Fischbek. Bewohner im Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook beklagen verspäteten Kitabau. Offensichtlich kommt die Infrastruktur mit dem Bauboom nicht mit.

„Vogelkamp Neugraben“, „Fischbeker Heidbrook“ und in einigen Jahren die „Fischbeker Reethen“: Am südlichen Stadtrand wächst Hamburg mit großen Neubaugebieten, etliche kleinere und ebenfalls neue Bauflächen wie an der Bauernweide kommen noch hinzu. Mehr als 15.000 Neubürger werden für den Stadtteil Neugraben-Fischbek mittlerweile in den nächsten Jahren erwartet. Doch kommt die soziale Infrastruktur mit Kitas und Schulen mit dieser Entwicklung noch mit? Zumal seit einigen Jahren Stadtrand und Umland wieder verstärkt Ziel von Familien sind, die aus der Kernstadt fortziehen, wie viele Studien zeigen.

Zwar ist in den bunten Prospekten der städtischen Entwicklungsgesellschaft IBA immer auch die Rede von neuen Kitas – doch im aktuellen Fall Fischbeker Heidbrook kommen sie für viele Neubürger ganz offensichtlich zu spät. Das zumindest erfuhren jetzt Neugrabener Kommunalpolitiker im Regionalausschuss Süderelbe der Harburger Bezirksversammlung noch einmal aus erster Hand. Stellvertretend für viele Nachbarn kritisierte dort der Neu-Fischbeker Arne Eckhoff in einer vorgeschalteten Bürgersprechstunde die Versorgung mit Kita- und Schulplätzen für das Neubaugebiet Heidbrook.

Sein Fall dürfte typisch für viele dort sein: Im Oktober war die junge Familie mit zwei kleinen Kindern auf das frühere Kasernengelände gezogen. Als sie sich für das Grundstück lange vorher interessiert hatten, hieß es noch, dort würden auch zwei Kitas gebaut.

Tatsächlich versprachen Behördenvertreter bei einer Infoveranstaltung im September 2016 im Harburger Rathaus, dass im Heidbrook Ende 2017 die erste Kita in Betrieb genommen werden könnte. Damals schon gab es von vielen künftigen Neubürgern die Hinweise, dass dort besonders viele Kinder wohnen werden und der Bedarf mithin akut sein werde, wie aus Protokollen hervorgeht. Doch gebaut wurde zunächst einmal nichts.

Auf der IBA-Internetseite wird hingegen nun angekündigt, dass die erste Heidbrook-Kita mit 160 Plätzen Ende dieses Jahres in Betrieb genommen werde. Eine weitere Kita werde dann „voraussichtlich“ 2020 auf dem Gelände eröffnen. „Für uns und viele andere ist das dann viel zu spät“, kritisierte Neubürger Eckhoff, der sich angesichts solcher "falschen Versprechungen“ enttäuscht zeigte. „Man verlässt sich doch auf solche Aussagen“, kritisierte er. Und weil auch die versprochene Buslinie erst spät im Herbst 2018 kam und dann mit zu wenigen Taktungen, habe man doch wieder das Auto nutzen müssen, um zu weiter entfernten Kitas fahren zu können.

Das Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook (Visualisierung) entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne. Inzwischen sind viele Familien eingezogen.
Das Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook (Visualisierung) entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne. Inzwischen sind viele Familien eingezogen. © IBA Hamburg / viality.de

Ein Problem, das der örtlichen Kommunalpolitik offensichtlich schon länger bekannt ist. Auch beim Neubaugebiet Vogelkamp hatte es schon Verzögerungen beim Kita-Bau gegeben. „Das ist ein Manko, das wir schon oft zum Thema im Aussschuss hatten“, sagte die Ausschussvorsitzende Gudrun Schittek (Grüne). Vielleicht müsse man mit dem Bau neuer Häuser erst einmal warten, bis auch die soziale Infrastruktur im Süderelberaum mitgezogen sei, schlug sie vor.

Wobei der Zuzug vieler Familien und damit Kindern nicht nur den Bezirk Harburg vor große Herausforderungen stellt. Auch der Nachbarort Neu Wulmstorf hat beispielsweise gerade heftig damit zu kämpfen, dass angesichts des starken Bevölkerungswachstums Kitas und Grundschulen kaum noch Kapazitäten haben. Um die notwendigen Neubauten überhaupt rechtzeitig finanzieren zu können, erhöhte der Gemeinderat kürzlich einfach Grund- und Gewerbesteuern.

Wenn die Schulzeit beginnt, gibt es die nächsten Probleme

Doch so unmittelbar können Bezirkspolitiker in Hamburg nicht reagieren, hier ist man mehr davon abhängig, was zentrale Behörden oder Bürgerschaft an Mittel und Planungen bereitstellen. Und aus deren Sicht kann die Stadtrandlage offenbar ziemlich weit entfernt sein. „Wir können leider nicht so agieren, wie in manchen Umlandgemeinden“, räumte dann auch der Neugrabener SPD-Politiker Arend Wiese ein.

Für Arne Eckhoff und seine Nachbarn im Heidbrook könnte das aber nun ein neues Problem bringen. Inzwischen müssen sich viele Kita-Eltern dort um Schulplätze kümmern, die ebenfalls eher rar sind. Sie seien jedenfalls lediglich an die Ganztagsschule Ohrnsweg verwiesen worden, berichtete Eckhoff. Aber nicht alle Eltern wollten ihre Kinder in eine ganztägige Schule geben.

„Dann fallen alle Sportangebote von den Vereinen flach, weil die Kinder bis 16 Uhr verbindlich anwesend sein müssen“, kritisierte er. Doch Alternativen, die gibt es offenbar nicht, weil überall die Plätze knapp sind. „Woanders haben wir nur Ablehnungen bekommen“, so Eckhoff.

Nun bleibt noch die Hoffnung, dass in dem dritten großen Neubaugebiet „Fischbeker Reethen“ alles anders wird. Dort soll eine große Schule gebaut werden und natürlich verspricht die IBA wieder den Bau von Kitas. Wie schon für den Heidbrook.

Das Neubaugebiet

Allein das Neubaugebiet Fischbeker Heidbrook auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne ist 54 Hektar groß. Der Verkauf der insgesamt etwa 1200 Grundstücke für Wohneinheiten auf dem Terrassen-Gelände startete im Frühjahr 2015. Ende 2016 startete die Bauphase.

25 Prozent der Wohneinheiten befinden sich in Einfamilien- und Doppelhäusern, etwa 30 Prozent in Reihen-, und 45 Prozent in Mehrfamilienhäusern.

Ein Großteil der Grundstücke ist verkauft. Derzeit werden auf der Vermarktungs-Homepage naturverbunden-wohnen.de Areale für acht Einfamilienhäuser zum Preis zwischen 143.000 und 344.000 Euro verkauft.