Neu Wulmstorf. Der Neu Wulmstorfer „Dorfkrug“-Betreiber und Unternehmer Thomas Hauschild will massiv in die ökologische Landwirtschaft investieren.
Es gibt viele Menschen, die sich wünschen, ihren Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten. Aber es gibt nur wenige, die Visionen haben. Und dazu Mut und Mittel, sie tatsächlich umzusetzen. Thomas Hauschild ist ein Träumer und ein Macher. Romantiker und Manager in einer Person. Sein ehrgeiziges Ziel: Ein Gegenentwurf zu industrieller Agrarwirtschaft und Massentierhaltung. Am Rande seines Heimatortes Neu Wulmstorf entsteht zurzeit ein landwirtschaftlicher Betrieb, der Tradition und Innovation verbinden soll.
Er ist mit Landwirtschaft und Gastronomie aufgewachsen
Um zu verstehen, was Thomas Hauschild antreibt, muss man seine Vita kennen. Er ist mit Landwirtschaft und Gastronomie aufgewachsen. Zu den schönsten Kindheitserinnerungen des heute 50-Jährigen gehören Treckerfahrten durch die Wiesen der Elbmarsch und die Besuche im kleinen heimischen Kuhstall direkt neben dem väterlichen Lokal „Zum Dorfkrug“. Thomas lernt Koch, übernimmt den Familienbetrieb. Mit Talent, Einsatz- und Experimentierfreude wandelt er das Lokal von der Dorfgaststätte zum Feinschmecker-Restaurant. Seine Salatsauce schmeckt den Gästen so gut, dass sie sich einen kleinen Vorrat mitnehmen wollen. Und weil Thomas Hauschild nicht nur ein begnadeter Koch, sondern auch ein guter Geschäftsmann ist, beginnt er, seine „Sylter Salatfrische“ für den Außer-Haus-Verkauf zu produzieren, zunächst per Hand in einem Küchenraum des „Dorfkrugs“. Seit 2007 läuft die Produktion von Salatsaucen, Grütze und Pudding voll automatisiert im Neu Wulmstorfer Gewerbegebiet.
„Die Industriehalle ist mein Stolz. Der Landhof ist meine Sehnsucht“, sagt Thomas Hauschild. Jeden Abend fährt er zur Entspannung hier her auf die Geest und beobachtet seine Tiere. Am Rand eines lichten Wäldchens durchwühlen gefleckte Schweine die Erde. Bunte Bentheimer, deren Vorfahren aus der Grafschaft Bentheim und dem Emsland stammen. Auf sattgrüner Weide grast eine Herde Kühe. Angler Rotvieh, benannt nach dem Ursprungszuchtgebiet Angeln in Schleswig-Holstein. Beides sind alte Rassen: Gesund, robust und langlebig. Die rotbraunen Kühe geben zwar weniger Milch als die auf Hochleistung gezüchteten Schwarzbunten. Aber dafür soll sie besonders reich an ungesättigten Fettsäuren sein.
Eigene Herde von weißen Charolais-Rindern liefert Fleisch für den Dorfkrug
Das Angler Rotvieh ist bereits tragend. Innerhalb der nächsten drei Wochen wird mit den ersten Kälbchen gerechnet Martina Berliner Martina Berliner
Die besten Zutaten sind gerade gut genug für Dorfkrug-Produkte, findet Thomas Hauschild. Pudding und Vanillesauce soll mittelfristig mit Angler-Milch hergestellt werden. Dass die teurer ist als herkömmliche und damit Hauschilds Gewinnspanne kleiner wird, nimmt er in Kauf. „Jedes Gericht schmeckt nur so gut wie das, was drin ist. Da kann man noch so gut kochen“, weiß er. Seine Überzeugung gebietet ihm die Konzentration auf ausgesuchte Rassen. Seit einiger Zeit schon liefert eine eigene Herde von weißen Charolais-Rindern Fleisch für den „Dorfkrug“. Künftig wird man im Neu Wulmstorfer Restaurant auch Fleisch von Texas-Longhorns essen können. Thomas Hauschild wird einige der seltenen Langhörner aus Kanada importieren lassen.
