Zwei Fahrzeuge mit der umweltfreundlichen Technik fahren jetzt im regulären Liniendienst bis nach Buxtehude. Erstes positives Fazit.
Morgens um kurz nach sieben Uhr liegt der Bahnhof Buxtehude noch im Dämmerlicht eines schönes Herbsttages. Im engen Takt surren die S-Bahnen auf der Strecke von und nach Hamburg. Auf dem Nachbargleis soll jetzt gleich auch der Zubringerzug aus Bremervörde einfahren. Normalerweise ein Dieselfahrzeug, wie sie im Regionalverkehr vielfach eingesetzt werden; deutschlandweit und gerade auf dem Land sind eben rund 40 Prozent aller Gleisstrecken nicht elektrifiziert.
Doch der blaue Zug, der jetzt werktags jeden Morgen in Buxtehude hält, wird mit Wasserstoff angetrieben. Statt Ruß, CO2 oder Stickoxid quillt als Abgas nur Wasserdampf aus seinem Antrieb, leise und kaum hörbar rollt er ein. Ein Novum im öffentlichen Schienennahverkehr und möglicherweise die große Zukunft, die hier in Buxtehude so im krassen Widerspruch zu dem heruntergekommenen Bahnhofsgebäude steht.
Der Herstellerkonzern Alstom und die Betreiber der Eisenbahn- und Verkehrsbetrieb Elbe-Weser-GmbH (EVB) sprechen jedenfalls von dem „weltweit ersten Wasserstoff-Zug“, die hier jetzt zwischen Bremerhaven, Cuxhaven und Buxtehude im harten Liniendienst eingesetzt wird. Vor drei Wochen erst war der Betrieb mit zwei Zügen und viel Politikprominenz aufgenommen worden.
Und das Fazit der ersten drei Wochen erscheint offensichtlich durchweg positiv: „Alles läuft sehr zuverlässig und wir bekommen von den Fahrgästen viele positive Rückmeldungen“, sagt EVB-Sprecherin Andrea Stein. Zwar sind Techniker des Herstellers und auch anderer technischer Komponenten vor Ort, um rechtzeitig reagieren zu können, doch bisher habe es noch keine ernsthaften Zwischenfälle gegeben.
Auch bei dem Schienenfahrzeugbauer Alstom in Salzgitter gibt es nur positive Reaktionen zu diesen ersten drei Wochen. „Wir sind alle sehr zufrieden“, sagt Alstom-Sprecherin Tanja Kampa. Alles funktioniere wie es sollte und es gebe auch keine Abstriche zu einem Dieselbetrieb. So würden die beiden Fahrzeuge in 15 Minuten betankt, erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Kilometern pro Stunde und mit einer Füllung eine satte Reichweite von 1000 Kilometern , so dass sie anders als ebenfalls gerade neu entwickelte Batterie-Züge (mit deutlich kürzeren Reichweiten) auch im langen Umlaufbetrieb eines ganzen Tages eingesetzt werden können.
Hört man sich bei den Fahrgästen um, gibt es ebenfalls viel Lob. Der Elektro-Ingenieur Hans-Heinrich Kühn beispielsweise fährt jeden Morgen von Bremervörde über Buxtehude bis zum Job nach Hamburg. „Finde ich super“, sagt er zu seinem persönlichen ersten Eindruck des neuen Wasserstoff-Zuges. Lediglich leise Fahrgeräusch seien im Inneren zu hören, kein Motorgedröhnmehr, nur ein sanftes Surren der Technik. „Das kann die Zukunft sein, auch wenn der Wasserstoff noch mit Lkw angeliefert wird“, sagt er.
Tatsächlich werden die beiden Züge, die noch Alstom gehören, an einer mobilen Tankstelle am EVB-Stammsitz in Bremervörde mit Wasserstoff betankt, der als Abfallprodukt der chemischen Industrie anfällt. In einer Brennstoffzelle auf dem Zug werden Umgebungsluft und der Wasserstoff in Wasser umgewandelt, wobei Strom für den Elektromotor entsteht Ab voraussichtlich 2020 soll der Wasserstoff aber stationär per Elektrolyse und mit Hilfe von Windkraft erzeugt werden, sagt EVB-Sprecherin Andrea Stein.
Die beiden Züge fahren derzeit noch in einer Art Probebtrieb, geplant ist allerdings, dass die EVB-Flotte von 2021 an mit 14 solcher Wasserstoff-Fahrzeuge von Alstom ausgerüstet wird. Mit mehr als 81 Millionen Euro unterstützt das Land Niedersachsen den Kauf der Züge, die zwar etwas teuerer als herkömmliche Diesel-Schienenfahrzeuge sind, die Mehrkosten sich nach Herstellerangaben aber bereits nach zehn Jahren wieder rechnen würden.
Für die Umwelt und das Klima dürfte die Rechnung aber eben schon viel früher aufgehen. „Man muss einfach einmal den Anfang machen und vor allem deshalb finde ich diesen Zug so gut“, sagt jedenfalls Fahrgast Hans-Heinrich Kühn.
Wo der neue EVB-Wasserstoff-Zug fährt
Der Fahrplan sieht bisher einen Halt des Wasserstoffzuges in Buxtehude von Montag bis Freitag um 7.09 Uhr vor, wenig später geht es zurück nach Bremervörde. Zu anderen Zeiten verkehren dann wieder die EVB-Dieselzüge. Einfacher ist es aber, wenn man am Wochenende einen Blick auf das neue Fahrzeug nehmen möchte: Sonnabends gibt es einen Halt des Wasserstoff-Zuges in Buxtehude auch um 11.16 Uhr und um 15.16 Uhr. Die Zeiten können sich aber demnächst wieder ändern, deshalb lohnt ein Blick auf die EVB-Internetseite: www.evb-elbe-weser.de
Die EVB betreibt ein Schienennetz von 235 Kilometer Länge im Elbe-Weser-Raum, eine Verknüpfung mit dem HVV und der S3 gibt es in Buxtehude. Die EVB gehört zu knapp 83 Prozent dem Land Niedersachsen, kleinere Beteiligungen halten auch die Landkreise Stade und Harburg.