Harburg. Das Thema der Flüchtlingsunterkünfte polarisiert. Opposition wirft SPD und CDU bei Bezirksversammlung Populismus und Aktionismus vor.

Wie sehr das Thema der Flüchtlingsunterkünfte im Bezirk polarisiert, war am Dienstagabend auch bei der letzten Sitzung der Bezirksversammlung (BV) vor der Sommerpause zu spüren. Ausgerechnet bei der von SPD und CDU eingebrachten Resolution zum Schwarzenberg flogen die Fetzen, von Einigkeit im Parlament keine Spur.

Harburg trage mit 1540 von insgesamt 4900 Plätzen die Hauptlast

Es sei festzuhalten, dass in Hamburg ein überzeugendes inhaltliches und regionalen Besonderheiten Rechnung tragendes Unterbringungskonzept für die Zentrale Erstaufnahme und die Öffentlich-Rechtliche Unterbringung weiterhin fehle, haben die Architekten besagter Resolution formuliert. Bislang hätten Bezirksversammlung, Bezirksverwaltung und die Bürger selbst die schwierige Situation „solidarisch mitgetragen“. Nun aber erwarte die Bezirksversammlung, „dass der Senat das Vertrauen der Bevölkerung in seine Zusagen nicht weiter beeinträchtigt, die Verlässlichkeit seines Handelns wieder herstellt und die ZEA auf dem Schwarzenbergplatz unverzüglich aufgibt und den Platz den Harburgern zurückgibt.“

Treiber der Resolution war nach Abendblatt-Informationen die CDU. Die Zukunft des Schwarzenberg-Plateaus hatte Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer bereits in der Mai-Sitzung der BV zum Thema gemacht. Und die Resolution schon mal avisierte, sollte sich der Senat dazu nicht umgehend substanziell äußern. Harburg trage mit 1540 von insgesamt 4900 Plätzen in den Zentralen Erstaufnahmen Hamburgs die Hauptlast, das könne nicht länger hingenommen werden. Am vergangenen Wochenende hatte die Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver nachgelegt und gemahnt, der Bezirk dürfe sein Profil „als Messestandort für die heimische Wirtschaft“ nicht verlieren.

Bereits Anfang April hätte der Schwarzenbergplatz wieder geräumt sein sollen

Den letzten Ausschlag für die Resolution gab schließlich ein Treffen aller Harburger Fraktionschefs mit dem Staatsrat der Harburger Innenbehörde Volker Schiek. Der soll dem Vernehmen nach mitgeteilt haben, das Camp der Zentralen Erstaufnahme für mehr als 700 Flüchtlinge solle aufgelöst und auf zwei andere Standorte verteilt werden. Was er allerdings nicht sagte, wann und vor allem wohin diese Verlagerung stattfinden soll. Dafür gestand er aber unumwunden ein, das voreilige Nennen von Daten sei „ein großer Fehler“ gewesen.

Bereits Anfang April hätte der Schwarzenbergplatz ursprünglich wieder geräumt sein sollen. Dann war von Ende September die Rede. Doch auch diese Prognose ist längst nicht mehr haltbar. Dieser Umstand hat offenbar die SPD bewogen, der Resolution beizutreten. „Wir haben durch die Nichteinhaltung von gemachten Zusagen ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem, das ist nicht länger hinnehmbar“, begründete SPD-Fraktionschef.

Zumal die beiden Flächen noch nicht gefunden seien. Vom Bezirk vorgeschlagen wurde das ehemalige „LSGB-Brückenlager“ am Sinstorfer Kirchweg, eine Fläche am Falkenbergsweg, ein Grundstück südlich der Winsener Straße 233 sowie eine Liegenschaft am Leuchtkäferweg (Schule Sinstorfer Weg). So steht es einer Vorlage der Verwaltung.

Opposition lief derweil Sturm gegen die Resolution

Wie denn die GroKo angesichts der aktuellen Flüchtlingszahlen gerade jetzt ernsthaft einen Abbau der ZEA-Dependance auf dem Schwarzenberg fordern könne, fragte die Fraktionschefin der Grünen, Britta Herrmann, und wünschte der SPD bei der Gelegenheit gleich mal „ihr soziales Gewissen zurück“.

Von „sofort“ könne ja gar keine Rede sein, konterte Anwalt Ralf-Dieter Fischer, unverzüglich bedeute ja lediglich „ohne schuldhafte Verzögerung“. Das allerdings würden so nur Juristen verstehen, monierte selbst SPD-Vize Claudia Loss. Und blieb der Abstimmung über die Resolution demonstrativ fern. Sie finde diese zwar „prinzipiell richtig, aber falsch formuliert“.

„Mehr Populismus geht nicht, und das auch noch auf dem Rücken der Flüchtlinge“, geißelte Sahbattin Aras von den Linken das Schriftstück. Der FDP-Abgeordnete Carsten Schuster sprach von einem „Schnellschuss der GroKo ohne Substanz“. Während sie monatelange alle Anträge der Opposition zum Thema abgeschmettert hätte, würden sich SPD & CDU nun „als Retter der längst verlorenen Glaubwürdigkeit“ aufschwingen: „Das ist purer Aktionismus, statt klarer Kante“.