Harburg. Wenn sich der Bezirk nicht stärker engagiert, schließen die Eigentümer eine Verlängerung des BID im nächsten Jahr aus.

Mit einer Gestaltungsverordnung will der Bezirk im kommenden Jahr die zentralen Einkaufszonen in der Harburger City aufwerten und den „Wildwuchs“ einzelner Geschäftsleute eindämmen. Diesen Willen bekräftigte die Verwaltung am Montagabend bei der Sitzung des hiesigen Wirtschaftsausschusses.

Die Initiative geht auf einen Antrag der SPD-Fraktion vom April dieses Jahres zurück. „Um Innenstädten ein eigenes optisches Image zu geben, setzen immer mehr Städte und Gemeinden eine Gestaltungssatzung für zentrale Straßenzüge fest“, begründete Dagmar Overbeck, zugleich Ausschussvorsitzende, den Vorstoß. Nicht nur Städte mit besonders schützenswerten Altbauten wie Lüneburg und Stade würden sich solcher Verordnungen bedienen, sondern auch Städte wie Braunschweig, Geesthacht und Plön, die über kein historisch wertvolles und gewachsenes Zentrum verfügen.

Gestaltungsverordnungen, die es im Übrigen auch in Hamburg schon gibt, etwa an der Binnenalster und auf dem Jungfernstieg, regeln unter anderem den Gestaltungsspielraum von Schaufenstern und Fassaden, aber auch die Außenwerbung von Geschäften und anderen gewerbetreibenden Mietern.

Dass solcherart Reglementierung auch die Harburger City weiter nach vorn bringen könnte, ist indes nicht unumstritten. Zwar hatte die Lenkungsgruppe des Business Improvement Districts Lüneburger Straße (BID Lü) noch im Sommer schärfere Gestaltungsrichtlinien angemahnt, allerdings nicht in Form einer rechtsverbindlichen Verordnung. „Einige Grundeigentümer waren der Ansicht, das könnte potenzielle Einzelhändler eher abschrecken“, sagte Jana Braun vom BID-Aufgabenträger konsalt GmbH.

Natürlich gebe es auch die Möglichkeit solch eine Satzung als Gestaltungsleitfaden aufzusetzen, bestätigte Heiko Stolzenburg vom Stadtplanungsamt bei seinem Vortrag im Wirtschaftsausschuss. Nur sei die Umsetzung solcher Richtlinien juristisch dann nicht einklagbar, sie hätten allenfalls empfehlenden Charakter.

Andererseits ließe sich die „softere“ Variante deutlich schneller realisieren. Eine Verordnung müsse nämlich erst den langen Weg durch die Instanzen nehmen. In diesem Fall müssten auch die Behörden für Stadtentwicklung und Umwelt sowie für Wirtschaft, Verkehr und Innovation angehört werden. Und das könne zuweilen länger als ein Jahr dauern.

Laut Stolzenburg sollte die Verordnung nach ersten Entwürfen der Verwaltung den unmittelbaren Citybereich zwischen dem Sand im Norden und der Moorstraße im Süden umfassen. „Es geht darum, den Wiedererkennungswert der Harburger City unter Einbeziehung der konkreten Gebäudearchitektur deutlich zu erhöhen und damit die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu verbessern“, so Stolzenburg. Dafür seien vor allem einheitliche Richtlinien für die Erdgeschossgestaltung, die Nutzung des öffentlichen Raumes und die Außenwerbung entscheidend.

Unterdessen rumort es unter den Grundeigentümern des BID Lü gewaltig. In einem Brandbrief vom 14. Oktober an Bezirksamtsleiter Thomas Völsch, der dem Abendblatt vorliegt, beklagten die Mitglieder der Lenkungsgruppe fehlende Unterstützung seitens der Verwaltung und der Lokalpolitik. „Die eingeleiteten Maßnahmen bleiben wirkungslos, solange die Stadt nicht bereit ist, eine Grundsanierung der Lüneburger Straße vorzunehmen, deren Konzeption und bauliche Ausführung bereits 40 Jahre alt ist“, heißt es in dem Schreiben.

„Wir sehen eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem finanziellen Aufwand der Grundeigentümer, die seit 2009 mehr als 1,2 Millionen Euro aus eigenen Mitteln in die Aufwertung der Lü investiert haben, und dem Engagement des Bezirks“, sagte Wolfhart Berg, einer der BID-Sprecher. Die Verwaltung verlasse sich viel zu sehr auf die Hausbesitzer. „Wir zahlen Grund-, Umsatz- und Gewerbesteuern, wo bleibt eigentlich das ganze Geld“, fragt Berg.

Die Lenkungsgruppe sieht den Bezirk in der Pflicht, sich viel stärker an der Aufwertung der Harburger Innenstadt zu beteiligen. „In anderen Bezirken funktioniert das doch auch, etwa beim BID Osterstraße in Eimsbüttel und dem BID Waitzstraße in Altona“, so Dietrich Landahl.

Deshalb fordert das BID Lü jetzt unter anderem eine neue Pflasterung, ein modifiziertes Lichtkonzept und die Fällung von drei Bäumen, die für eine attraktive Fußgängerzone völlig unpassend seien. „Sollte diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden, wird es 2016 keine erneute Verlängerung des BID Lü geben, da ist sich die große Mehrheit der Grundeigentümer einig“, so Reglindis Isernhagen-Rieckmann.

Unterstützung erhält das BID durch den FDP-Abgeordneten Carsten Schuster. „Die Entwicklung des öffentlichen Raums ist und bleibt primäre eine Aufgabe der Stadt. Ohne die entsprechenden Investitionen kann eine deutliche Verbesserung des Erscheinungsbildes nicht gelingen.“