Harburg. Abendblatt-Besuch in der Harburger El-Iman Moschee am Krummholzberg. Sheikh Mounib Doukali hat ein heikles Erbe angetreten

Heute feiern Millionen Muslime weltweit den Geburtstag des Propheten Mohammed. Auch in der Harburger El-Iman Moschee am Krummholzberg werden die Gläubigen an diesem Tag ihres Gottesgesandten in besonderen Gebeten gedenken. Für Freitag ist dann in der Moschee ein kleines Fest mit arabischen Speisen und Spielen für die Kinder geplant. Nach der wöchentlichen Hauptpredigt von Imam Sheikh Mounib Doukali.

„Natürlich wird in meinem Vortrag das Leben und Wirken unseres Propheten eine große Rolle spielen“, sagt der 30-Jährige, der an diesem Tag neben den mehr als 60 Gemeindemitgliedern auch wieder viele Muslime aus den Flüchtlingsunterkünften des Bezirks erwartet. „Früher kamen kaum 100 zum Freitagsgebet. Zuletzt waren es 300. Für viele Flüchtlinge ist unsere Moschee inzwischen auch Zufluchtsort, ein Ort der Stille mit der Möglichkeit zu innerer Einkehr. Und natürlich der Kontaktaufnahme zu Muslimen, die in Harburg bereits heimisch sind“, erzählt Doukali.

In Taif, Saudi-Arabien, geboren, zog er als Sechsjähriger mit seinen Eltern nach Tunesien, die Heimat seiner Familie. Sein Vater und mehrere Onkel sind selbst Imame. So konnte Doukali den Koran mit 17 fast auswendig. Und ließ sich von weiteren Islamwissenschaftlern schließlich selbst zum Imam ausbilden. Dennoch reizte ihn auch eine bürgerliche Existenz als Informatiker. „Ich habe mich für solch ein Studium in Frankreich, Kanada und Deutschland beworben. So landete ich 2005 erst für einen Sprachkursus in Hamburg, und studierte ab 2006 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin“, berichtet Doukali.

Im Juni des Vorjahres hat er dann die Geschicke der Gemeinde übernommen. In einer schwierigen Zeit. „Der alte Imam war nicht mehr da, dafür aber eine Gruppe junger Leute, die sich zunehmend radikalisierte“, sagt Doukali. Plötzlich habe der salafistische Prediger Pierre Vogel in der Moschee gestanden. Ohne Erlaubnis des Vorstands und ohne Billigung des Gros der Gemeinde. Da sei es an der Zeit gewesen, Verantwortung zu übernehmen.

Gerissen habe er sich nicht danach, gibt er unumwunden zu. Daheim in Heimfeld saßen Ehefrau Safa, die mit Sohn Haron, heute 10 Monate alt, schwanger war, und Tochter Esra, heute 5. Und im Phoenix-Viertel türmten sich die Aufträge von Kunden seiner Firma für technische Dienstleistungen. „Dennoch habe ich mich als Imam angeboten, weil die Gemeinde eine stabile Führung dringend brauchte und längst vom Verfassungsschutz beobachtet wurde“, so der Familienvater.

Die Auseinandersetzungen mit den radikalen Kräften hätten sich überaus schwierig gestaltet, sagt Doukali. Viele der Jugendlichen, die nicht selten einem schwierigen familiären Umfeld entstammen, seien nicht gesprächsbereit gewesen. Sie hätten die Kultur hierzulande abgelehnt und sich zumeist an radikalen Predigern wie Vogel orientiert, für die Gewalt der einzige Weg im Kampf gegen Andersgläubige sei. „Teilweise wirkten sie wie nach einer Gehirnwäsche“, sagt der Imam.

Terroranschläge von Paris habenalte Ressentiments wiederbelebt

So legte er den jungen Salafisten nahe, der Moschee am Krummholzberg künftig fernzubleiben. Doukali suchte das Gespräch mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz. So sei es gelungen, neues Vertrauen aufzubauen. Die Gemeinde sei wirklich auf einem guten Weg gewesen. Bis zu jenem verhängnisvollen 13. November und den Terroranschlägen in Paris. Damit hätten sich alte Ressentiments wiederbelebt.

„Die Darstellung in den Medien ist allzu oft viel zu undifferenziert und voller Pauschalurteile“, beklagt Doukali. Von den fünf Millionen Muslimen in Deutschland gelten allenfalls 700 als Salafisten. In Hamburg sind es 80, von denen sich 17 dem IS angeschlossen haben, darunter vier Harburger. „Fakt ist, dass Harburg vom Verfassungsschutz als relativ sicher eingestuft wird, anders als etwa Billstedt und Barmbek. Schwarze Schafe gibt es in jeder Religion, man macht sie aber größer, als sie wirklich sind“, so Doukali.

Mit dem Eintritt Deutschlands in die militärischen Operationen in Syrien wachse nun auch die Terrorgefahr hierzulande. „Ich steige selbst mit einem mulmigen Gefühl in die U-Bahn“, gibt der Imam zu: „Terroristen unterscheiden nicht nach Religionen, in Paris sind auch viele Muslime ums Leben gekommen. Das ist eine Tatsache, die nicht selten verdrängt wird.“

Fußballspiel Imame gegenPastoren als ermutigendes Zeichen

Den interreligiösen Dialog will Sheikh Mounib Doukali in jedem Fall fortführen und intensivieren: „Es gibt regelmäßige Treffen mit der Nordkirche und den Pastoren der umliegenden christlichen Gemeinden.“ Dazu gehöre etwa die gemeinsamen Trauerfeiern für verstorbene Frühgeborene mit den Pastoren von der Helios-Klinik Mariahilf. Ein ermutigendes Zeichen gegenseitigen Vertrauens sei auch das erste Hamburger Fußballspiel Imame gegen Pastoren Ende November im Wilhelmsburger Bildungszentrums „Tor zur Welt“ gewesen.

„Es ist einfach enorm wichtig, dass die Vertreter der verschiedenen Religionen miteinander im Gespräch bleiben. Denn es gibt weit mehr Gemeinsamkeiten, als viele glauben und viel weniger, das uns trennt“, sagt Doukali. In diesem Sinne stünde die El-Iman Moschee am Krummholzberg jederzeit jedem offen, der sich vorurteilsfrei über das religiöse Leben der kleinen islamischen Gemeinde im Herzen Harburgs informieren wolle.