Winsen. Inklusion? Nur am Vormittag. Im Landkreis fehlt es an Nachmittagsbetreuung für Grundschüler, Kinder mit Handicap werden gar nicht betreut.
Was die Betreuung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr angeht, sind die Kommunen im Landkreis Harburg auf einem guten Weg. Bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am vergangenen Dienstag im Kreishaus in Winsen wurde die 12. Fortschreibung des Kindergartenbedarfsplans noch einmal vorgestellt und am Ende von den Ausschussmitgliedern verabschiedet. Dabei wurde aber auch noch einmal deutlich, dass die gesetzlich garantierte Betreuungsmöglichkeit für Kita- und Kindergartenkinder in den einzelnen Gemeinden noch nicht überall vollständig gewährleistet ist.
Probleme bei der Betreuung von Schulkindern zwischen sechs und zwölf Jahren
So fehlen beispielsweise in der Samtgemeinde Jesteburg aktuell 30 Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren, jeweils 15 Plätze sind es in den Samtgemeinden Elbmarsch und Tostedt, fünf fehlen in der Samtgemeinde Hanstedt. Diese Kommunen bauen alle zurzeit ihre Angebote aus und können in naher Zukunft die Wartelisten abarbeiten. Ebenfalls im Bedarfsplan deutlich wurde, dass es noch Nachholbedarf beim Ausbau der Kindergartenplätze gibt. Allein in Winsen stehen 264 Kinder auf den Wartelisten, in Neu Wulmstorf sind es 52 und auch in der Samtgemeinde Salzhausen gibt es großen Bedarf, hier warten 48 Kinder.
Die größten Schwierigkeiten liegen im Landkreis bei der Betreuung von Schulkindern zwischen sechs und zwölf Jahren. Pädagogische Mittagstische, Horte und auch Ganztagsschulangebote bieten in den meisten Fällen den Eltern die Möglichkeit, ihr Kind versorgt und betreut zu wissen. Allerdings gibt es an vielen Grundschulen eine Betreuung am Nachmittag nicht an allen Tagen, für Eltern ist dies problematisch, wenn Mutter und Vater voll arbeiten. Wie sich genau in den einzelnen Kommunen die Betreuung der Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr darstellt, welche Einrichtungen sich in diesem Bereich engagieren und welche Angebote sie machen, das fragt der Landkreis während der Sommerpause in den Gemeinden ab. Im September bei der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses werden die Mitglieder über die aktuelle Situation informiert werden.
Finanzierung über einen eingetragenen Verein in Buchholz
In die neue Sichtung von Nachfrage und Angebot soll dann erstmals auch der Bedarf an Betreuung für Kinder mit Behinderung einfließen. Horst Reddig, Vorsitzender des Kreisbehindertenbeirats hatte dazu im Ausschuss einen Antrag gestellt. Er erläuterte darin, dass beispielsweise die Stadt Buchholz eine Betreuung von Grundschülern durch einen eingetragenen Verein finanziert. Die Eltern zahlen pro Tag einen Euro dazu. Allerdings kann der Verein die inklusive Nachmittagsbetreuung von Kindern mit Behinderung nicht gewährleisten. Dies hat viele Gründe: Zum einen gibt es kein qualifiziertes Personal. Weiterhin sind die baulichen Gegebenheiten nicht ausreichend. Und auch ein Betreuungskonzept, das speziell auf die Bedürfnisse dieser Kinder zugeschnitten ist, ist ebenfalls nicht vorhanden.
Fehlende Alternativen für Kinder mit Behinderungen
Auch an Alternativen mangelt es, so stehen weder qualifizierte Tagespflegemütter für Kinder mit Behinderungen zur Verfügung und auch die Horte haben zum einen keine freien Plätze und zum anderen keine konzeptionelle Ausrichtung in diesem Bereich. Der Kreisbehindertenbeirat sieht in der nicht vorhandenen Nachmittagsbetreuung eine eindeutige Diskriminierung von Kindern mit Handicap und ihrer Eltern. Dieser Einschätzung konnten auch die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses folgen, sie stimmten dafür, auch über diese Gruppe genauere Daten aus den Gemeinden abzufragen, um einen konkreten Betreuungsbedarfsplan zu erstellen. Auch er soll im September bei den nächsten Sitzung vorgelegt werden.