Elstorf. Pläne für Wohnungsbau in Neu Wulmstorf könnten niedersächsisches Pilotprojekt gefährden.

Eine neue Bundesstraße planen, genehmigen und dann tatsächlich auch zu bauen, kann in Deutschland schon einmal 20 Jahre dauern. Bei der Elstorfer Ortsumgehung soll es schneller gehen, die sogenannte B3 neu als Verbindung von der künftigen A 26 bei Neu Wulmstorf bis zur A1 in Rade soll in etwa zehn Jahren fix und fertig sein, 2028 soll dort bereits der Verkehr rollen.

So jedenfalls hat es Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) verkündigt und er dürfte ein starkes Interesse daran haben, dass das auch klappt: Immerhin befindet sich das Prestige-Projekt in seinem Wahlkreis. Und so gilt für die niedersächsische Landes­regierung die B3 neu denn auch offiziell als ein „Pilotprojekt zur Planungs­beschleunigung“.

Derzeit prüft die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr verschiedene Trassenvarianten. Und dabei sind ihr jetzt offenbar Bedenken gekommen, ob das denn tatsächlich so fix gehen wird, wie es der Minister gefordert hat.

In einem Schreiben an Neu Wulmstorfs Bürgermeister Wolf-Egbert Rosenzweig warnen die Beamten jetzt jedenfalls ziemlich deutlich vor einer Verzögerung: Denn parallel zu dem Straßenbauprojekt plant die Gemeinde Neu Wulmstorf für den Bereich Elstorf eine Änderung des Flächennutzungsplanes, um dort später einmal neue Einfamilienhaus-Grundstücke ausweisen zu können.

Neu Wulmstorf will Weg für 540 neue Wohnungen bereiten

Immerhin 540 Wohneinheiten sind im Gespräch, die Einwohnerzahl der Ortsteile Elstorf/Schwiederstorf würde sich damit fast um die Hälfte vergrößern. Bisher ist die Mehrheit im Gemeinderat davon ausgegangen, dass beide Planungen – für Straße und Bauland – sich harmonisch ineinanderfügen können. Und ähnlich war es auch bei öffentlichen Veranstaltungen vor Ort von den Planern kommuniziert worden.

Doch nun kommt die Behörde in dem Schreiben eben zu einem völlig anderen Ergebnis: „Die Ausweisung von Baugebieten könnte eine planerisch optimale Linienführung verzögern“, heißt es dort. Besser für die Straßenplanung sei es, wenn die Gemeinde die Änderung ihres Flächennutzungsplanes auf einen späteren Zeitpunkt verschieben könne. Und weiter: „Rein vorsorglich“ müsse die Behörde ansonsten einen Widerspruch gegen die Planung der Gemeinde einlegen. Deutlicher kann man ein Behördenveto kaum formulieren. Dumm nur, dass der Gemeinderat im Frühjahr noch über die ehrgeizigen Wohnbau­pläne entscheiden will.

Forderung nach Planungspause sorgt für Irritation

Das Schreiben trifft in der örtlichen Kommunalpolitik allerdings auf unterschiedliches Echo. Bürgermeister Rosenzweig dürfte sich bestätigt fühlen, hatte er doch vom Rat eine Planungspause für das Wachstum in Elstorf gefordert, auch mit Blick auf die B3-Planung. Und auch die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) um Fraktionschef Jan Lüdemann hatte stets gefordert, die Wohnbau­pläne erst einmal auf Eis zu legen, um die Ortsumgehung nicht zu gefährden.

Aber eine Mehrheit von SPD und CDU plädiert bisher für die weitere Flächenplanung mit neuen Wohngebieten und folgte dem Vorstoß des Bürgermeister für einen Planungsstopp nicht. Man brauche dort dringend neue, bezahlbare Einfamilienhäuser für Familien, argumentiert beispielsweise der SPD-Bau­experte Thomas Grambow.

Bisher sei er davon ausgegangen, dass diese Planung sich gut mit der Straßenplanung abstimmen lasse. „Das hat uns nun völlig aus den Socken gehauen“, sagt er zu dem aktuellen Behördenschreiben. Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats haben die Politiker daher nun ihren Bürgermeister aufgefordert, für eine Klärung zu sorgen. „Wir sind irritiert“, sagt Grambow.

Verkehrsminister Althusmann versucht zu beruhigen

Doch inzwischen ist die Kunde über die Verwirrung in Neu Wulmstorf auch in die Landeshauptstadt gedrungen. „In Rede steht damit lediglich eine etwa dreimonatige Zurückstellung der Bauleitplanung“, sagt Verkehrsminister Bernd Althusmann auf Anfrage des Abendblatts und versucht damit, die Gemüter zu beruhigen. Dieser „kurzfristige Aufschub“ stelle sicher, dass bei der weiteren Planung keine unerwarteten Hindernisse auftreten könnten. Die weiteren Planungen würden jetzt zügig fortgesetzt, so der Minister.

Unterdessen fordert die Unabhängige Wählergemeinschaft angesichts der problematischen Planungslage einen eigenen Ortsrat für Elstorf. Die Gemeinde Neu Wulmstorf ist bisher eine sogenannte Einheitsgemeinde mit einem Gemeinderat, der auch die Ortsteile vertritt.

Doch mit der in Elstorf dringend gewünschten B 3 neu einerseits und einem neuen Flächennutzungsplan andererseits kämen „erhebliche Veränderungen“ auf den Ortsteil zu, argumentiert UWG-Fraktionschef Jan Lüdemann. Daher sei ein eigener Ortsrat vonnöten, um die Interessen der Einwohner besser zu verdeutlichen.

Einen Vorschlag, wie man ein solches, zusätzliches politisches Gremium finanzieren könnte, hat Lüdemann auch schon: Man müsste den Neu Wulmstorfer Gemeinderat einfach etwas verkleinern, schlägt er vor.