Ehestorf . Förderer des Geschichtsprojektes „Königsberger Straße“ planen Dauerausstellung zur Nachkriegsgeschichte im Siedlungsdoppelhaus.
Die Geschichte des Landkreises Harburg und der Metropolregion Hamburg bekommt ihren Platz im Freilichtmuseum am Kiekeberg: Im neuen Siedlungsdoppelhaus in der „Königsberger Straße“ stellt eine Dauerausstellung die Entwicklung von der Flüchtlingssituation bis zum wirtschaftlichen Aufschwung und den Wechselbezügen mit der Großstadt Hamburg dar. Die Ausstellung wird von dem Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg und dem Landkreis Harburg gefördert – ihre Vertreter machten sich jetzt ein Bild von den Baufortschritten. Voraussichtlich im Mai 2020 wird es eröffnet.
In der Ausstellung will das Freilichtmuseum die Entwicklung der ganzen Metropolregion der vergangenen Jahrzehnte zeigen. Dr. Rolf-Barnim Foth, als Stabsbereichsleiter Norddeutsche Zusammenarbeit in Hamburg für die Metropolregion zuständig, ist beeindruckt: „Sie bilden hier die Ursprungsidee der Metropolregion ab – da können andere Regionen nacheifern.“ Sein Pendant auf niedersächsischer Seite, Monika Scherf, Landesbeauftragte für regionale Landesentwicklung in Lüneburg, ergänzt: „Das Museum ist ein Besuchermagnet und so erreichen wir viele Menschen, aus der Region, aber auch überregional.“
In der Ausstellung zur Geschichte der Metropolregion geht es um die Entwicklungen der Nachkriegsjahrzehnte: Integration von Flüchtlingen, Vertriebenen und Ausgebombten, Entwicklung zu einem florierenden Wirtschaftsraum, Kommunalpolitik und Mobilität, Heimat. Museumsdirektor Stefan Zimmermann: „Wir stellen die Entwicklung in vielen Dimensionen dar. Was bedeutet die Metropolregion für die Bewohner? Dazu nutzen wir Zeitzeugen-Interviews und Original-Exponate und schlagen Brücken in die Gegenwart.“
Der richtige Zeitpunkt, die Entwicklung darzustellen
Auf knapp 100 Quadratmetern wird die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik exemplarisch aufgearbeitet. Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, sagt. „Unser Landkreis ist dafür besonders gut geeignet: Seine Bevölkerungszahl hat sich bis heute mehrfach verdoppelt, allein von 1945 bis 1955 wuchs die Zahl von 62.602 auf 124.397 Menschen an.“ Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, diese Entwicklungen darzustellen: „Heute können wir anhand der Geschichte unseres Landkreises die Leistungen der ‚Aufbau-Generation‘ würdigen und Besuchern darstellen“, so Rempe.
Klaus-Wilfried Kienert, Stiftungsratsvorsitzender des Freilichtmuseums: „So wird auch sichtbar, dass der Zuzug und die Integration von Menschen in größerer Zahl stets eine enorme gesellschaftliche Herausforderung darstellen. Nicht alle wurden damals willkommen geheißen. Sie haben dennoch beträchtlich zum Aufbau und der Wirtschaftskraft beigetragen.“ Von außen fügt sich das Ausstellungsgebäude in Gestalt eines typischen Siedlungsdoppelhauses aus den 1950ern in die neue Baugruppe ein. Alexander Eggert aus dem Projektteam der Königsberger Straße: „Die Ausstellung wird in eine Rekonstruktion eines Siedlungsdoppelhauses eingepasst. Wir stellen auch die Wohnungsnot in der Zeit dar: In dem relativ kleinen Haus wohnten vier Parteien, jeweils mit sieben bis acht Personen in dreieinhalb beengten Zimmern.“
Zeitzeugen-Interviews sollen kontinuierlich geführt, die Ausstellung damit immer wieder aktualisiert werden. Geschäftsführerin Carina Meyer: „Andere Gebäude richten wir ein, wie Bewohner in ihnen lebten. Dazu haben wir deren Original-Möbel bis hin zum Foto-Album erhalten. So können sich Besucher die Lebensverhältnisse authentisch erschließen.
