Neu Wulmstorf. Straßenplaner informierten über den möglichen Verlauf einer neuen Bundesstraße in Neu Wulmstorf. Irritation über Politiker in Bürgergremium.
Fast 18.000 Pkw und Lkw quälen sich jeden Tag auf der B3 durch die beiden Neu Wulmstorfer Ortsteile Elstorf und Schwiederstorf, im Kreuzungsbereich mit der B73 bei Buxtehude sind es sogar gut 32.000. Lange schon gibt es daher Forderungen nach einer Ortsumgehung. Und mit Blick auf die neue Autobahn A26, die schon 2020 Neu Wulmstorf erreichen wird, geben die niedersächsischen Straßenplaner jetzt tatsächlich Gas, weil dann noch mehr Verkehr durch den Ort rollen dürfte. Die „B3 Neu“ gilt dabei als Pilotprojekt für eine „Planungsbeschleunigung“, 2028 soll das etwa fünf bis sieben Kilometer lange Stück Bundesstraße bereits für den Verkehr freigegeben werden. Wo diese neue Umgehungsstraße in etwa verlaufen könnte, stellten die Planer jetzt gut 250 betroffenen Bürgern aus den umliegenden Orten im völlig überfüllten Ovelgönner Hof unmittelbar am Einmündungsbereich von B3 und B73 vor. „2018 ist schon sportlich, schneller wird es nicht gehen“, sagte die zuständige Projektleiterin Pia Jahn von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr .
Und tatsächlich sind die Planer ein gutes Stück vorangekommen. In den vergangenen Monaten hatten Gutachter dazu in einem gut 2350 Hektar großen Plangebiet nach möglichen Abschnitten gesucht, wo ein Straßenbau auf erhebliche Probleme stoßen könnten. Sie ermittelten Mindestabstände zu Siedlungen und Höfen, kartierten die Vorkommen von Molchen, Fledermäusen oder Brutvögeln. Schauten sich in den Unterlagen anderer Behörden an, wo Kieskuhlen oder Windkraftanlagen geplant sind und sie bewerteten ihre Erkenntnisse danach, wo und wie ein Straßenbau besonders störend sein könnte. Wichtig für Neu Wulmstorf: Ausdrücklich berücksichtigt wurde dabei auch die aktuelle und höchst umstrittene Planung für einen Flächennutzungsplan, der neue Einfamilienhausgebiete im Südwesten von Elstorf vorsieht. Herausgekommen aus all diesen vielen Details ist nun eine Karte, die in schönster Planerlyrik den Namen „Raumwiderstandskarte“ trägt.
Die exakte Trassenplanung ist noch offen
Im Prinzip zeigt sie nun vier Korridore, wo die neue Straße verlaufen könnte. Anknüpfungspunkt ist für alle Varianten ein kurzes Stück der B3 Neu, das bereits als künftiger A26-Anschluss in Neu Wulmstorf fertig ist. Von dort könnte die neue Bundesstraße dann westlich an Ardestorf herumführen und im Süden von Schwiederstorf/Elstorf wieder an die alte B3 heranreichen. Zwei Korridore links oder rechts von einem Obsthof gibt es zudem zwischen Ardestorf und Elstorf, ein vierter würde im weiten Bogen östlich um Elstorf verlaufen.
Nach Einschätzung von Neu Wulmstorfer Ratspolitikern dürfte dieser Ostbogen aber wegen seiner größeren Länge wenige Realisierungschancen haben, wie beispielsweise SPD-Bauexperte Thomas Grambow und CDU-Fraktionschef Malte Kanebley übereinstimmend sagen. Favorit für beide wäre die westlichste Variante - aber auch die dürfte teuerer werden als ein Straßenbau im engeren Flaschenhals zwischen Ardestorf und Elstorf. Noch aber sei alles offen in der exakten Variantenführung, versicherten bei der Vorstellung dieser Karten die beteiligten Straßenplaner.
Bürgerbeteiligung stellt den Kern der Planungsbeschleunigung dar
Nähere Erkenntnisse auf dem Weg zu einer tatsächlichen Trassenplanung soll nun eine „Planungswerkstatt“ am 22. März in Neu Wulmstorf bringen. Und dabei setzen die Straßenplaner auf eine intensive Bürgerbeteiligung, wie sie sagten. Man wolle so mögliche Probleme und damit eventuelle Klagen im Vorfeld schon klären, um das zeitliche Planungsziel tatsächlich zu schaffen, wie Projektleiterin Jahn sagte. Die Bürgerbeteiligung stellt damit quasi das Kernelement der Planungsbeschleunigung dar.
Während der Infoveranstaltung im Ovelgönner Hof wurden dazu aus einem Kreis von 120 Bewerbern 24 Bürger per Losentscheid ausgewählt, die bei der Planungswerkstatt mitmachen werden. Doch das Ergebnis brachte offensichtlich auch einige Irritationen mit sich: Zum einen sind in dem Bürgergremium offensichtlich überwiegend Bewohner aus Elstorf, weniger aus kleineren ebenfalls betroffen Ortschaften beteiligt. Und für Unmut hinter den Kulissen sorgte auch der Umstand, dass mit dem CDU-Politiker Malte Kanebley nun auch ein aktives Ratsmitglied in dem Bürgergremium sitzt. „Wir machen uns Sorgen, dass das einige Bürger als Beeinflussung empfinden“, so Projektleiterin Jahn. Man wolle daher noch einmal das Gespräch mit dem Politiker suchen. Der Elstorfer Kanebley selbst kann in seiner per Los getroffenen Auswahl nichts Negatives sehen. Er wolle als Elstorfer Bürger mitreden und können das so viel besser, denn als Ratsherr. „Wo ist das Problem?“, so Kanebley, der bei diesem Losentscheid wohl wirklich vom Zufall deutlich beglückt wurde. Denn auch seine Frau wurde so in das Gremium gewählt.
Elstorfer Baupläne
Mehr als 500 neue Wohneinheiten, meist in in Einfamilienhäusern, und ein Wachstum um etwa 1500 Neubürger – das könnte am Ende herauskommen, wenn Neu Wulmstorf für seine Ortsteile Elstorf und Schwiederstorf den Flächennutzungsplan ändert und damit dort neue Bebauungspläne ermöglicht. Doch das Vorhaben ist umstritten. Sogar Bürgermeister Wolf Rosenzweig (SPD) hatte jetzt einen Planungsstopp vorgeschlagen. Ein Argument unter anderem: Für die ebenfalls geplante Umgehungsstraße B3 Neu könnten dann zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen notwendige werden, wenn wie bei der Plan-Änderung vorgesehen südwestlich von Elstorf Neubaugebiete entstehen sollten.
Ähnlich argumentiert auch die in Elstorf stark verankerte Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG), die diese Vergrößerung ablehnt. Zudem befürchtet Rosenzweig, dass mit zusätzlichen Neubürgern auch zusätzliche Kosten entstehen – etwa für neue Kitas – die sich die Gemeinde derzeit wegen des ohnehin schon starken Bevölkerungswachstums erst in einiger Zeit wieder leisten könne. Doch selbst die SPD wie auch CDU und Grüne lehnten kürzlich den Vorstoß des Bürgermeisters ab. „Wir brauchen auch Einfamilienhäuser“, so SPD-Bauexperte Thomas Grambow. Voraussichtlich im April wird nun der Rat endgültig über das Thema entscheiden.