Buchholz . Beamte im Landkreis Harburg testen die Anwendungsmöglichkeiten des unbemannten Fluggeräts. Einsatz bei der Personensuche und -rettung.
Der Himmel über dem Gelände der Feuerwehr Buchholz ist strahlend blau. Es weht ein leichter, in Böen auffrischender Wind. Polizeikommissar Michael Scheib wuchtet einen schwarzen Koffer aus dem Polizeiwagen. Darin befindet sich das ULS – ein leuchtend orangefarbenes Fluggerät mit sechs Propellern und allen Zutaten, die man für den Flugbetrieb braucht.
„ULS“ steht für Unbemanntes Luftfahrtsystem – besser bekannt als Drohne. Sie soll der Polizei in Nordniedersachsen bei der Unfallaufnahme und bei Feuer helfen. Vor allem aber bei der Personensuche und der Personenrettung. Sechs Monate lang wird das ULS in einem Pilotprojekt der Polizeidirektion Lüneburg erprobt. Was kann das neue System? Was verspricht sich die Polizei vom Einsatz im Landkreis Harburg? Welche Vorteile hat das ULS beispielsweise gegenüber einem Polizeihubschrauber? Und wo liegen die Grenzen? Antworten gab es bei einem Probeflug mit dem ULS auf dem Gelände der Feuerwehr in Buchholz.
Nach wenigen Handgriffen startklar
Nachdem der Akkuladestand überprüft und die Kamera installiert worden ist, ist die zwei Kilo schwere Drohne nach wenigen Handgriffen startklar. Behutsam platziert Projektleiter Holger Guse das ULS auf dem Rasen. Am Steuerpult steht Luftfahrzeugfernführer Michael Scheib. Der Polizeikommissar ist für den technischen Bereich des Pilotprojekts verantwortlich. Mit Joysticks kann er das ULS vom Boden aus steuern. Die sechs Propeller setzen sich surrend in Bewegung – dann hebt der Hexacopter ab und fliegt Richtung Baumwipfel.
Schon nach wenigen Sekunden ist die Drohne in rund 100 Metern Höhe und fast 200 Meter entfernt nur noch als schwirrender winziger Punkt am Horizont zu erkennen. Auf dem Bildschirm der Steuerungseinheit kann Scheib sehen, was die Kamera an Bord des unbemannten Flugobjekts gerade aufzeichnet. Und es in alle Himmelsrichtungen und nach oben und unten manövrieren. Neben Scheib steht Projektleiter Guse und beobachtet das Geschehen. Auch Guse ist ausgebildeter Luftfahrzeugfernführer. Geflogen wird immer zu zweit. Aus Sicherheitsgründen.
Personenrettung und Unfälle als Einsatzspektrum
„Schwerpunkt unserer Einsätze ist die Personenrettung sowie die Unfall- und Tatortaufnahme“, sagt Guse. Wenn beispielsweise ein orientierungsloser Mensch aus einem Seniorenheim im Landkreis verschwunden ist, könne die Drohne bei der Suche helfen. Das ULS, das in Buchholz bei der Polizeiinspektion Harburg stationiert ist, sei praktisch sofort einsatzfähig und startbereit. Mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, kann sie rasch wertvolle Bilder liefern – etwa, wenn die gesuchte Person in einem Waldstück vermutet wird. So könne wertvolle Zeit für die Personensuche genutzt werden, bis später vielleicht ein Hubschrauber aus Hannover eintrifft. Sofern der nicht gerade an anderer Stelle in Niedersachsen eingesetzt wird.
Das Gerät kostet 6000 Euro
Das komplett ausgestattete ULS-System mit einmaligen Anschaffungskosten von rund 6000 Euro ist wesentlich günstiger zu haben, als ein kostspieliger Hubschrauberflug, der schnell mal mit 4000 Euro zu Buche schlagen kann. Dafür ist der Hubschrauber aber auch mit leistungsfähigeren Kameras ausgestattet. Und: Er darf fast überall fliegen, auch nachts – ein gravierender Unterschied zur Drohne, die nur im Sichtflug auf bis zu 200 Meter Entfernung und nur zwischen Sonnenauf- und -untergang fliegen darf. Und über Menschenmengen von mehr als zwölf Personen schon gar nicht. Das schreibt der Datenschutz vor.
„Wir können und wollen dem Hubschrauber keine Konkurrenz machen. Das ULS ist kein Ersatz für den Hubschrauber“, stellt Guse klar. Das ULS werde weder zu nachrichtendienstlichen Zwecken noch für verdeckte Ermittlungen eingesetzt. Auch bei Versammlungen darf die Drohne nicht fliegen.
Erste positive Erfahrungen
Erste positive Erfahrungen hat die Polizei mit dem ULS in den vergangenen Tagen bereits bei Unfallaufnahmen im Landkreis Harburg gemacht. So konnte sie sich auf der A 1 nahe Hollenstedt, als am Ostersonntag eine Familie verunglückte, innerhalb sehr kurzer Zeit einen Überblick über die Unfallstelle aus der Luft verschaffen. „Das ULS hat 200 Bilder aus der Luft gemacht“, sagt Scheib. Fotos aus dem ULS lassen sich sogar zu einem 3-D-Modell verschmelzen, sagt der Fachmann. Daraus könnten sich möglicherweise wertvolle Rückschlüsse ergeben, die vielleicht eines Tages sogar gerichtlich verwertet werden können. Doch so weit ist es noch nicht.
Auch bei der Suche nach Glutnestern in einem brennenden Haus und bei der Suche nach Einbrechern in einem Gebäude kann die Drohne hilfreich sein.
Drohne fliegt bis Windstärke 7 Das Fluggerät darf nur tagsüber im Sichtflug eingesetzt werden. Es fliegt bis zu minus 10 Grad Celsius und startet bis zu Windstärken von 6 bis 7. Das Modell H 520 vom Hersteller Yuneec ist mit einem Prozessor PX4 Flug-Controller bestückt. Mit Kamera, Video und Wärmebildkamera, Steuereinheit und zwei Akkus ausgestattet kostet das Fluggerät rund 6000 Euro. Die Ausbildung zum Luftfahrzeugfernführer (LFFZ) dauert 8 Tage. Bisher gibt es in der Polizeidirektion 6 LFFZ. |