Buxtehude . Beide Kommunen in der südlichen Metropolregion werben mit ihren historischen Altstädten. Ein Pfund, das sie weiter ausbauen wollen.

Seit Jahren steigt die Zahl der Einwohner und auch die der Touristen: Große Sorgen um ihre Attraktivität müsste sich die Hansestadt Buxtehude also eigentlich nicht machen. Und doch gibt es da drei Sorgenkinder, die Stadtbaurat Michael Nyveld ausgemacht hat. Das marode Bahnhofsgebäude und die Bahnhofstraße hinunter zur Altstadt. Und dort dann noch der Petriplatz an der gleichnamigen Kirche, der etwas abseits des gut besuchten historischen Zentrums liegt und als zentraler Platz offenbar oft gar nicht so erkannt wird. „Der wird von vielen Besuchern und Touristen kaum wahrgenommen“, so Nyveld. Doch das soll sich ändern: Mit einem Gestaltungsbeirat aus externen Fachleuten hatte die Stadt erste Ideen gesammelt, dann eine Art Wettbewerb mit vier Büros für Landschaftsarchitektur ausgelobt. Die Entwürfe von zwei Büros gefielen dabei so gut, dass sie jetzt im zuständigen Ausschuss des Stadtrates vorgestellt wurden – ohne, dass es sich dabei bereits um finale Planungen handelt. „Es sind erste Entwürfe, um Details wie Kosten geht es dabei noch nicht – aber sie haben uns sehr gefallen“, befand der Stadtbaurat.

Beide Entwürfe zeigen viele Übereinstimmungen

Und bei allen Unterschieden überraschen die beiden Entwürfe in der großen Linie mit vielen Übereinstimmungen und zeigen wohl auch erste Tendenzen auf. Beide Büros wollen den Platz beispielsweise erweitern und beziehen dazu die Rückseite der Kirche mit ein. Beide arbeiten zudem mit einem neuen, eher hellem Pflaster, das den Platz als Fläche deutlicher sichtbar werden ließe – während er bisher eher wie eine Erweiterung der Straße erscheint. Auch Parkplätze wie bisher dürfte es nicht mehr geben, beide Büros arbeiten außerdem in ihren Entwürfe mit Wasserspielen: Per Düse sprudeln in den Zeichnungen kleine Fontänen hoch, Kinder spielen in den Pfützen.

Planer spricht von „wahnsinnig schönen Bauwerken“

Nach dem Entwurf des Hamburger Büros Ramboll StudioDreistl bildet die große Luther-Eiche einen zentralen Blickfang
Nach dem Entwurf des Hamburger Büros Ramboll StudioDreistl bildet die große Luther-Eiche einen zentralen Blickfang © HA | Ramboll StudioDreistl

Planer sprechen von „wahnsinnig schönen Bauwerken“

„Fassaden, die sich im Wasser spiegeln, haben wir in Buxtehude oft gefunden, das nehmen wir damit wieder auf“, sagte beispielsweise Landschaftsarchitekt Tancredi Capatti, der auch von „vielen wahnsinnig schönen Bauwerken“ sprach, die Planer dort vorgefunden hätten. An Wochenmarkttagen und bei Festen wie dem Weinfest ließen sich diese Wasserfontänen dann wieder ausschalten. Der Platz, so Capatti, solle eben “multifunktional“ genutzt werden - auch mit Blick auf das Buxtehuder Museum, das mit seiner derzeitigen Erweiterung zum Petriplatz einen neuen Eingang bekommt. In den Entwürfen von beiden Büros fehlt zudem der vorhandene Halepaghen-Brunnen, der dort bisher ziemlich zentral das Geschehen beherrscht. „Ein Platz braucht aber Platz zum Atmen“, so Landschaftsarchitekt Capatti.

Sein Kollege von der Hamburger Niederlassung des Büros Ramboll Studio Dreiseitl sieht ebenfalls eine Multifunktionalität in der Zukunft des Platzes. Sein Team sei bei den Vorort-Recherchen aber auch sehr überrascht gewesen, wie belebt eine Stadt dieser Größe sein könne, sagte Christoph Duckart. Für die Gestaltung eines neuen Platzes könne es kaum etwas Besseres geben. Bei den Gesprächen mit Besuchern habe sich auch gezeigt, dass die vorhandene Kirchenmauer sehr wichtig als Sitzplatz ist – obwohl sie als solche gar nicht geplant gewesen war.

