Eißendorf. Schweizer Architekt präsentiert Bauprojekt Lichtenauerweg in Eißendorf. Möglicher Baubeginn spätestens im Jahr 2022.

Auf dem ehemaligen Sportplatz Lichtenauerweg werden rund 170 Wohnungen gebaut. Geplant sind mehrere langgezogene, nach Südwesten ausgerichtete Gebäude, die die Topographie des (erhöht liegenden) Geländes ideal ausnutzen sollen – „Quartier mit Weitsicht“ lautet der Projektname. Am Montagabend präsentierte Dan Schürch, Miteigentümer des Züricher Büros Duplex Architekten, den Entwurf des neuen Wohnviertels dem Stadtplanungsausschuss. Die Schweizer hatten sich im Dezember mit ihrem Entwurf in einem Wettbewerb gegenüber fünf Konkurrenten durchgesetzt.

Der Auftakt der Präsentation war zunächst ernüchternd: „Da wir den Bezirk Harburg nicht kannten, haben wir uns hier erst einmal umgeschaut“, referierte Schürch mit Schweizer Akzent. „Wir hatten den Eindruck, Harburg sei ein Vorort von Hamburg.“ So etwas hören die Harburger Lokalpolitiker nicht gern. Aber das, was dann folgte, überzeugte sie weitgehend. So gab es nach der Präsentation nur einige wenige Rückfragen.

Das Areal biete zwei große Vorteile, so Schürch: die mit der erhöhten Lage verbundene Fernsicht und einen „wahnsinnig schönen Baumbestand. Den wollen wir möglichst bewahren.“ Um die Sicht und das Grün effektiv in Szene zu setzen, öffnen sich die beiden größten Gebäude V-förmig nach Südwesten. „Die Wohnungen und Balkone sind leicht versetzt angeordnet. So schauen sich die Bewohner nicht direkt auf die Tische – höchstens, wenn sie mit einem verstohlenen Blick zur Seite blicken“, sagte Schürch.

Große Wohnungen können bei Bedarf unterteilt werden

Geplant seien vornehmlich größere Vier- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen, die sich aber alternativ in kleinere Einheiten unterteilen lassen. Der Schweizer lehrte die Harburger Abgeordneten eine neue Wohnungsbau-Vokabel: das Stöckli. Es bezeichnet auf Bauernhöfen das Auszugshaus, in das die Altbauern einziehen, wenn sie ihren Hof an die nächste Generation übergeben. Am Lichtenauerweg ließen die großen Grundrisse genügend Raum für städtische Stöckli-Wohnungen, so Schürch.

In den drei- und viergeschossigen Gebäuden sollen zu einem Drittel geförderte Wohnungen für Mieter mit geringeren Einkommen entstehen – über die genaue Aufteilung der Wohnungen entscheidet die Investorin, die Projektgesellschaft Lichtenauerweg mit Sitz in Itzehoe. Auch die Gestaltung der Fassaden ist noch offen, aber es wird auf jeden Fall Backstein werden.

Die 170 Wohnungen werden eine Gesamtfläche von rund 21.000 Quadratmetern haben. Damit werde auf dem knapp zwei Hektar großen Gelände eine angemessene Bebauungsdichte erreicht, betont der Architekt. Das neue Viertel solle „Raum für nachbarschaftliche Kommunikation und Pflege sozialer Kontakte“ schaffen und gleichzeitig eine grüne Umgebung bieten.

Marktplatz als kultureller Treffpunkt geplant

Der kulturelle Treffpunkt des Quartiers soll ein Marktplatz werden. Er liegt im südöstlichen Bereich, gegenüber der katholischen Altenwohnanlage St. Vinzenz. Dort soll ein Zentrum des Quartiers entstehen, mit Einkaufsmöglichkeiten in Ladenzeilen, die in den erweiterten Erdgeschossen des östlich­sten Gebäudes untergebracht sind. Ein imposanter alter Baum soll den Marktplatz prägen und die Bewohner einladen, sich zu einem Plausch auf dem Marktplatz zu treffen. Auch Veranstaltungen könnten nach der Planung der Architekten dort durchgeführt werden.

Eine Tiefgarage für das gesamte Quartier soll dafür sorgen, dass die Siedlung autofrei ist – mit Ausnahme von vereinzeltem Besucher- und Lieferantenfahrzeugen. Grüne Gassen sollen von Norden zu den Hauseingängen führen. Zwischen den Gebäuden sei viel Raum für Spielplätze und gemeinschaftliche Gartenhöfe. Der vom Architektenbüro Grabner Huber Lipp ausgearbeitete Landschaftsplan enthalte „üppiges Grün plus Anfahrtszonen“, fasste Schürch die Ideen zur Außengestaltung zusammen.

Baubeginn spätestens im Jahr 2022

Das Harburger Wohnungsbauprogramm gibt als möglichen Baubeginn das Jahr 2022 an. Der Investor ist aber zuversichtlich, dass die Umsetzung des Projekts schon früher beginnen kann, vielleicht schon Mitte des kommenden Jahres. Derzeit gibt es noch keinen passenden Bebauungsplan.

Das Projekt entsteht auf dem ehemaligen Sportplatz Lichtenauerweg des Vereins Rot-Gelb-Harburg. Ihn muss die Stadt zunächst zurückbauen. Der Verein wurde 1950 als Betriebssportverein der Deutschen Shell gegründet – der Name leitet sich von den Unternehmensfarben ab. Rot-Gelb-Harburg litt im 21. Jahrhundert unter einem kontinuierlichen Mitgliederschwund und unter einer klammen Kasse. Die Shell war im Jahr 2000 als Förderer ausgestiegen. Am 1. November 2017 beschloss die letzte Mitgliederversammlung die Auflösung des Sportvereins.