Hamburg. Am Donnerstag wurde das Werk mit einem symbolischen Knopfdruck offiziell in Betrieb genommen. Proteste von Umweltschützern.
Rund elf Jahre nach Beginn der Planungen hat der Energiekonzern Vattenfall in Hamburg offiziell eines der größten und umstrittensten Kohlekraftwerke Europas in Betrieb genommen. Vor rund 500 Gästen drückten Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Vattenfall-Präsident Magnus Hall und Deutschland-Chef Tuomo Hatakka am Donnerstag auf den berühmten roten Knopf. Das von Kritikern als „CO2-Schleuder“ bezeichnete Kraftwerk im Stadtteil Moorburg im Süden Hamburgs hat eine Leistung von mehr als 1600 Megawatt. Die Baukosten betrugen rund drei Milliarden Euro. Bei einer Aktion kurz vor der Einweihung unweit des Kraftwerktors nannten Umweltschützer den Kohlemeiler eine „Bankrotterklärung für den Klimaschutz“.
Die Einweihung selbst war nur symbolischer Natur. Tatsächlich hat das Kraftwerk längst die Stromproduktion aufgenommen. Der erste Block wurde Ende Februar, der zweite Ende August in Betrieb genommen. Nach Unternehmensangaben speiste das Kraftwerk bereits 5 Millionen Megawattstunden Strom ins Netz ein.
Das Kohlekraftwerk ist seit Beginn des Projekts 2004 hoch umstritten. Ursprünglich als Ersatz für ein überaltertes Wärmekraftwerk in Wedel geplant, wurde es auf Intervention des früheren Senats unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) schließlich doppelt so groß gebaut wie von Vattenfall eigentlich geplant. Bei voller Auslastung fallen somit jährlich 8,5 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 an.
Als die Grünen 2008 in die Regierung kamen, wollten sie das Kraftwerk stoppen, scheiterten aber. Die damalige Umweltsenatorin Anja Hajduk (Grüne) verhängte daraufhin strengere und auch teure Umweltauflagen. Ob das Kraftwerk die Investitionen je einspielt - eine der drei Milliarden Euro Baukosten sind bereits abgeschrieben - ist unklar.
Vattenfall will einer der größten Zulieferer erneuerbarer Energien werden
Heute würde Vattenfall das Kraftwerk nicht mehr bauen, räumte Hall bei der Eröffnung ein. Die Strategie des Konzerns sei längst eine andere: „In zehn Jahren möchten wir einer der größten Betriebe von Anlagen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Europa sein.“
Gleichwohl bezeichnete er das Kraftwerk Moorburg als wichtig. Es gehöre zu den effizientesten und „wird für die Sicherstellung der Versorgung und den Erhalt der Netzstabilität zweifellos gebraucht“, sagte Hall mit Blick etwa auf die Kupferhütte Aurubis oder den Aluminiumproduzenten Trimet, die einen enormen Energiebedarf haben.
Vattenfalls Deutschlandchef Hatakka verwies auf die hohe Flexibilität des Kohlekraftwerks. So könnte Moorburg innerhalb von 15 Minuten die Leistung um bis zu 600 Megawatt hoch- oder runterfahren. Und auch der Wirkungsgrad sei mit 46,5 Prozent sehr hoch. „Wenn wir die Abwärme des Kraftwerks nutzen könnten, könnte der Wirkungsgrad sogar auf 60 Prozent gesteigert werden.“ Diesen Plan einer Fernwärmeleitung von Moorburg in den Hamburger Westen hatte Vattenfall nach Protesten und Gerichtsentscheidungen aufgeben.
Bürgermeister Scholz, dessen SPD zu Oppositionszeiten gegen das Kohlekraftwerk Moorburg in dieser Dimension war, freute sich über die Einweihung. Der Meiler sei auch Ergebnis politischer Kompromisskunst. „Auf den Weg gebracht wurde das Kraftwerk von einem Bürgermeister mit CDU-Parteibuch, genehmigt wurde es von einer Grünen-Umweltsenatorin und eröffnet wird es heute von einem sozialdemokratischen Bürgermeister“, sagte Scholz - und fügte an: „Mehr geht nicht.“
Für Umweltorganisationen bleibt das in achtjähriger Bauzeit fertiggestellte Kraftwerk ein Fanal. „Es gehört schon eine Menge Zynismus dazu, kurz vor der UN-Klimakonferenz auf ein Kraftwerk anzustoßen, das mit über 23.000 Tonnen des Klimagases Kohlendioxid pro Tag doppelt so viel CO2 ausstößt wie der gesamte Hamburger Straßenverkehr“, erklärte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Das Kraftwerk konterkariere alle Klimaschutzbemühungen.