Buchholz . Die Buchholzer Krippe am Kattenberge wird seit drei Wochen voll bestreikt. Jetzt reichts: Mütter und Väter demonstrieren auf Peets Hoff.

Seit drei Wochen ist die Krippe am Kattenberge in Buchholz geschlossen. Die Erzieher haben ihre Arbeit niedergelegt, streiken für mehr Geld und Wertschätzung ihrer Arbeit - und stellen die betroffenen Eltern und Kinder damit vor große Probleme. Denn die wenigsten haben ein soziales Netzwerk vor Ort; die Betreuung ihres Nachwuchses wird zur organisatorischen Zerreißprobe. Und auch die Arbeitgeber zeigen immer weniger Verständnis. Am Sonnabend gingen die Mütter und Väter nun gemeinsam auf die Straße, um ihren Unmut öffentlich kundzutun.

Insa, Michael, Ursula und Joost Siebeneicher hoffen auf ein Ende des Streiks
Insa, Michael, Ursula und Joost Siebeneicher hoffen auf ein Ende des Streiks © Ines van Rahden

Insa und Michael Siebeneicher sind berufstätig. Er arbeitet Vollzeit, sie 30 Stunden pro Woche. Das beide in „Lohn und Brot“ stehen, war Voraussetzung dafür, dass ihr 16 Monate alter Sohn Joost überhaupt einen Platz in der Krippe am Kattenberge bekommen hat. Denn das Betreuungsangebot in der Stadt ist knapp, die Nachfrage hingegen groß. Dass die städtische Einrichtung nun seit drei Wochen voll bestreikt wird, dafür haben die Buchholzer immer weniger Verständnis. „Es trifft doch die Kleinsten. Und die kann man nicht einfach so mit zur Arbeit nehmen“, erzählt Insa Siebeneicher. „Ich hatte Joost einen Tag mit im Büro. Ans arbeiten war da aber nicht zu denken.“ Um Familie und Beruf weiter vereinbaren zu können, verbrachte der kleine Mann die ersten zwei Wochen bei seinen Großeltern - 250 Kilometer weit von Mama und Papa entfernt. Die dritte Woche sprang Oma Ursula Siebeneicher ein, reiste von Paderborn nach Buchholz, um die junge Familie in ihrer Notlage zu unterstützen.

Die Eltern von Jan Anacke kamen von Süddeutschland nach Buchholz, um Betreuung des Nachwuchses zu helfen

Auch die Eltern von Björn Tiemann und Victoria von Rosenstiel-Tiemann halfen aus, machten sich aus Nordrhein-Westfalen und Berlin auf den Weg in den Landkreis Harburg, um sich um das Enkelkind zu kümmern. Die Eltern von Jan Anacker - beide schon über 70 Jahre alt - kamen für die Zeit des Kitastreiks von Süddeutschland nach Buchholz, um Sohn und Schwiegertochter bei der Betreuung des Nachwuchses zu unterstützen. „Aber das kann keine Dauerlösung sein“, betont Anacker. Silke Lenz hingegen nahm ihren eineinhalb Jahre alten Sohn zwei Wochen lang mit in den Unterricht. „Die Schulleitung der BBS hat toll reagiert“, sagt die junge Lehrerin. „Aber das war trotzdem für alle eine ziemlich anstrengende Zeit.“ Seit dieser Woche nutzt sie nun die Notbetreuung, die von der Stadt Buchholz kurzfristig eingerichtet wurde. Doch es gibt nur 15 Plätze; und die Kinder müssen sich in der Gruppe auf neue Betreuer einlassen.

„Als ich meine Tochter hingebracht habe und ihre Freunde nicht da waren, da hat sie mich am nächsten Morgen gefragt, ob sie böse war, weil sie nicht mit ihnen spielen darf. Das bricht mir das Herz“, sagt Nicole Heitmann. „Die Kinder stehen Kopf und mit ihnen die gesamte Familie. Sie schlafen schlecht, sind unausgeglichen und werden seit Streikbeginn rumgereicht. So kann das nicht weitergehen.“ - Auch, weil längst nicht alle Arbeitgeber Verständnis für die Situation der Familien zeigen. Einer Mutter sei bereits mit Kündigung gedroht worden. „Mir wurde gesagt, dass ich für das Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr tragbar bin, wenn ich nicht bald wie gewohnt meiner Arbeit nachkommen kann“, erzählt die Buchholzerin, die aus Sorge um ihren Job lieber anonym bleiben will. „Und dann steht uns im Sommer noch eine zweiwöchige Schließung ins Haus. Ob die nach Streikende ausfällt, dazu hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen“, sagt Elternvertreter Danilo Preuß.

„Den Streik in der Krippe so durchzuziehen, dass können wir weder verstehen noch akzeptieren“

Er ärgert sich vor allem über die Unverhältnismäßigkeit des Streiks. „Den Streik in der Krippe so durchzuziehen, dass können wir weder verstehen noch akzeptieren.“ Auch nicht, dass die Erzieherinnen sich rar machen und sich trotz persönlicher Einladung nicht an der Demonstration beteiligten.

„Die Leiterin, die mit Streikbeginn erstmal in den Urlaub gefahren ist und für uns lange nicht greifbar war, hat uns mitgeteilt, dass die streikenden Kollegen sich laut Aussage der Gewerkschaften nicht an Elternaktionen beteiligen sollen. Das verwundert uns sehr, denn eigentlich ziehen wir doch alle an einem Strang.“