Harburg. Auf dem ausgedientem Motorfrachtschiff „Lydios“ wachsen vier Doppel- und ein Familienzimmer heran.

Gut zehn Monate ist es her, dass Marcel und Heike Klovert und ihr Motorfrachter „Lydios“ im Harburger Binnenhafen landeten, um aus dem knapp 55 Meter langen Binnenschiff ein Hotel zu machen. Inzwischen sind alle Wände gezogen, Rohre und Leitungen verlegt, 14 Bullaugen eingebaut und viele weiteren Arbeiten erledigt. Zum schwimmenden Nikolausmarkt im Museumshafen Harburg am 2./3. Dezember wollen die Kloverts ihre „Lydios“ erstmals der Öffentlichkeit vorstellen: Im zukünftigen Frühstücksraum soll es Kaffee und Kuchen geben.

„In dieser Woche wird das Treppengerüst montiert. Bis Mitte November wird die Treppe fertig sein, so dass die Besucher bequem in den ehemaligen Laderaum eintreten können“, sagt Marcel Klovert. Mit Helfern und professionellen Handwerkern baut der 49-jährige, gebürtige Niederländer seit Dezember 2016 das Schiffsinnere komplett um.

Mietwohnung in Wilhelmsburg längst gekündigt

Vier 20 Quadratmeter große Doppelzimmer mit WC und Dusche sowie ein 36 Quadratmeter großes Familienzimmer sind bereits entstanden, inklusive Elektro- und Wasserleitungen, Abwasserrohre und Bullaugen zum Rausgucken. Fehlt noch die gesamte Inneneinrichtung.

„Kanal 77 – Schlafen im Hafen“ haben Marcel Klovert und seine Frau Heike, 35, die als Journalistin arbeitet, ihr Projekt getauft. Sie wollen sich mit ihm einen Traum erfüllen und werden mit ihrem vierjährigen Sohn Tom auch selbst auf dem Schiff leben – in einer 42 Quadratmeter großen Wohnung im Heckbereich des Ex-Frachters. Auch sie ist gerade im Entstehen. Die Mietwohnung in Wilhelmsburg ist längst gekündigt, die Familie ausgezogen. „Noch wohnen wir bei Freunden, aber wir freuen uns schon auf das Schiff“, sagt Klovert.

Im Dezember 2016 kam der Frachter „Lydios“ im
Im Dezember 2016 kam der Frachter „Lydios“ im © Thomas Sulzyc | Thomas Sulzyc

Eigentlich war die Hoteleröffnung bereits für Herbst 2017 vorgesehen, doch der Umbau ist dann doch aufwendiger geworden als zunächst geplant. Rund um den Jahreswechsel kämpften die Kloverts mit undichten Ladeluken, später machte die alte Bordtoilette Ärger und wurde deshalb frühzeitiger als geplant ausgebaut.

Parallel zum Arbeitsaufwand stiegen die Kosten. Die Kloverts hatten den Frachter für 42.000 Euro gekauft und wollten weitere 200.000 Euro in den Umbau investieren. „Wir werden jetzt wohl bei 250.000 Euro landen“, sagt der angehende Hotelbetreiber, der zuvor als Programmierer gearbeitet hatte.

Doppelzimmer sollen um 90 Euro pro Nacht kosten

Zeit also, dass das Hotelprojekt in Gang kommt und Einnahmen generiert. Die Doppelzimmer werden um die 90 Euro pro Nacht kosten, das Familienzimmer etwas über 100 Euro. Hinzu kommt, sofern gewünscht, ein „preiswertes Frühstück“. Die Eröffnung ist nun für Frühjahr 2018 geplant und hängt nicht nur von den Baufortschritten ab. Klovert: „Das umgebaute Schiff muss im fertigen Zustand abgenommen werden. Ein technisches Gutachten zu den Umbaumaßnahmen liegt schon beim Amt. Und die Feuerwehr muss den Brandschutz abnehmen. Erst danach können wir hier Gäste beherbergen.“

Vorerst wird es also nur Kaffee und Kuchen auf die „Lydios“ geben. Aber selbst das scheint beim Anblick der Baustelle, die bis Anfang Dezember ein gemütlicher Aufenthaltsraum werden soll, ziemlich ambitioniert. Marcel Klovert bleibt zuversichtlich: „Das schaffen wir, zum Nikolausmarkt sind wir soweit“, versichert er und wendet sich wieder der Treppenmontage zu.

Fotos vom Werdegang des Projekts
auf Facebook: Schlafen im Hafen auf Twitter: @kanal_77 Die Lydios

Das Schiff wurde 1914 als Massengutfrachter in Belgien gebaut und war auf den nordeuropäischen Flüssen und Kanälen unterwegs.

Seine Fracht waren Massengüter – hauptsächlich Kohle, Sand, Kies, Salz und Viehfutter. Es konnte bis zu 620 Tonnen laden und war bis Oktober 2016 als Binnenfrachter im Dienst.