Harburg. Sie sind Harburger Urgesteine: Die Delta Doppelkorn Bluesband zelebriert heute Abend ihr Jubiläum in Marias Ballroom.
Piratenlook, schwarze Sonnenbrille und verwegene Rauschebärte: Die Musiker der Delta Doppelkorn Bluesband sehen zwar mächtig gefährlich aus – aber keine Angst: Die wollen nur spielen! Seit 30 Jahren stehen die Jungs mit dem Blues im Blut inzwischen auf der Bühne. Heute Abend geben die Harburger Legenden in Marias Ballroom ein krachendes Jubiläumskonzert.
Sie sind sozusagen die musikalischen Urgesteine Harburgs, wobei ihre wahren Wurzeln eigentlich neben Rönneburg auch in Meckelfeld liegen. Dort trafen sich Ende der 70-er Jahre Tommy Haupt, Jens Bergeest und Rüdiger Parteike regelmäßig im Jugendzentrum. Die Jungs hatten Spaß an Musik und klimperten immer mal wieder mit anderen Jugendlichen auf der Gitarre, an Bass und Schlagzeug. „Wenn am Pulvermühlenteich im Sommer was los war, haben sie immer auch Mucke gemacht“, erzählt Lars Hansen, der erst drei Jahre später dazu stieß und die ganz frühen Geschichten nur aus Erzählungen kennt.
Die Jugendzentren und Kneipen waren damals ihre Auftrittsorte
Dann brannte das JUZ in Meckelfeld ab und die drei Jungs verlegten ihre musikalischen Meetings in die elterlichen Keller und Schuppen. Die Jugendzentren und Kneipen waren damals ihre Auftrittsorte: „Wir waren Teil der großen Harburger Musikszene“, berichtet Lars Hansen. Nach einigem Hin und Her stießen dann 1985 Schlagzeuger Piet Becker und Mundharmonikaspieler Minky Abraham dazu. Als Sänger stand ein gewisser Burkhart am Mikrofon. Offiziell gegründet hat sich die Bluesband auf der Veddel im Keller der „Elbdeich-Studios“, die Bernie Westermann, der bei der Deutschpopband „Clowns und Helden“ an den Keyboards stand, frisch gegründet hatte.
Fortan standen sie als „Doppelkorn Delta Bluesband“ auf der Bühne und spielten Blues, so rau und erdig wie ihr Heimatstadtteil. „Der Name ist eine Verbeugung an die berühmtesten Versacker-Locations in Harburg damals: Das Consortium, die Stumpfe Ecke und die Rote Mühle, das heutige Old Dubliner“, erklärt Hansen die Namensfindung. Weil die Aussprache, vor allem in nicht mehr ganz nüchternem Kopf so holperig war, tauschten die Jungs irgendwann die Worte durch und stellten das Delta vor den Doppelkorn. Ihr allererster offizieller Live-Auftritt fand bei einer Hochzeit statt – eine Erinnerung, bei der Gitarrist Jens noch heute am liebsten im Erdboden versinken würde – so schlecht fand er die eigene Performance. Ganz anders die Hochzeitsgäste, die die Band frenetisch bejubelten: „Naja, das waren Freunde, da ist man schon mal großzügiger“, grinst Hansen.
Kleine Locations sind der Band immer noch am liebsten
Der ominöse Sänger Burkhart stieg unterdessen schon früh aus: Er war einem spirituellen Ruf gefolgt. Ein Freund sprach Hansen an und so ging er in den Übungsraum, der im alten Güterbahnhof im Harburger Binnenhafen lag, zum Vorsingen: „Draußen rumpelten die Lkw bei der Güterverladung und drinnen rumpelten wir“, sagt Hansen. Seine Stimme hatte den richtigen Touch, Nach der Probe war klar: Das passt. Seitdem mimt Hansen - im Hauptberuf Journalist und Autor unter anderem für das Abendblatt - den Frontmann und musikalischen Berserker auf der Bühne. Doch auch der hat mal ganz klein angefangen. „Das war beim Gospelsingen auf der Konferfahrt nach Österreich“, gibt es freimütig zu. Später sang er im Marmstorfer Kirchenchor klassisches Liedgut, bis ihn die Pubertät erwischte und er Punk und Neue Deutsche Welle entdeckte.
Mit der Doppelkorn Bluesband trat er zum ersten Mal im Freizeitzentrum in der Nöledekestraße auf. „Ein Typ in Badelatschen und Trainingsanzug schrie immer, dass wir anfangen sollten, er habe schließlich fünf Mark Eintritt gezahlt“, weiß er noch. Die Stimmung war an diesem Abend angespannt. Im Publikum entwickelte sich eine Schlägerei. Deshalb musste die Band ihr Konzert frühzeitig beenden.
Auch wenn es damals nicht so gut lief, die kleinen Locations, „so zwischen 80 und 200 Leute“, sind den Musikern immer noch am liebsten. „Da hat man einen Draht zum Publikum und kann sehen, ob die Leute mitgehen“, sagt Hansen. Acht bis zehn Auftritte haben sie im Jahr, alle machen immer noch Musik aus Spaß und Freude, leben kann davon keiner. Als kleine Band mit viel Lokalcharme kommen sie auch schon mal aus Harburg raus. In besonderer Erinnerung geblieben sind die Auftritte bei kleinen Festivals auf Fehmarn und „an einem sehr schönen Sommerabend in einer Schlossruine in Amöneburg in Hessen“. Natürlich gab es auch die eine oder andere Katastrophe. In einem Laden auf dem Kiez wollte der Wirt keine Gage zahlen, „unsere Bierrechnung war angeblich höher. Wir haben dann zur Strafe die Kabeltrommel mitgenommen“, grinst Hansen.
„Wenn wir gespielt haben, war der Laden immer rammelvoll“, sagt Hansen
Schlimmer war da der Ausstieg des ehemaligen Schlagzeugers – mitten im Konzert in einer Scheune in Bleckede. „Das war so wie im Flugzeug, wenn die Stewardess fragt, ob zufälligerweise ein Pilot an Bord ist. Ich hab das Publikum gefragt, ob ein Drummer im Saal ist. Tatsächlich: Es gab einen, der dann eingesprungen ist, dabei war der klassischer Pianist“, erinnert sich Hansen. Harburg ist immer die musikalische Heimat der Band geblieben, am liebsten trat sie im inzwischen geschlossenen Consortium in der Neuen Straße auf. „Das war unser Wohnzimmer. Wenn wir gespielt haben, war der Laden immer rammelvoll.“ Heute sind sie zwar privat etwas ruhiger geworden, wenn sie auf der Bühne stehen, geben die Jungs aber immer noch mächtig Gas. Für ein Bandmitglied wird das Jubiläumskonzert heute Abend in Marias Ballroom in der Lassallestraße 11 allerdings das letzte sein. Minky Abraham muss aus gesundheitlichen Gründen aussteigen. Seine Jungs feiern noch mal mit ihm.
Das Konzert in Marias Ballroom, Lasallestraße 11, beginnt um 21 Uhr, der Eintritt kostet acht Euro.