Immer mehr etablierte Firmen ziehen in den Binnenhafen - die Spezialdruckerei print-o-tec aus Schleswig-Holstein gehört dazu.

Es ist eigentlich nicht die Art von Thomas Beyer, seine Kunden gegen die Wand laufen zu lassen. Doch wer den Weg in den zweiten Stock der Spezial-Druckerei einschlägt, sollte lieber zweimal hinschauen, um sich nicht den Kopf zu stoßen. Denn die Täuschung ist nahezu perfekt. Hinter den Fahrstuhltüren wartet eine großzügige Rolltreppe, die, hell erleuchtet, in die Tiefen des Gebäudes zu führen scheint.

Es ist ein Foto, im Hightech-Verfahren auf Glas gedruckt. „Ein Beispiel für das, was digital im Glasdruck heute möglich ist“, sagt Thomas Beyer. Beyer ist 52 Jahre alt, Werbekaufmann, Geschäftsführer von print-o-tec. Das Unternehmen ist im April von Schleswig-Holstein in den Binnenhafen gezogen und bestätigt damit einen Trend. Immer mehr etablierte Firmen verlegen ihren Standort in den Hamburger Süden.

Viele Unternehmen ziehen in den Binnenhafen

„Sie kommen aus der Innenstadt, aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein in den Harburger Binnenhafen“, sagt Citymanagerin Melanie-Gitte Lansmann. Allein in den vergangenen zwölf Monaten seien mehr als ein Dutzend Unternehmen zugezogen.

Geschäftsführer Thomas Beyer im Fahrstuhl, sieht nur ausd wie eine Rolltreppe,  des neuen Firmensitzes von print-o-tec
Geschäftsführer Thomas Beyer im Fahrstuhl, sieht nur ausd wie eine Rolltreppe, des neuen Firmensitzes von print-o-tec © HA | Hanna Kastendieck

Die Spezialdruckerei print-o-tec ist eine davon. Sie erhofft sich vom Standortwechsel einen klaren wirtschaftlichen Vorteil. „Harburg ist sowohl für unsere Kunden nördlich der Elbe als auch im südlichen Umland gut zu erreichen und als Anlaufstelle attraktiv“, sagt Thomas Beyer. „In den Binnenhafen kommen sie alle gerne, weil dieser zentral liegt und die Atmosphäre hier einfach toll ist. Seitdem wir im hier sind, habe ich mehr Kundenbesuch gehabt als in all den Jahren in Ellerau.“

Das Unternehmen, das in den 50er Jahren in Hausbruch als Atelier für Gebrauchsgrafik gegründet worden, als spezialisierte Glasdruckerei in den Neunzigern nach Neu Wulmstorf gezogen ist und seinen Firmensitz 2005 ins schleswig-holsteinische Ellerau verlegt hat, will nun von Harburg aus den Markt weiter erobern.

„Wir wollten uns breiter aufstellen, das Offsetdruckgeschäft und die Digitaldruckkapazitäten ausweiten“, sagt Thomas Beyer. „Dafür brauchten wir mehr Platz.“ Als sein Kompagnon mit den Plänen für das Areal an der Theodor-Yorck-Straße kam, stand die Entscheidung für den Umzug fest.

Platz für kreative Auszeiten: den 15 Mitarbeitern von print-o-tec steht ein Pausenraum mit Billardtisch, Kicker, Flipper und Küche zur Verfügung
Platz für kreative Auszeiten: den 15 Mitarbeitern von print-o-tec steht ein Pausenraum mit Billardtisch, Kicker, Flipper und Küche zur Verfügung © HA | Hanna Kastendieck

Mit dem Neubau, in dem neben der Spezialdruckerei auch ein Unternehmen für Softwareentwicklung sowie ein Institut der Technischen Universität untergebracht sind, hat sich print-o-tec maßgeschneiderte Räumlichkeiten geschaffen und seine Fläche auf 1600 Quadratmeter verdoppelt. „Mit dem Umzug haben wir außerdem modernste Maschinen angeschafft, die mit UV-härtenden Farbsystemen lösungsmittelfrei drucken können“, sagt Beyer.

Das Unternehmen ist auf Siebdruck spezialisiert

Der Geschäftsführer und seine 15-köpfige Crew haben ehrgeizige Pläne. „Wir wollen mit dem neuen Standort Local Heroe werden. Wenn eine Firma etwas drucken lassen möchte, soll er künftig bei uns landen.“ Spezialisiert ist das Unternehmen auf Siebdruck, digitales UV-Direktdruckverfahren und den klassischen Offsetdruck, wobei ausschließlich gewerbliche Unternehmen angesprochen werden.

