Marmstorf. Kurz vor der Eröffnung stolpern die neuen Macher des Marmstorfer Traditionslokals über Amts-Vorschriften. Es geht um Brandschutz

Wenn heute um 15 Uhr offiziell der Festplatz für das Marmstorfer Vogelschießen eröffnet wird, wird vieles an die großen Zeiten des Marmstorfer Volksfestes erinnern: Der Autoscooter ist wieder da und auch ein Kettenflieger ist mitten im alten Dorf aufgebaut. Nur eines hat nicht ganz geklappt, wie geplant. Das grandiose Comeback des Marmstorfer Schützenhofs findet nur im Biergarten statt. Der aufwendig renovierte Ballsaal darf noch nicht eröffnet werden, sagen die Bauprüfer des Bezirksamts Harburg. Sie verlangen Nachbesserungen beim Brandschutz. Das dicke Buch mit der Geschichte des geschlossenen Schützenhofs kann also noch nicht geschlossen werden – es erhält stattdessen ein weiteres Kapitel.

Schützenhof-Besitzer Rainer Bliefernicht und seinen Pächter Rajab Shah traf die Mitteilung des Bezirksamts vor ungefähr einer Woche wie aus heiterem Himmel. „Dass wir das so kurzfristig erfahren haben, liegt aber nur zum Teil daran, dass die Behörden sich Zeit gelassen haben“, gibt Bliefernicht zu. „Wir waren auch spät dran, was das Einreichen der Unterlagen angeht.“

Die Buden und Fahrgeschäfte für das Marmstorfer Schützenfest stehen. Der Schützenhof muss leider zu bleiben
Die Buden und Fahrgeschäfte für das Marmstorfer Schützenfest stehen. Der Schützenhof muss leider zu bleiben © xl | Lars Hansen

Neue Verordnung macht Schützenhof einen Strich durch die Rechnung

Seit dem Winter waren Rajab Shah und seine vier erwachsenen Kinder damit beschäftigt, den alten Marmstorfer Schützenhof wieder aufzupolieren. Der Ballsaal erhielt eine abgehängte Decke mit prachtvoller nachtblauer Kuppel, das Mobiliar wurde erneuert und auch im Schankraum ist nun alles schick und fein. Allerdings gibt es zwischen dem alten Schützenhof, der noch aus Urzeiten als Gaststätte konzessioniert war, und dem neuen „Schützenhof Nova“ nicht nur im Design Unterschiede, sondern auch rechtliche: In der Zwischenzeit wurde nämlich 2003 die Hamburger Versammlungsstättenverordnung erlassen. Alle Gaststätten mit mehr als 200 Plätzen fallen darunter. Shah hatte stets angegeben, dass sein Saal 190 Gäste fasst. Die Hamburger Verordnung richtet sich allerdings nicht nach den Angaben der Antragssteller sondern nach der Quadratmeterzahl der Säle. Für Shah und Bliefernicht bedeutet dies, dass ihr Schützenhof Nova eine Versammlungsstätte ist, für die andere Auflagen gelten, als für den alten Schützenhof Marmstorf.

„Das geht damit los, dass alle Notausgänge mindestens 1,20 Meter breit sein müssen“, sagt Bliefernicht. „Einer unser Ausgänge ist zu schmal.“

Schützenfest wäre eine ideale Gelegenheit gewessen

Das alleine hätten Shah und Bliefernicht vielleicht noch innerhalb der wenigen Tage beheben können, aber die Auflagen gehen weiter. Vor allem im Obergeschoss des Gebäudes muss nachgearbeitet werden. Zwar hat das Stockwerk mit den Sälen nichts zu tun, allerdings muss es so brandsicher gestaltet werden, dass ein Feuer, das oben ausbricht, sich möglichst nicht nach unten ausbreiten kann. „Wir haben sofort mit der Umsetzung der Auflagen begonnen“, sagt Rajab Shah, „aber wir brauchen dafür einige Wochen.“

Er ist zerknirscht. Das Marmstorfer Schützenfest wäre eine ideale Gelegenheit gewesen, sich bei den Marmstorfern einzuführen und stolz den neuen Saal zu zeigen. Immerhin darf er aber den Biergarten öffnen. Seine Söhne haben auf der Jagd nach Sitzauflagen bereits zwei Möbelmärkte leer gekauft. Beim Schützenfest planen die Shahs, 14 Servicekräfte einzusetzen, denn immerhin planen sie, im Biergarten bis zu 400 Leute gleichzeitig zu bewirten.

Für alle Veranstaltungen, die beim Vogelschießen im Saal geplant waren, musste sich der Schützenverein Marmstorf etwas einfallen lassen. Ein Zelt wurde gemietet und bei einem Marmstorfer Bauern auf dem Hof errichtet – der Festplatz war schon komplett an Schausteller vermietet. „So haben die Marmstorfer erstmals beides“, sagt Rainer Bliefernicht, der in seinem Schützenverein übrigens der Millenniumskönig war, „Festzelt und Autoscooter. Mehr geht doch nicht! Aber nächstes Jahr steht der Saal bestimmt zur Verfügung.“

Rajab Shah will so lange nicht warten. „Im Spätsommer machen wir auf“, hofft er.