Wasserspiele und ein neues Pflaster für den Platz

Deshalb sieht der Vorschlag des Hamburger Büros vor, diese kleine Mauer mit etlichen Sitzgelegenheit einmal um die ganze Kirche zu ziehen - sozusagen als optischen Rahmen. Und wie die Berliner Kollegen sprach sich auch Duckart dafür aus, den Platz um die Kirche herum zuführen, um sie zu einem echten Mittelpunkt zu machen. Zentrales optisches Element könnte dort zudem die alte Luther-Eiche werden, die den Planern zufolge mit einer großen, hölzernen Sitzbank umgeben werden könnte. Beide Büros arbeiten eben viel mit Grün im Raum, rund um die Kirche schmücken die Petrikirche in den Entwürfen kleine Gärten als Umrahmung. Das Büro capattistaubach schlägt sogar einen „begehbaren Kirchengarten“ vor.

Etliche Details sind aber noch nicht geklärt

Tatsächlich aber sind auch noch etliche Details ungeklärt: So sieht der capattistaubach-Entwurf eine Art grünes Eingangstor aus Bäumen am südlichen Ausgang der Altstadt vor. Ob aber die Eigentümer der Häuser dort von einem solchen Vorschlag begeistert sein werden, ist noch gar nicht abgefragt. Und auch die Wahl von neuer Pflasterung ist offensichtlich nicht so einfach. An der Kirche gibt es beispielsweise rundes Kopfsteinpflaster, das unter Denkmalschutz steht, das sich aber für einige Menschen, beispielsweise Senioren mit Rollatoren, kaum eignet, wenn man einen Platz für alle haben möchte, wie Landschaftsarchitekt Duckart bemerkte. Eine Alternative seien dann moderne „gesägte Varianten.“ Aber für solche Fragen ist es aus Sicht von Stadtbaurat Nyveld eben noch zu früh: „Uns war wichtig, dass wir sehen, welche Möglichkeiten es gibt.“


Winsens Innenstadt soll attraktiver für Kunden werden

Winsen, Kreisstadt, mitten in den Neuorientierung nach dem Konzept für 2030, geringere Leerstandsquote beim Handel als in vergleichbaren Innenstädten, touristisches Potenzial, angebunden an die Schiene. Dennoch: Die Wirtschaftsförderung der Stadt arbeitet jetzt an einer Strategie für die Zukunft der Innenstadt, in die deutlich mehr Leben einziehen soll. „Wir setzen auf mehr Gastronomie, mehr inhabergeführte Geschäfte und neue Ideen für den Handel in der City“, sagt Wirtschaftsförderer Markus Trettin. „Solche Unternehmer wollen wir gern in die Stadt holen.“

Beratungsunternehmen legt Untersuchung vor

Empfehlungen und Vorschläge kann Trettin, eine studierter Geograf und Master of Business Administration, aus einer Untersuchung des Dortmunder Beratungsunternehmens Stadt+Handel ziehen. Sie liegt seit Ende April vor. „Wir bieten maßgeschneiderte Lösungen rund um die einzelhandelsbezogene Stadtplanung“, werben die Westfalen. Ihr Know- how wirkte dabei beim ersten Winsener Wirtschaftsgespräch im September so überzeugend, dass die Stadtverwaltung die Firma mit der Analyse betraute. 9000 Euro stellte Stadt+Handel für die Ende April der Kaufmannschaft präsentierten Daten der Stadt in Rechnung. Nun sollen sie in die Strategie von Trettin und seiner Mitarbeiterin Lena Stratmann, einer ausgebildeten Medien-Kauffrau, einfließen. Beide bilden als Team seit April 2018 die Stabsstelle Wirtschaftsförderung der Stadt.

