Harburg. 20 Jahre Familienkonzertreihe im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Javier Rubio aus Harburg baut Sound-Effektgeräte selbst.

Was wäre der Gitarrengott Jimi Hendrix ohne seinen unverwechselbaren Sound? Er war der erste, der die Klangeffekte auf seiner Rock-Gitarre bis zum Äußersten trieb. Er verzerrte den Klang, übersteuerte den Verstärker. Rückkoppelungen, Frequenzüberlagerungen waren Teil seines virtuosen Spiels und hoben den Gitarristen zum Star auf der Bühne empor. Heute gehören solche Soundeffekte für einen Gitarristen dazu.

Rubio stellt elektronische Helfer für Gitarristen her – in Handarbeit

Um sie zu bekommen, setzen die Musiker ein Effektgerät, eine Pedale, ein. Sie machen den Sound perfekt. Konzertgänger haben es sicherlich schon einmal gesehen, diesen Tritt auf die Pedale kurz bevor die Gitarre aufheult. „Die meisten Gitarristen nutzen Effekte“, sagt Javier Rubio. Der gebürtige Spanier stellt die kleinen Helfer für Gitarristen in Handarbeit her.

Bei seiner Arbeit kommt es aufs Detail an. Viele kleine Teile bringen den gewissen Sound hervor, den Javier Rubio haben möchte. Wie eine Kette reiht er Kondensatoren und Buchsen in bestimmter Folge auf einer Platine aneinander, um so unterschiedliche Klänge hervorzurufen. Dafür braucht er nur ein kleines Büro, ein einziges Regal, in dem sich das Material stapelt, einen Tisch und seine E-Gitarrre. Eine Platine, an der er den Schaltkreis testet, sieht ein bisschen wie ein Steckkasten für Kinder aus, nur filigraner. Javier Rubio weiß, was er tut. Er hat in Spanien Elektrotechnik studiert.

An einem Tag stellt Rubio drei Pedale her

Der 30-Jährige hat zudem viele Jahre in verschiedenen Rock-Formationen E-Gitarre gespielt. Mit einem Bandkollegen begann er in Spanien, Effektgeräte herzustellen. Seit zwei Jahren lebt er in Hamburg und weitet inzwischen sein Geschäft auf Deutschland aus. Einen Tag braucht er etwa, um drei Pedale herzustellen. Er steckt Kondensatoren und Buchsen auf einem Board hin und her, testet und erfährt so, wie sich der Ton verändert. Wenn es genauso klingt, wie er möchte, folgt die Simulation am Computer. Dann druckt er den Schaltkreis auf eine fotosensible Platine aus, locht und lötet sie, um ein erstes Testgerät zu entwickeln.

Fertiges Produkt: Pedal-Endgerät
Fertiges Produkt: Pedal-Endgerät © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens

Jeder Musikstil lebt von anderen Effekten

Auf dieser Grundlage bestellt er reguläre Platinen und entwickelt in Handarbeit einen Prototypen. „Es dauert bis alles funktioniert wie es soll“, sagt er. Bis er das endgültige Produkt hat, entwickelt er mehrere Prototypen. Störgeräusche sind für Javier Rubio völlig inakzeptabel. Die gilt es herauszufiltern. Schließlich kann sich ein Studiomusiker wie beispielsweise der spanische Gitarrist Manu Herrera, mit dem Javier Rubio schon viele Jahre zusammenarbeitet, ein Rauschen und Zischen auf seinem Album nicht leisten. Für bestimmte Stile braucht es unterschiedliche Effekte. Ein Lied erfordert bissige Töne, ein anderes warme.

Da ist zum Beispiel der Tremolo-Effekt. Er klingt, als würde man immer wieder, den Lautstärkenregler an der Gitarre hoch- und runterdrehen. Ein Sound aus der Surf- und Rockabilly-Zeit der 50er und 60er Jahre und natürlich des Psychedelic-Rock, zu hören bei Riders on the Storm der Doors. Für kurze Zeit ging der Tremolo-Effekt in die Versenkung. Mit dem Grunge entdeckten die Gitarristen die Effekte der 60er Jahre wieder und so bekam der Tremolo auch so etwas wie ein zweites Leben. Heute nutzen ihn GreenDay genauso wie Coldplay.

Er bringt den Sound von Bands wie Queen zurück

Auch einen Kompressor hat Javier Rubio im Repertoire. Er komprimiert die Töne. Der Sound wird verdichtet. Leise angeschlagene Töne werden in der Lautstärke angehoben und laute Töne reduziert. Auch ein typischer Effekt, auf den die Gitarristen setzen: das Delay. Dabei handelt es sich um einen zeitverzögernden Effekt. Der echoähnliche Klang, den das Delay hervorbringt, macht den Sound des Gitarristen The Edge von U 2 erst einmalig.

Manche Pedale von Javier Rubio simulieren den guten alten Gitarrensound klassischer Rockbands, etwa den sägenden Klang, den früher ein bis zum Limit gespielter Verstärker hervorbrachte. Ein solcher Verstärker wird heute nicht mehr verkauft. Das Original koste etwa 4000 Euro, so Javier Rubio. Also hat er diesen Klang mit einem Verzerr-Pedal simuliert und bringt so den Sound von Bands wie Queen zurück. Viele Musiker wissen das zu schätzen. In Spanien ist Javier Rubio auf dem Nischenmarkt eine bekannte Größe. Die spanische Rock- und Popgruppe Amaral setzt zum Beispiel seine Produkte ein. Jetzt dehnt er sein Geschäft auf deutsche Musiker aus.

Der Originalsound liegt Musikern am Herzen

Javier Rubios Pedale unterscheiden sich von vielen anderen schon allein dadurch, dass es analoge sind. „Mit digitalen Pedals lassen sich alle möglichen Sounds simulieren. Der Ton ist aber nicht authentisch“, sagt Javier Rubio. Und wenn es eines gibt, was ein Gitarrist nicht mag, dann nicht authentische Töne. Weil der Originalsound vielen Gitarristen so am Herzen liegt, schicken sie Javier Rubio alte Pedals aus den 60er Jahren sogar zur Reparatur. Am Ende kann der gebürtige Spanier vor allem für eines garantieren: Jedes Pedal, das er herstellt, ist anders.

Schrille Klänge: Sound-Tüftler Javier Rubio

Pedalenbauer Javier Rubio
Pedalenbauer Javier Rubio © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens
Ein Pedalboard mit einer ganzen Auswahl von Effektgeräten für Gitarristen
Ein Pedalboard mit einer ganzen Auswahl von Effektgeräten für Gitarristen © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens
Der gebürtige Spanier bei der Arbeit
Der gebürtige Spanier bei der Arbeit © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens
So sieht ein fertiges Pedal-Endgerät aus
So sieht ein fertiges Pedal-Endgerät aus © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens
Javier Rubio locht das fotosensible Platinum, um ein erstes Testgerät zu entwickeln
Javier Rubio locht das fotosensible Platinum, um ein erstes Testgerät zu entwickeln © HA/Bianca Wilkens | Bianca Wilkens
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