Das Projekt „Königsberger Straße. Heimat in der jungen Bundesrepublik“ holt mit sechs Gebäuden die Nachkriegszeit von 1945 bis 1979 ins Museum. In den Dörfern zeigen sich die großen Veränderungen in der Nachkriegszeit im Kleinen. „Es gibt beim Bauen und Wohnen, aber auch im gesellschaftlichen Leben große Umbrüche, die teilweise bis heute den Alltag und das Erscheinungsbild von Dörfern in ganz Deutschland und die Beziehungen zu nahen Großstädten prägen. Die Dauerausstellung, die den Hintergrund für die gesamte Königsberger Straße bildet, zeigt auch die Entwicklungen und Veränderungen in den wirtschaftlichen Beziehungen mit der Großstadt Hamburg, im Verkehr, in der Politik oder im Freizeitbereich.
„Es ist unser Anliegen, Besuchern diese dynamische und auch widersprüchliche Zeit nahezubringen und ihnen zu zeigen, wie sehr die damaligen Aufbauleistungen auch ihr Leben beeinflussen“, sagt Stefan Zimmermann. „Wo immer es geht, werden wir das Heute einbeziehen.“
Bevor die Ausstellung ab Herbst 2019 eingerichtet werden kann, wird das Gebäude, das sie beherbergt, nach alten Plänen rekonstruiert. Es entsteht ein typisches Siedlungsdoppelhaus, das zu Hunderten in den 1950er Jahren im Landkreis Harburg gebaut wurde, um die Wohnungsnot zu lindern. Die Originalpläne für das Doppelhaus am Kiekeberg stammen von einem Gebäude, das die damalige Wohnungsbaugenossenschaft des Landkreises Harburg 1958 in Maschen errichtete. Vier Familien konnten im Doppelhaus wohnen. Den Keller und den Stall hatten sie in Eigenarbeit zu errichten.
Der Bund gibt mehr als drei Millionen Euro für das Projekt
Die bundesweite Ausstrahlung verdeutlicht auch die Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in Höhe von 3,84 Millionen Euro. Das Museum wählte Gebäude mit aussagekräftigen Geschichten aus, die in gleicher Weise für die gesamtdeutsche Entwicklung stehen: eine Tankstelle, eine Ladenzeile mit sechs Geschäften, das Siedlungsdoppelhaus und ein Flüchtlingssiedlungshaus, einen Aussiedlerhof, einen landwirtschaftlichen Betrieb und ein Fertighaus.
Das Freilichtmuseum am Kiekeberg baut, wenn möglich, Originalgebäude der Region an ihren Standorten ab und bringt sie ins Museum. Beim Siedlungsdoppelhaus und dem Geschäftshaus stand trotz intensiven Bemühungen kein geeignetes Gebäude für die Translozierung zur Verfügung, Für die Königsberger Straße rekonstruiert das Freilichtmuseum die ursprünglichen Bauten anhand der Bauzeichnungen.
Wie sich das Projekt finanzieren lässt
Zahlreiche Förderer unterstützen das Projekt Königsberger Straße. Ziel ist es, die kulturellen Zeugen der Nachkriegszeit für die Nachwelt zu erhalten und die Aufbauleistung darzustellen. Zu den Förderern gehören die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (Bund), das Land Niedersachsen, der Landkreis Harburg, der Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg, die Stiftung Niedersachsen, die Stiftung Hof Schlüter, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die Stiftung der Sparkasse Harburg-Buxtehude, der Lüneburgische Landschaftsverband, die Klosterkammer Hannover, die Niedersächsische Bingo- Umweltstiftung und der Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg.
Das Gesamtprojekt ist auf einen Kostenrahmen von 6,14 Millionen Euro angelegt.