Buxtehude . Im Konkurrenzkampf um Fachkräfte plant Buxtehude nun ein neues Bezahlmodell. Und eine Großtagespflege – in einer ehemaligen Bank

Mit vielen Neubaugebieten im Süderelberaum wächst hier in den nächsten Jahren nicht nur die Zahl der Einwohner, sondern auch der Bedarf an Kindergartenplätzen: Der Heidbrook und die Fischbeker Reethen sind da nur zwei besonders riesige Areale im Bezirk Harburg, ein paar Kilometer weiter plant und baut auch Neu Wulmstorf in seinem Zentrum hunderte neue Wohnungen, -ebenso wie die Nachbarkommune Buxtehude. Und alle konkurrieren mit ihrer parallelen Kita-Planung dabei in ein und derselben Region um Personal, das es immer weniger gibt.

Das DRK Harburg machte kürzlich in dieser Situation Schlagzeilen mit der Einführung von 1000-Euro-Prämien, wenn eigene Mitarbeiter pädagogisches Fachpersonal gewinnen können. Aber auch in der Politik hat man offensichtlich gemerkt, dass der Bau von Kindergärten allein nicht mehr ausreicht, um den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erfüllen zu können. „Vor dem Hintergrund des Erzieherinnenmangels müssen wir jetzt als Stadt selbst gute Rahmenbedingungen schaffen“, sagt die für den Bereich Jugend und Familien zuständige Fachgruppenleiterin der Stadtverwaltung Buxtehude Andrea Lange-Reichardt und hat dazu auch gleich ein paar Ideen im Gepäck, die sie Anfang der Woche im zuständigen Ratsausschuss vorstellte.

Weg zur Erzieherin oder zum Erzieher in der Regel eine schulische Angelegenheit

Die Stadt will dabei an einem zentralen Punkt ansetzen, der die Ausbildung bisher nicht sehr attraktiv machte. So ist der Weg zur Erzieherin oder zum Erzieher in der Regel eine schulische Angelegenheit -- also ohne Bezahlung. Das soll sich nun in Buxtehude ändern, die Stadt plant ein eigenes Bezahlmodell - quasi „am Land vorbei“, wie die Fachgruppenleiterin sagte. Im Juni sollen dazu Details vorgestellt werden, man werde sich aber wohl am „Stader Modell“ orientieren, so Lange-Reichardt.

Die Stadt Stade gilt landesweit als Vorreiterin

Die Stadt Stade gilt landesweit als Vorreiterin und unterstützt die Ausbildung zur Erzieherin und gewährt Praktikanten dabei eine Vergütung. Ähnliches gilt für Sozialassistentinnen, die bereits in einer Kita arbeiten und sich eine Stufe weiterqualifizieren möchten. In der Ferienzeit werden die Teilnehmer des Auswahlprogramms in den städtischen Kitas eingesetzt und verpflichten sich, im Anschluss zwei Jahre bei ihrem jeweiligen Träger beschäftigt zu bleiben.

Aber Buxtehude geht angesichts des Personalmangels noch einen weiteren, neuen Schritt. Im Süden am Torfweg baut die Stadt dazu gerade in eigener Regie eine ehemalige Sparkassenfiliale um. Dort sollen im Mai zwei zu einer Einheit zusammengefasste, so genannte Großtagespflegestellen mit insgesamt 20 Plätzen fertig gebaut sein: - mit Schlafräumen, Küche und Spielbereich. Zunächst werden dort Fachkräfte der nahen Kita vom Stieglitzweg arbeiten, gedacht ist die Einrichtung aber für Tagesmütter oder -väter. Hintergrund: auch Tagespflegeplätze können für den Rechtsanspruch herangezogen werden, lassen sich für eine Stadt aber nicht so gut planen.

