Winsen/Buchholz. Im Landkreis Harburg dauert er länger als im Bundesdurchschnitt bis freie Arbeitsplätze wieder besetzt sind. Arbeitslosigkeit sinkt weiter.

Unter einem strahlend blauen Himmel baut Michael Gross an diesem späten Vormittag die Fenster an einem Neubau in Holm-Seppensen ein. Neben ihm stehen weitere große Dreifach-Scheiben, die er zusammen mit seinem Kollegen noch einsetzen wird.

Der 48-jährige Tischlermeister und Betriebswirt des Handwerks, der aus Hessen stammt, arbeitet seit Mitte Mai bei der Firma Bebatherm im selben Ort. Vermittelt hat ihn, nachdem sein voriger Arbeitgeber zu wenig Aufträge hatte, die Arbeitsagentur in Winsen. „Ich bin zufrieden. Wir haben ein gutes Betriebsklima und ich habe hier die Perspektive, künftig Vorarbeiter der Firma zu werden“, sagt Gross.

Der Wechsel zu seinen neuen Arbeitgeber, der sich nicht nur mit Fenstern sondern auch mit Türen, Toren und Antrieben befasst, war nicht nur für Gross ein Glücksfall. Auch Bebatherm-Chef Bernd Baaske kann sich freuen, dass er einen gut qualifizierten Mitarbeiter gefunden hat, der auch Führungsaufgaben übernehmen soll. Denn auf dem Arbeitsmarkt wird es immer schwieriger, Fachkräfte gerade für das Handwerk zu finden.

Bundesweit braucht die Arbeitsagentur derzeit durchschnittlich 83 Tage um eine Stelle für eine Fachkraft neu zu besetzen. Im Landkreis Harburg ist die Situation sogar noch schwieriger. Dort sind es 110 Tage, im benachbarten Kreis Lüneburg 100 Tage bis ein neuer Mitarbeiter gefunden ist.

Der Engpass bei den Fachkräften betrifft dabei auch die handwerklichen Berufe. So dauert es im Landkreis Harburg 103 Tage bis ein neuer Mitarbeiter antritt, im Metallbau sind es gar 159 Tage. Auch bei Michael Gross wurde die Notlage deutlich. Er konnte aus einem Stapel von Jobangeboten wählen.

Arbeitsagentur bietet kostenlose Weiterbildungen und Umschulungen

Die Arbeitsagentur zieht neben der herkömmlichen Vermittlung nun weitere Register. „Mit Weiterbildungen und Umschulungen versuchen wir gezielt Perspektiven für Arbeitslose zu eröffnen“, sagt Bernd Passier, der Chef der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen, zu der der Landkreis Harburg zählt. „Neben den bewährten Eingliederungszuschüssen können wir auch Unternehmen finanziell unterstützen, die ihre Mitarbeiter qualifizieren und so eigene Fachkräfte heranziehen“, ergänzt Marc Bleimeister, Teamleiter bei den Geschäftsstellen der Agentur in Buchholz und Winsen.

Bebatherm-Chef Baaske, der sich nach einer Karriere in der Branche 2008 selbstständig machte, hat ebenfalls Bedarf an weiteren Mitarbeitern. Derzeit beschäftigt der Industrie- und Metallbau-Meister sieben Werker. Er könnte sich aber vorstellen, seine Belegschaft auf bis zu zehn Festangestellte auszuweiten.

„Wir suchen Tischler und andere Handwerker, auch Quereinsteiger“, sagt Baaske. „Bewerber müssen gut zupacken können, denn es handelt sich auf dem Bau oftmals um schwere Arbeit.“ Dafür bietet er eine gute Auftragslage und sichere Jobs. Seit er sich selbstständig machte, ist der Umsatz seiner Firma stets gestiegen. „Wir werden wohl in diesem Jahr beim Erlös erstmals die Marke von einer Million Euro übertreffen“, ist der Bebatherm-Chef überzeugt.

Die Nachfrage nach Fachkräften von Firmenchefs wie Baaske haben die Arbeitslosenzahlen im Landkreis Harburg im September weiter sinken lassen. „Verantwortlich ist aber auch der zu dieser Jahreszeit übliche Herbstaufschwung“, sagt Agenturchef Passier. In beiden Geschäftsstellen im Landkreis, in Winsen und in Buchholz ging die Zahl der Menschen ohne Job weiter zurück.

Arbeitslosenquote sinkt im Landkreis Harburg auf 4,2 Prozent

In Buchholz lag die Quote für September bei 4,1 Prozent nachdem es im August 4,3 Prozent waren. In Winsen sank die Quote von 4,5 auf 4,4 Prozent. Insgesamt wurden im vergangenen Monat noch 5634 Arbeitslose gezählt – 183 weniger als noch im August. Insgesamt sank die Quote für den Landkreis von 4,4 auf 4,2 Prozent.

Ob diese Tendenz im normalerweise beschäftigungsstarken Monat Oktober anhält, ist offen. Das wird vor allem davon abhängen, wann sich die Flüchtlingszahlen auf die Arbeitslosenzahlen auswirken werden. Im November dürfte es auch saisonal eine Wende geben.