Für die Druckerei hat print-o-tec sein eigenes Gewerbegebäude an der Theodor-Yorck-Straße bauen lassen.
Für die Druckerei hat print-o-tec sein eigenes Gewerbegebäude an der Theodor-Yorck-Straße bauen lassen. © HA | Hanna Kastendieck

Zu den Kunden zählen vor allem die großen Automobilhersteller, die Flugzeugindustrie, aber auch Hamburger Unternehmen wie die Haspa oder die Schanzenbäckerei. Ob Ladenbauelemente, Bauteile für Lampen und Leuchtabdeckungen oder Werbespiegel, Orientierungstafeln, Aufsteller, Gehäuse für technische Geräte, Frontfolien oder Fahrstuhlpaneele, alles wird künftig am Standort Harburger Binnenhafen gedruckt und von dort bis in die entlegensten Winkel Deutschlands und quer durch Europa geliefert.

Per Siebdruck werden starre Materialien für Gewerbe, Handel und Indus­trie bedruckt, Platten aus Plexiglas, Makrolon, Glas und Spiegel in einer Größe von bis zu 1300 mal 1600 bzw. 1000 mal 2500 Millimetern. Darüber hinaus wird vermehrt im digitalem UV-Direktdruckverfahren gearbeitet.

„Es bietet feinste Auflösung, beste Lichtbeständigkeit und dauerhafte Feuchtraumeignung“, schwärmt Geschäftsführer Beyer. Auf diese Weise ließen sich Glaswände in Küchen, Bädern und Wellnessbereichen so bedrucken, dass sie extrem widerstandsfähig, kratzfest und beständig seien. Das Verfahren hat sich das Unternehmen DIN EN ISO attestieren lassen.

Thomas Beyer ist davon überzeugt, dass nur bestehen kann, wer etwas wagt. Drei Jahre hat er, neben seinem 60-Stunden-Job, an den Wochenenden noch einmal die Schulbank gedrückt und sich vom Verband der Druckindustrie als Unternehmer weiterbilden lassen. „In der Fortbildung ging es genau darum, dass viele Betriebe scheitern, weil ihnen das Handwerkszeug dazu fehlt, ein Unternehmen voranzubringen“, sagt Beyer. Die Zeiten des Druckers im grauen Kittel seien vorbei. Das aber hätten viele noch nicht begriffen.

Mit Investitionen im einstelligen Millionenbereich will print-o-tec jetzt vom Harburger Binnenhafen aus das gesamte Angebot im Spezialdruck abdecken. Dazu gehören auch Satz, Layout und Bildbearbeitung im hauseigenen Atelier. Die Auftragslage ist so gut, dass das Unternehmen im kommenden Jahr selbst ausbilden will, um für qualifizierten Nachwuchs zu sorgen.

Damit dieser dann auch bleibt und sich wohlfühlt, hat Beyer vorgesorgt. Im Pausenraum kann nicht nur gemeinsam gekocht und gefeiert, sondern auch am Tischkicker, Billardtisch oder Flipper gespielt werden. Ganz entspannt und ohne Druck.

Druckverfahren

Der Siebdruck ist ein Verfahren, bei dem die Farbe mit einer Gummirakel durch ein feinmaschiges Gewebe hindurch auf das zu bedruckende Material gedruckt wird. An denjenigen Stellen des Gewebes, wo keine Farbe gedruckt werden soll, werden die Maschenöffnungen des Gewebes durch eine Schablone farbundurchlässig gemacht. Die Technik wird vor allem in Werbung und Beschriftung eingesetzt.

Beim digitalen UV-Direktdruckverfahren dringt die Farbe nicht in das zu bedruckende Material ein, sondern liegt als ultradünne Farbschicht darauf. Sie trocknet nicht an der Umgebungsluft ab, sondern wird direkt nach dem Auftrag auf die Oberfläche mit ultraviolettem Licht gehärtet. Auch schwierige Materialien wie Metall oder Holz lassen sich so problemlos bedrucken.

Der Offsetdruck ist ein indirektes Flachdruckverfahren und die am weitesten verbreitete Drucktechnik im Bücher-, Zeitungs-, Werbe- und Verpackungsdruck. Auch Kunststoff, Glas, Keramik und DVDs können mit dieser Technik bedruckt werden.