagement eines Sanierungsmanagers sein, der in dem Quartier Ansprechpartner ist und als eine Art Expeditionsleiter im Förderdschungel über die verschiedenen Möglichkeiten und Art der stattlichen Zuschüsse informiert.
Sollte sich am Ende das Projekt „Energiequartier“ als besonders erfolgreich erweisen, könnten weitere Energiequartiere hinzukommen, sagt die Klimamanagerin.