Helge Adolphsen ist emeretierter Pastor. Heute schreibt er über Popmusik und Kirche. Schließlich war auch Luther Popularmusiker...
Jan Kessler ist ein Begeisterter. Und er schwärmt nicht nur für die Popmusik, er macht sie. Ich treffe ihn in seinem Büro neben der evangelischen Corneliuskirche. Seine musikalischen Anfänge liegen in der Thomaskirchengemeinde Hausbruch. In der dortigen Jugendarbeit, die inzwischen mit den Nachbargemeinden Cornelius und Fischbek Hervorragendes leistet. Jörg Lenke, der langjährige Diakon, leitete Jan Kessler an, Gitarre zu spielen. Vier Jahre später gründete der seine erste Band. Die Pop-Musik hat ihn gepackt. Der großgewachsene Mann ist zielstrebig. Er absolvierte den C-Kurs für Popularmusik. Ich habe ihn am Hamburger Michel kennen und schätzen gelernt. 1999 gründete er dort mit der Diakonin eine Band mit dem klingenden Namen „Trinity“ – Trinität. Sie begeisterten die Konfirmanden. Kessler unterrichtete sie im Singen. Dem ersten Auftritt der Band in den abendlichen Gottesdiensten für Jugendliche folgten viele weitere. Er verstand es, die „Konfis“ an den Chor und die Kirche zu binden. Und keine Konfirmation ohne „Trinity“!
Nun ist Kessler in den Süderelberaum zurückgekehrt. In der Corneliusgemeinde hat er seit Anfang dieses Jahres eine Teilzeitstelle. Mehr will er nicht. Denn er ist auch Toningenieur und leitet ein Studio in Lurup. Außerdem hat er mit dem bekannten Saxophonisten und Klarinettisten Reiner Regel das Trio „Sacre Fleur“ gegründet. Die Gruppe verbindet Altes und Neues miteinander. Sie gibt auch traditionellen Chorälen eine neue Gestalt, soulig und meditativ. Inzwischen hat das Trio 3 CDs herausgebracht. „Wir haben auch Luthers Lied ‚Ein feste Burg‘ herausgebracht. Schließlich war Luther auch Popularmusiker mit seiner Laute, textete und komponierte selbst Lieder. Es war sein großes Verdienst, aus der Kirche des Wortes eine singende Kirche zu machen. Obwohl er keine Pop-Musik studiert hat wie ich und nicht die große B-Prüfung aufzuweisen hat.“ Der Musiker und Techniker ist vielseitig. Er schätzt auch die klassische Kirchenmusik. Von einem Gegensatz zwischen ihr und der Popularmusik will er nichts wissen. Für ihn gibt es nur gute und schlechte Musik.
Wie die Gospels zieht die Popularmusik immer mehr Menschen an, vor allem Jugendliche
Im Januar hat er ganz schnell einen Chor aufgebaut. Er konnte sich kaum retten vor dem Ansturm von Sängerinnen und Sängern. Heute sind es 80 Sänger zwischen 12 und 80! Der Anfang ist beeindruckend. Er veranstaltete einen Probentag. Am nächsten Morgen dann gleich der erste Auftritt im Gottesdienst. Daraus entwickelte sich ein beachtliches Konzept. Jeden 1. Sonntag im Monat findet ein besonderer Gottesdienst mit dem Titel „Impuls“ statt. Der Chor singt einfache Sätze, ohne Noten in der Hand. Die Gemeinde wird sofort einbezogen und singt mit. Das Ziel ist, Freude am Singen zu wecken. Dass das alles so gut läuft, ohne Reibungsverluste und mit der Lust am Experimentieren, liegt an der erfreulichen Zusammenarbeit mit Pastor Gerhard Janke und allen Mitarbeitenden. Kessler ist begeistert: „Meine Frau und ich sowie unser kleiner Sohn fühlen uns hier sehr wohl. Wir wohnen hier. Das ist unser Landsitz. Die Stadtwohnung ist in Eimsbüttel. So habe ich es näher bis zum Tonstudio.“
Kessler engagiert sich auch in den Gremien der Nordkirche für seine Musik. Wie die Gospels zieht die Popularmusik immer mehr Menschen an, vor allem Jugendliche. Die lassen sich dafür begeistern, sind Feuer und Flamme. Und Jugendliche, die sich für Musik begeistern lassen, haben einen großen Schatz für ihr ganzes Leben: Es gibt nicht nur ihrer Freizeit einen Sinn, es macht sie auch sensibler im Umgang mit anderen- Musik verbindet.
Seine Frau Stephanie hat er am Michel kennengelernt. Sie spielt da immer noch Posaune. Im Ostergottesdienst hat sie in der Corneliuskirche zu dem Osterchoral „Christ ist erstanden“ die Posaune gespielt. Natürlich nicht in der traditionellen Form mit Orgelbegleitung, sondern im Stil des Bossa Nova. Sohn Momme hat sich über seine musizierenden Eltern gefreut!
Frau Kessler ist Geographin und wie ihr Mann freiberuflich tätig. Sie hat das Konzept „Stadtrad“ für Hamburg mitentwickelt und will nach der Elternzeit wieder voll einsteigen. Sie engagiert sich besonders bei Umweltprojekten. Die beiden haben sich jetzt ein Lastenfahrrad bestellt. Vorn, gut geschützt, wird Momme sitzen. Die beiden Städter freuen sich, ohne Auto einkaufen zu können. Vor allem aber freuen sie sich, die schöne Umgebung von Neugraben-Fischbek radelnd zu genießen.
Das sollte man vielleicht nicht zu laut sagen; sonst kommen sie alle hierher, wie mein Freund warnt.