Hamburg. Warum musste Baby Maximilian sterben? Fünf Monate altes Kleinkind soll erstickt sein. Mutter schweigt.

Die Beamten führten Jasmina U. ab und brachten sie ins Präsidium. Kurzzeitig schien es, als wolle die junge Frau eine Aussage machen. Sie habe ihren fünf Monate alten Sohn zugedeckt, am Sonnabendabend in ihrer Wohnung an der Gaiserstraße in einem ruhigen Viertel in Harburg. Gegen 20.45 Uhr, sagte die 28 Jahre alte Mutter. Wenig später war das Baby tot. Wie es dazu kommen konnte, will Jasmina U. den Ermittlern nun doch nicht erklären. Sie schweigt.

Die junge Mutter sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. „Der Haftbefehl lautet auf Totschlag“, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Einem Richter reichten die ersten Ermittlungsergebnisse und eine Vorabeinschätzung der Rechtsmedizin aus, um von einer Tötung auszugehen, nicht von einem tragischen Unfall. Der Mutter wird bedingter Vorsatz vorgeworfen. Man gehe davon aus, dass sie den Tod ihres Sohnes „billigend in Kauf genommen“ habe.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge soll ihr kleiner Sohn am Sonnabendabend anhaltend geschrien haben. Deshalb habe die Frau zwei Decken über das Gesicht des fünf Monate alten Säuglings gelegt. Danach verließ Jasmina U. zunächst den Raum. Als sie etwa 20 Minuten später zurückkam, atmete Maximilian nicht mehr.

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Der kleine Junge dürfte erstickt sein. Zur genauen Todesursache wollte sich die Hamburger Oberstaatsanwältin nicht äußern. „Wir haben noch kein endgültiges Obduktionsergebnis vorliegen“, so Nana Frombach.

Als Jasmina U. bemerkte, dass ihr Kind nicht mehr atmete, rief sie selbst über den Notruf einen Rettungswagen. Der ebenfalls alarmierte Notarzt versuchte zunächst, dass Baby wiederzubeleben. Etwa 15 Minuten, nachdem die Rettungskräfte in der Harburger Wohnung eingetroffen waren, wurde auch die Polizei gerufen. „Ein Fremdverschulden war von Anfang an nicht auszuschließen“, sagte eine Polizeisprecherin. Deshalb wurde Jasima U. noch in der Wohnung vorläufig festgenommen.

Die Beamten sammelten bis zum Montag im Auftrag der Mordkommission weitere Spuren in der Wohnung. Jasmina U. stammt aus Sanski Most, einer knapp 50.000 Einwohner zählenden Stadt in Bosnien-Herzegowina. Seit fast zweieinhalb Jahren war Jasmina U. mit ihrem Freund und Vater des Kindes ein Paar. Als ihr gemeinsamer Sohn starb, war Andreas A. im Dienst, er arbeitet in der Gastronomie.

„Die Wohnung machte keinen verwahrlosten Eindruck“, heißt es aus Polizeikreisen. „Alles war sauber und aufgeräumt.“ Jasmina U. und Andreas A. waren allem Anschein nach ein normales Paar, anders als bei vergangenen Fällen von schwerer Kindesmisshandlung (siehe Text unten). Bei Facebook zeigten sich beide küssend und Grimassen schneidend, posteten Selfies von Konzert- und Musicalbesuchen. Auf ihrem Profil gibt Jasmina U. an, vor der Geburt ihres Kindes selbst bei einer großen Tanzschule und Produktionsfirma gearbeitet zu haben.

Das Jugendamt hatte Kontakt mit dem Paar, es ging um Beziehungsprobleme

Auch ihr gemeinsames Glück mit dem Nachwuchs teilten beide öffentlich. Stolz hatte Jasmina A. Fotos von ihrem Baby gemacht, die den kleinen Jungen mit einem roten Herz zeigen, auf dem steht: „Wenn du bei mir bist, ist alles gut.“ Bereits während ihrer Schwangerschaft hatte Jasmina U. fast jeden Tag auf Facebook Videos von anderen Babys und von Katzen mit ihren Freunden geteilt. Und gefragt, wer spontan Zeit für ein freundschaftliches Treffen habe. Über das soziale Umfeld der Familie ist wenig bekannt, Nachbarn können kaum Auskunft über das Paar geben.

Weder Mutter noch Vater des Kindes waren vor der Tat offenbar polizeibekannt. Das Jugendamt Harburg soll dagegen mindestens einmal Kontakt mit der jungen Familie gehabt haben. Dabei soll es nach Abendblatt-Informationen aber um Beziehungsprobleme gegangen sein. Weder die Wohnung noch andere Punkte gaben Anlass zu einer durchgehenden Betreuung. Auch für ein erhöhtes Gewaltrisiko bei der Mutter oder eine Kindeswohlgefährdung gab es keine Hinweise.

Der Vater des Kindes kehrte auf eigenen Wunsch in die Wohnung zurück

Im Gegenteil: Jasmina U. schien eine freundliche junge Frau zu sein. „Die Welt fordert von uns, das wir uns weiterbilden, das wir dazulernen das wir uns lieben und einander verstehen. Also bemüht ihr euch stets“, schrieb sie im Mai dieses Jahres auf Facebook.

Kindesvater Andreas A. bleibt mit den vielen offenen Fragen allein zurück. Am Sonnabendabend wurde er zunächst an seinem Arbeitsplatz von der Polizei und zwei Mitarbeitern des Kriseninterventionsteams vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Harburg über die heimische Tragödie informiert und auch psychologisch betreut. Er ließ sich noch in der Nacht zu Sonntag von einem Freund abholen und später in die Wohnung an der Gaiserstraße bringen. Eine Erklärung, warum sein Sohn sterben musste, konnte er nach einer ersten Befragung nicht geben.