Artgerechte Haltung ist ihm eine Herzensangelegenheit. Die Schweine suchen sich einen Teil ihres Futters selbst: Eicheln aus dem Wald, Würmer oder Larven. Gefüttert wird im Moment mit Äpfeln, Brot und Müsli. Später wird der gezielte Anbau von Futterpflanzen wie Topinambur und die Früchte von 100 bereits gepflanzten Obstbäumen dafür sorgen, dass auf den Weideflächen gesunde Nahrung zu finden ist.
Die Zahl der braunen Rinder wird sich zunächst verdoppeln
Zu den Schweinen werden sich bald genügsame und robuste Vorwerk-Hühner gesellen, damit beide Tierarten eine Symbiose bilden. Die Vierbeiner schützen das Federvieh vor Raubvogelattacken. Die Hühner halten den Schweinen Parasiten vom Leib. Das Leben der Neu Wulmstorfer Bunten Bentheimer ist angenehm und wird vergleichsweise lang sein. Erst im Alter von 14 oder 15 Monaten sollen sie geschlachtet und zu Koteletts und Sauce Bolognese verarbeitet werden.
Eine zweite Schweine-Herde wird dazu kommen. Aber zunächst wird sich die Zahl der braunen Rinder verdoppeln. Weil zur Herde auch ein Bulle gehört, sind die Kühe trächtig. Die Kälber werden in wenigen Wochen geboren. Diese erste Generation darf bei ihren Müttern auf der Weide groß werden. Thomas Hauschild verzichtet vorerst darauf, die Milch für eigene Zwecke zu nutzen und setzt lieber auf Nachhaltigkeit. Für die Zukunft ist die Anschaffung einer frei zugänglichen Melkstation geplant. „Jede Kuh kann dann selbst entscheiden, wann sie ihr Euter erleichtern möchte. Ich bin sehr gespannt, ob unsere Kühe diese Form der Haltung annehmen werden.“
„Der Hof ist eine hohe Investition. Die Gesamtsumme ist kaum abzuschätzen“
Wenn alles klappt, möchte er mit regional ansässigen Landwirten zusammenarbeiten, die seine Vorstellungen von verantwortungsvollem Umgang mit der Natur und die Achtung vor der Kreatur teilen. „Denjenigen, die bereit sind, Milch nach dem Vorbild des Landhofs herzustellen, würde ich einen langfristigen Abnahmevertrag anbieten.“ Schließlich könne er die für seine Fabrik benötigte Menge allein niemals herstellen. „Dann wären wir ja wieder bei industrieller Landwirtschaft.“
Thomas Hauschild ist klar, dass er sich auf ein Experiment einlässt. „Der Hof ist eine hohe Investition in die Zukunft. Die Gesamtsumme ist noch kaum abzuschätzen.“ Er glaubt fest an das Projekt und ist auch bereit, sich dafür zu verschulden. Einen großen Teil der von ihm bewirtschafteten 100 Hektar Land hat er bereits gekauft. Zu seinem Besitz gehört auch das ehemalige Gelände eines Betonwerks am südlichen Ortseingang Neu Wulmstorfs. Noch ist hier nichts weiter als Sand und rissige Zementflächen zu entdecken, aber der Visionär sieht schon viel mehr. An der Straße möchte er einen Hofladen errichten, wo Gäste Fleisch, Backwaren und Dorfkrug-Produkte erwerben und Einblick in die Entstehung verschiedener Nahrungsmittel nehmen können. Eine kleine Schlachterei, Gastronomie...
Hauschild scharrt gewissermaßen mit den Hufen wie ein Rennpferd
Thomas Hauschild hat so viele Ideen und möchte schnell mit der Umsetzung beginnen. Er scharrt gewissermaßen mit den Hufen wie ein Rennpferd. Aber der Startschuss ist noch nicht gefallen. Er kann nicht vorpreschen, weil noch Genehmigungen fehlen. Auch jene für die Realisierung seines Traums. Hoch über Neu Wulmstorf kann man vom Rand des Geesthangs aus über das Elbtal bis Blankenese schauen. Genau an dieser Stelle möchte er bauen. Das Domizil direkt neben dem „Dorfkrug“ wird für seine Familie zu eng. Vor allem fehlt es dort an Weitblick. Und Hauschild braucht nun mal neue Perspektiven.