Neugraben . Harburger Projektentwickler wurden offenbar ausgebootet. Jetzt soll die IBA das Projekt übernehmen. Planer Udo Stein droht eine Klage an.
Seit Jahren wird im Bezirk über eine attraktive Wegeverbindung zwischen dem Neubaugebiet NF 65 – besser bekannt als Elbmosaik, aus vermarktungstechnischen Gründen dann aber in Vogelkamp umfirmiert – und dem Ortszentrum Neugraben diskutiert. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem hiesigen Bahnhof zu, der aufgrund seiner Lage gewissermaßen eine Nahtstelle darstellt. Dass eben dort zeitnah ein großer Wurf gelingt, erscheint momentan aussichtsloser denn je.
Bereits 2009 hatte der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) im Nachgang eines städtebaulichen Wettbewerbs das Grundstück nördlich der Bahntrasse dem Harburger Projektentwickler Stein Plan+Werk anhandgegeben. Die Firma sollte dort markante Bauten errichten, die eine Verbindung zum neuen Wohnquartier für rund 3500 Menschen schafft.
Der Entwurf (siehe oben) liegt dem Bezirk seit geraumer Zeit vor. Angegangen wurde die Realisierung aber bis heute nicht. Und das wird nach Lage der Dinge auch nicht mehr passieren. „Seit Jahren warten wir darauf, dass der zuständige LSBG, der Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer, die notwendigen Erschließungsarbeiten beendet. Doch das ist bis heute nicht geschehen“, sagt Udo Stein, Geschäftsführer des Projektentwicklers. Mehr noch: Seines Wissens sollen die finalen Erschließungsmaßnahmen noch nicht einmal ausgeschrieben worden sein.
„Jahrelang hat der Baudezernent Politik und Verwaltung in dem Glauben gelassen, dass die Dinge auf einem guten Weg sind.“
In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 20. April teilte Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner mit, Steins Firma sei die Anhandgabe des Grundstücks entzogen worden. Unter anderem mit der Begründung, der Projektentwickler habe ja gar keinen Investor. Nun werde der Projektentwickler IBA Hamburg das Heft in die Hand nehmen. „Das hat viele Abgeordnete sehr überrascht“, so CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer: „Jahrelang hat der Baudezernent Politik und Verwaltung in dem Glauben gelassen, dass die Dinge auf einem guten Weg sind und alles bestens läuft.“
Wie sich herausstellte, waren zu diesem Zeitpunkt weder Stein selbst, noch der LIG von dem Sinneswandel im Harburger Baudezernat informiert. „Ich war fassungslos, als ich davon auf Umwegen erfuhr“, sagte Stein dem Abendblatt. Der LIG allerdings entsprach „dem Wunsch des Bezirks“ und übertrug die Projektentwicklung der IBA Hamburg.
„Die Behauptung Penners ist falsch“, so Stein, der sich vom Bezirksamt und der IBA ausgebootet fühlt. Es habe immer einen Investor gegeben, auch wenn es nicht immer derselbe gewesen sei. Investoren ließen sich eben nicht immer wieder vertrösten. Stein: „Irgendwann muss es auch mal losgehen. Aber jedes Jahr hieß es nur, die Erschließung sei in zwei Jahren abgeschlossen.“
Was die Lage am Bahnhof Neugraben so kompliziert macht, sind zum einen die bereits bestehenden Bauten, zum anderen die verschiedenen Akteure, die offenbar alle unterschiedliche Interessen verfolgen. Dazu gehören die Bahn, der Hamburger Verkehrsverbund, der Taxiverband und auch Busunternehmen, die nicht zum HVV gehören. Bautechnisch ist der gesamte Komplex auch deshalb problematisch, weil es neuer, barrierefreier Zugänge nicht nur für den Bahnhof selbst bedarf, sondern auch modifizierter Verbindungen zum Parkhaus, zur City, zum BGZ und letztlich zum neuen Wohnquartier Vogelkamp.
für Udo Stein ist das Thema noch lange nicht abgehackt
Deshalb ist es mit einer attraktiven Lösung auf der Nordseite nicht getan. Die hat der IBA Hamburg mit den zwei achtgeschossigen Wohnhäusern und der großen Freitreppe zum Bahnhof dem Vernehmen nach sowieso nicht gefallen. Dass sie es besser kann und in der Lage ist, der „stadtplanerischen Leiche“ neues Leben einzuhauchen, davon ist Frank Richter, Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses, überzeugt. „Sie weiß, wie es geht und sie wird mit dem Ausschuss eng verzahnt sein“, ließ der SPD-Abgeordnete in der Bezirksversammlung jüngst wissen. Der nördliche Vorplatz des Bahnhofs sei als Entree des Neubaugebiets ein „Schlüsselgrundstück für die Entwicklung des gesamten Quartiers“, da dürfe man nichts dem Zufall überlassen.
Für Udo Stein ist das Thema derweil längst noch nicht abgehakt. „Ich behalte mir rechtliche Schritte vor. Die jahrelangen Projektplanungen haben viel Geld gekostet. Allein die Vorbescheidsgebühren beliefen sich auf 15.000 Euro. So lasse ich mit mir nicht umspringen.“