Harburg. Diakonie-Projekt vermittelt ehrenamtlichen Besuchsdienst: Rüstige Rentner begleiten alte Menschen.

Das sind doch mal gute Aussichten: wir werden immer älter. Immerhin 40 Jahre Lebenserwartung haben die Deutschen seit Bismarcks Zeiten (1815 – 1898) hinzugewonnen. So steht es im Jahrbuch 2016 des Statistischen Bundesamtes. Auch das Diakonische Werk Hamburg geht davon aus, dass der Anteil der älteren Bevölkerung, besonders der der Hochbetagten (80+) wächst: Von 5,1 Prozent (91.000 Männer und Frauen) im Jahr 2015 auf wahrscheinlich 6,3 Prozent (118.900 Menschen) im Jahr 2030.

Im Bezirk Harburg leben laut der jüngsten Erhebung des Statistikamtes Nord aus dem Jahr 2016 mehr als 30.000 Senioren, die älter sind als 65 Jahre. Das entspricht einem Anteil von 18,9 Prozent und liegt damit leicht über dem Wert für ganz Hamburg (18,5 Prozent). Die Unterstützung dieser Senioren ist dem Diakonischen Werk ein besonderes Anliegen. Es hat deshalb 2008 das Projekt SeniorenPartner ins Leben gerufen, das es inzwischen an sechs Standorten in ganz Hamburg gibt.

In Harburg ist es Jacqueline Timm, eine examinierte Krankenschwester, die als Ansprechpartnerin im Büro am Sand 33, das Geflecht der Beziehungen knüpft, von dem alle Beteiligten profitieren. Da sind auf der einen Seite Senioren, die allein und z. B. bei Arztesuchen auf Hilfe angewiesen sind oder Angehörige, die sich etwa um demente Verwandte kümmern. Und auf der anderen Seite sind da die Rentner, die nach neuen Aufgaben suchen und keine Lust haben, die Hände in den Schoß zu legen.

Marmstorf gehört zu den drei „ältesten“ Stadtteilen Hamburgs. Bei 29,6 Prozent liegt hier der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind
Marmstorf gehört zu den drei „ältesten“ Stadtteilen Hamburgs. Bei 29,6 Prozent liegt hier der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind © HA | Katharina Geßler

Begleitung läuft über einen längeren Zeitraum

So eine ist Sonja Jonasson. Die Witwe ist 74 Jahre alt, quirlig und zupackend. Keine die wegschaut, sondern eine, die einschreitet. Sie hat lange einen Seniorentreff geleitet, eine VHS-Gymnastikgruppe und engagiert sich bis heute im Seniorenbeirat des Bezirks: als Unterstützerin für das Projekt SeniorenPartner.

Jacqueline Timm war sofort überzeugt, als Sonja Jonasson zu ihr kam, um ihre Hilfe anzubieten. Sechs Jahre liegt das nun zurück. Seither hat die Harburger Standortleiterin Sonja Jonasson schon vier Ältere vermittelt, die sie dann über Monate, manchmal Jahre begleitete.

Nur einmal hat Sonja Jonasson die Flinte frühzeitig ins Korn geworfen. Dabei war nicht der Mann, um den sie sich kümmern sollte, das Problem, denn „die zu Betreuenden sind immer klasse!“, wie sie sagt. Schwierigkeiten bereiteten ihr die Angehörigen: „Unter ihnen gab es ständig Streit“, sagt Sonja Jonasson. Unerträglich für sie.

Enger Kontakt auch zu Angehörigen

Ganz anders bei dem Mann, der unter Demenz litt und den die agile Witwe drei Jahre lang Woche für Woche für je zwei Stunden besuchte, um dessen Ehefrau zu entlasten. Sie hat ihn auch dann noch besucht, als klar war, dass der Mann bald sterben würde. Zu seiner Frau hält Sonja Jonasson bis heute Kontakt.

Wie alle rund 30 Ehrenamtlichen des Harburger Projektes wurde auch Sonja Jonasson in Schulungen auf die Aufgabe vorbereitet. Wer die Unterstützung in Anspruch nimmt, zahlt 10 Euro pro Besuch. In einigen Fällen übernehmen das die Kassen – in anderen sucht und findet Standortleiterin Timm Lösungen, etwa indem sie auf Spenden zurückgreift. Sie rechtfertigt die Gebühr: mit dem Geld werden unter anderem die Weiterbildungen finanziert und den Ehrenamtlichen die Fahrtkosten erstattet.

Aktuell kümmert sich Sonja Jonasson um Ursula Kannenberg (88), die vor einem Jahr einen Schlaganfall erlitt. Von dem hat sie sich zwar gut erholt, aber allein traut sie sich seitdem nicht mehr auf die Straße. Deshalb ist Sonja Jonasson dann an ihrer Seite. Ziemlich beste Freundinnen sind sie inzwischen geworden.

Die Frauen verbindet viel. Beide sind sie verwitwet und leben allein. Sonja Jonasson in einer Seniorenwohnanlage in Wilstorf, Ursula Kannenberg in einer ähnlichen Einrichtung in Eißendorf. Und beide freuen sich auf ihre wöchentlichen Treffen. Sonja Jonasson, weil sie helfen kann und Ursula Kannenberg, weil es ihren Alltag bereichert und erleichtert.

Besuchen, begleiten, betreuen

Ihre Zeit macht ältere Menschen glücklich: Mit diesem Slogan wirbt das Harburg-Diakonie Projekt SeniorPartner um Ehrenamtliche, die sich in ihrer Freizeit entsprechend engagieren möchten.

Wer Hilfe braucht bzw. helfen möchte, wendet sich an Standortleiterin Jacqueline Timm, Sand 33 (auf der Galerie), Telefon 040/ 63 67 17 43, während der Sprechzeiten: montags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 10 bis 12 Uhr.