Moorburg. Unter dem Motto „Keine Kohle – trotzdem Strom“ hatten „moorburg forever“ und der elbdeich e.V. zum Kunst- und Musikfestival geladen

Spätestens als die Band Egon und die Treckerfahrer aus Fedderwardersiel an der Nordsee ihren „Treckerrock für lüttje Blagen“ von der kleinen Bühne im Innenhof der ehemaligen Grundschule am Moorburger Elbdeich 249 schmetterte, war auch der letzte Skeptiker überzeugt: Ein Open-Air-Festival ohne herkömmlichen Strom aus der Steckdose ist auch in diesen Breiten möglich.

Solarfest Moorburg
Solarfest Moorburg © HA | Lutz Kastendieck

Unter dem Motto „Keine Kohle – trotzdem Strom“ hatten die Initiative „moorburg forever“ und der elbdeich e.V. am Sonnabend zum alternativen Kunst- und Musikfestival Swamp eingeladen. „Wir wollten dem Kohlekraftwerk vor unserer Haustür ein CO2-neutrales Festival entgegensetzen. Der Strom, den wir benötigen, stammt ausschließlich aus regenerativen Energien, größtenteils aus Solarenergie“, erklärte Mitorganisatorin Claudia Kulenkampff. Ihren Informationen zufolge soll der umstrittene Vattenfall-Meiler in dieser Woche erstmals mit voller Kapazität Strom erzeugen. Deshalb sei der Termin des Festivals absolut passend.

Möglich gemacht hat das auch Lars Kretschmer mit seinen Freunden. Der gebürtige Marmstorfer lebt inzwischen in einer ehemaligen NVA-Kaserne bei Salzwedel in der Altmark. Dort beschäftigt sich der gelernte Radio- und TV-Techniker seit geraumer Zeit mit der Entwicklung energiesparender Lautsprecher und einer alternativen Energieversorgung für Freiluftfestivals.

Solarfest Moorburg
Solarfest Moorburg © HA | Lutz Kastendieck

„Es ist schon erstaunlich, dass dieses Thema im hochentwickelten Deutschland noch in den Anfängen steckt“, sagt Kretschmer. In den USA, in England und den Niederlanden wäre man da schon viel weiter. Deshalb sei es höchste Zeit, die Idee der „Green Areas“ nun auch hierzulande zu transportieren und zu verbreiten.

Erste hoffnungsvolle Ansätze gäbe es aber schon. Zum Beispiel das Solarfestival an einer ehemaligen Kiesgrube in Peckfitz bei Gardelegen in Sachsen-Anhalt. 1000 Leute hätten da im Sommer 2014 weitab einer Steckdose „im Nichts“ Livemusik genießen können.

Diese Entwicklung zu forcieren, hat sich auch Kretschmer verschrieben. Und so entwickelte er neben seinen Boxen auch eine auf Solarstrom basierende Bühnenanlage. Die per Sonnenkollektoren erzeugte Energie wird in herkömmlichen Blei-Säure-Batterien gespeichert. Die Anlage hat eine Kapazität von 2000 Amperestunden, was in etwa der Leistung von 40 Autobatterien entspricht.

Mit weiteren Kollektoren wurden in Moorburg jetzt auch die Bar, verschiedene Lichtinstallationen und ein Klangspielplatz gespeist. Mit der ungewöhnlichen Installation aus Schrauben, Nägeln, Federn, Drähten, Ketten und Schüsseln begaben sich Kinder auch mittels Münzen, Murmeln und Sticks auf eine spannende, expressionistische Klangreise.

Auch als die Sonne längst untergegangen war konnten drei weitere Bands, darunter die Hamburger Ska-Formation Big Banders, und zwei DJ’s ihre Musik unters Festivalvolk bringen. Das dem Vattenfall-Kraftwerk nebenan ganz einfach die kalte Schulter zeigte.