Eine Art Kita-light, wenn man so will

Bei der Großtagespflege könnten dann Tagesmütter als Angestellte der Stadt arbeiten – ohne eigene Räumlichkeiten vorhalten zu müssen. Eine Art Kita-light, wenn man so will. Doch so will Fachgruppenleiterin Lange-Reichardt das nicht stehenlassen. Bei der Tagespflege gebe es eben noch einen anderen Betreuungsschlüssel mit mehr Kräften pro Kind, zudem sei ein Kind immer einer Tagesmutter direkt zugeordnet. Wie auch immer – klar ist, dass Buxtehude in nächster Zeit mehr Plätze schaffen und dazu auch mehr Personal bereitstellen muss: Derzeit erreicht die Stadt im Elementarbereich der Kindergärten nur noch eine Versorgungsquote von 88 Prozent und hat eine lange Warteliste. Bei den Krippenplätzen für die Jüngsten liegt die Quote bei 37 Prozent. Beides dürfte nicht ausreichen, daher plant Buxtehude nun den Ausbau an vielen Stellen bis zu 100 Prozent im Elementarbereich und bei den Krippen bis etwa 50 Prozent. So wird beispielsweise das erste Gebäude im geplanten großen Neubaugebiet Giselbertstraße eine Kita mit insgesamt bis zu 150 Krippen-- und Elementarplätzen sein. Zudem plant ein privater Investor den Neubau einer Kita mit insgesamt rund 90 Plätzen.

Die Bezirksversammlung Harburg fordert berufsbegleitende Erzieherausbildung im Bezirk

Neben der rein schulischen – und damit unbezahlten – Ausbildung zum Erzieher, gibt es auch in Hamburg seit einigen Jahren die Möglichkeit, der dualen Ausbildung – parallel in Betrieb und Schule. Ausbildungsbetriebe gibt es in auch im Bezirk Harburg. Den schulischen Teil ihrer Ausbildung müssen die Kita-Azubis allerdings nördlich der Elbe absolvieren: Die Fachschulen für Sozialpädagogik in Barmbek und Altona haben dafür Lehrgänge eingerichtet. Für die Fachschule in Harburg sah das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) keine Notwendigkeit einer solchen Klasse. Die Bezirksversammlung Harburg hat das kritisiert und fordert, die berufsbegleitende Erzieherausbildung in Harburg zu ermöglichen.

„Bereits jetzt gibt es mehr Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern als durch den Personalmarkt gedeckt werden kann. Abhilfe schafft hier nur die Ausbildung und Gewinnung zusätzlichen Personals“, begründet die SPD-Abgeordnete Claudia Loss den Antrag. Vertreter des HIBB sollen im entsprechenden Fachausschuss der neuen Bezirksversammlung darlegen, wie die duale Ausbildung auch in Harburg möglich wäre.

Die Förderung der Ausbildung von Erziehern und sozialpädagogischen Assistenten bleibt auch im Landkreis ein Thema. Allerdings hat der Jugendhilfeausschuss vorerst nicht über einen Antrag der SPD entschieden, Bewerber während der Ausbildung finanziell zu unterstützen. „Wir wollten keinen Schnellschuss machen, werden das Thema aber weiter verfolgen“, sagte der Ausschussvorsitzende Udo Heitmann. Nach dem Vorschlag sollte der Landkreis die Entgelte übernehmen und sich die ausgebildeten Fachkräfte im Gegenzug verpflichten, für mindestens drei Jahre in Einrichtungen im Landkreis zu arbeiten.

Die fehlenden Fachkräfte seien „ein Riesenproblem“, so Heitmann. Letztlich sei aber das Land in der Pflicht, Regelungen zu treffen, über die sich vakante Stellen von Erziehern besetzen ließen. Der SPD-Politiker verwies darauf, dass oftmals Kommunen Träger von Kindergärten und Krippen seien. „Wenn sie die Ausbildungsvergütungen zahlten, würden ihre Kosten steigen, ohne dass eine Regelung des Landes greifen würde.

Wir müssen selbst guteBedingungen schaffen