Aktives Leerstandsmanagement für die Innenstadt

Eine ihrer zentralen Aufgaben: Das Leerstands-Management. „Wir gehen aktiv auf Immobilien-Eigentümer und Makler zu“, erklärt Trettin. Ziel ist es, geeignete Standorte für Interessenten zu vermitteln und damit gleichzeitig Einfluss auf die Auswahl neuer Firmen zu nehmen. „Wir wünschen uns vor allem Event-Gastronomie“, sagt Stratmann. Denn die zieht Menschen nicht nur zum Einkaufen in die Innenstadt.

Stadt+Handel empfiehlt etwa die Ansiedlung von Café Extrablatt oder des Café&Bar Celona. Die 1988 gegründete und weiter expandierende Extrablatt-Kette umfasst derzeit mehr als 90 Betriebe. 25 Mal bundesweit gibt es Café&Bar Celona, deren Restaurants „das Lebensgefühl südeuropäischer Metropolen transportieren“ sollen. Gespräche mit den Unternehmen sollen jetzt beginnen.

Doch Erfolge bei Ansiedlungen hängen auch an den vorhandenen Immobilien. Derzeit gibt es in der City zwar zehn Leerstände im Erdgeschoss, die mit 120 bis 130 Quadratmetern für Läden und Gastronomie in Frage kämen. „Doch ein für Restaurants sofort geeigneter Standort gehört nicht dazu“, weiß Trettin.

Um ausreichend Platz zu schaffen, käme für neue Interessenten das Zusammenlegen einzelner Geschäfte in Frage. Dann könnten auch ein Kaufhaus wie H&M oder ein Inneneinrichter wie Depot ins Spiel kommen. Solche Häuser brauchen mehrere hundert Quadratmeter Verkaufsfläche. Immerhin: Gerade im Modebereich bietet die Stadt mit Düsenberg&Harms einen Anlaufpunkt, der noch dazu gerade modernisiert wurde.

Schwieriger sieht es bei Lederwaren aus, Floristen gibt es nur außerhalb der Innenstadt und Spielwaren zwar im Schanzenhof. Doch das Einkaufscenter liegt am Rand der Innenstadt und die Wegeverbindung zur nahen Fußgängerzone durch Gassen und über einen Parkplatz gilt derzeit als nicht optimal.

Innenstadt soll vor Konkurrenz geschützt werden

Stichwort Unterhaltungselektronik: Neben einem Fachhandel gibt es einen Expert-Markt im Luhepark. Schon wegen der notwendigen Flächen dürfe es in dieser Branche aber kaum ein Zurück in die Innenstadt geben. Der Luhepark soll jedoch nicht weiter mit der Innenstadt konkurrieren. „Zentrenrelevante Sortimente dürfen dort nicht angesiedelt werden und Gastronomie ist eher auch nicht gewollt“, erklärt Trettin. Ähnliches gilt für das am Eingangskreisel zur Stadt geplante Geschäftshaus.

Abgestellt auf die ansässigen Gastronomen, Einzelhändler und Dienstleister hat die Stadt zur Verschönerung der City eine Blühoffensive gestartet. Finanziert aus dem erstmals für 2019 bereitgestellten Verfügungsfonds, der mit 20.000 Euro ausgestattet wurde. Inzwischen stehen 34 anthrazitfarbene Pflanzkübel, für die die Verwaltung 4900 Euro investiert hat. Die Gewerbetreibenden übernehmen im Gegenzug die Pflege der Blumen. Sie sollen das Bild der Stadt freundlicher gestalten und Lust auf einen Einkaufsbummel machen. Die Verwaltung setzt darauf, dass weitere Aktionen folgen, die die Firmen zur Hälfte über den Fonds finanzieren können.

Neu für Anwohner und Immobilieneigentümer ist seit Ende 2018 ein Newsletter, der jetzt zum zweiten Mal in einer Auflage von 1600 Stück erschienen ist. „Ziel ist es, die Geschichten hinter den Geschäften zu erzählen“, sagt Stratmann. Das schafft Kundenbindung. Klar ist: Eine App mit Nachrichten aus der Stadt, der Möglichkeit für Firmen, sich digital vorzustellen und einer Suchfunktion für eilige Kunden folgt. Rechtzeitig zum Stadtfest soll die App Anfang Juni fertig sein. Ihr Name: Winsen4you

Es geht nicht um Details, wichtig für uns ist, welche Möglichkeiten es gibt
Stadtbaurat Michael Nyveld