Wilhelmsburg. Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg fordert drei zusätzliche Stellen für die drei Häuser der Jugend auf den Elbinseln. Mitarbeiter haben völlig neue Aufgaben.
Die drei städtischen Jugendhäuser auf den Elbinseln müssen mit so wenig Personal auskommen, dass die Mitarbeiter teilweise ihre Belastbarkeitsgrenze überschreiten. Während die drei Häuser der Jugend in Wilhelmsburg, Kirchdorf und Veddel früher mit sechs bis acht Stellen ausgestattet gewesen waren, seien es heute nur noch vier Stellen, sagte Michaela Mosteller vom Bezirksamt Hamburg-Mitte am Mittwochabend im Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg
Und dazu sei längst nicht garantiert, dass diese Stellen auch tatsächlich stets besetzt seien. Denn Mitarbeiter fielen wegen Krankheit und Langzeitfreistellungen aus, so die Referentin aus dem Fachamt für Sozialraummanagement.
Der Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg fordert deshalb die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte einstimmig auf, sich dafür einzusetzen, die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter an den drei Jugendhäusern auf den Elbinseln zu erhöhen.
Konkret fordert der Beirat mindestens drei zusätzliche Stellen. Angesichts der stark wachsenden Zahl jugendlicher Flüchtlinge müsse das ohnehin kurz gehaltene Personal endlich aufgestockt werden, argumentiert das Bürgerbeteiligungsgremium.
Tatsächlich ist Wilhelmsburg ein besonders „junger“ Stadtteil. Laut der neuesten, vom Bezirk Hamburg-Mitte herausgegebenen Sozialraumbeschreibung ist der Anteil der unter 18-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Wilhelmsburg höher als im übrigen Hamburg.
Während 15,67 Prozent der Einwohner Hamburgs unter 18 Jahre alt sind, sind es in Wilhelmsburg 21,01 Prozent. Mehr als 10.700 junge Leute unter 18 Jahren leben in Wilhelmsburg, davon hat jeder fünfte einen ausländischen Pass.
Zusätzlich fordert der Stadtteilbeirat insgesamt 50.000 Euro, mit denen die drei Jugendhäuser auf den Elbinseln besondere Aktionen finanzieren können. Die Art der Aktionen hat der Beirat nicht näher beschrieben.
650 junge Leute besuchen regelmäßig das Haus der Jugend Wilhelmsburg am Rotenhäuser Damm, das an sechs Tagen in der Woche von 8 bis 20 Uhr geöffnet hat. Das Aufgabenbild der Sozialpädagogen hat sich stark verändert.
Während sich die Mitarbeiter früher um Angebote wie Disco-Abende, Fußball oder Tischtennis gekümmert hätte, seien sie heute mit gezielten Angeboten für sozial benachteiligte junge Leute beschäftigt, berichtet der Leiter des Jugendhauses, Uli Gomolzig. Sozialtrainings, Übungen zu Bewerbungen, Krisenintervention, die Begleitung zu Ämtern und Dienststellen – das bestimmt heute den Alltag der Sozialpädagogen.
Eine neue Gruppe Besucher gibt es auch: Jeden Tag kämen 25 Flüchtlinge aus der Unterkunft Dratelnstraße in das Haus der Jugend, immer mittags zum Fitnesstraining.
Uli Gomolzig, im früheren Wilhelmsburger Ortsteil Neuhof aufgewachsen, leitet das Haus der Jugend am Rotenhäuser Damm seit 1989. Er kennt noch die Zeit, als das Jugendhaus mit acht Stellen gesegnet war. Heute müssen vier Stellen reichen. Ohne die 25 ehrenamtlichen Helfer würde vermutlich nichts mehr laufen.
„Die Mitarbeiter tun mehr als sie bezahlt bekommen“, sagt Uli Gomolzig. „Das führt manchmal dazu, dass man Raubbau am Körper betreibt und sich übernimmt“, sagt er. Trotzdem mache er den Job gerne. Ihn mache glücklich, wenn Kinder etwas schaffen, was sie sich vorher nie zugetraut hätten.
Sozialpädagogen sind nicht der Typ Mensch, der Feierabend macht, wenn ein Jugendlicher Hilfe sucht oder verzweifelt wirkt. Der Leiter des Hauses der Jugend Kirchdorf ist so einer. Arne Bens ist gerade aus einem halben Jahr Auszeit zurück. „Ich war ausgebrannt. Meinen Kollegen geht es größtenteils nicht anders“, berichtet er offen im Beirat.
Uli Gomolzig ist besorgt, dass die Häuser der Jugend mit der Personalausstattung den Standard ihrer Angebote und die Öffnungszeiten auf Dauer nicht mehr werden einhalten können. Das wäre eine Schande für die Stadt Hamburg, findet Jutta Kodrzynski: „Wer sich für die Olympischen Spiele bewirbt und die Jugend der Welt einlädt, sollte sich erstmal um die eigene Jugend kümmern.“