Winsen/Hoopte. Im Landkreis Harburg sind erneut weniger Menschen ohne Job. Doch Menschen mit Behinderungen profitieren noch zu wenig von der guten Lage am Arbeitsmarkt

Er hatte Glück im Unglück. Als die Diabetes die Knochen im rechten Fuß verformte und er monatelang krankgeschrieben war, konnte er in seinem Beruf bleiben. Seine Chefs kannten und schätzen Manfred Petersen, 57, der seit seiner Lehre fast 40 Jahre lang beim Hoopter Malereibetrieb Hans-Heinrich Harms arbeitet. Petersen ist einer der Schwerbehinderten im Kreis Harburg mit einem festen Job. Doch die Zahl der Behinderten ohne Anstellung hat sich zuletzt kaum verändert. Im März lag sie bei 267. Trotz der guten Lage am Arbeitsmarkt um zwei Betroffene höher als noch vor einem Jahr.

Petersens Krankheitsgeschichte beginnt vor zehn Jahre, als Diabetes diagnostiziert wird. Vor fünf Jahren bildet sich ein Charcot-Fuß. Heute darf der Malergeselle nicht mehr barfuß laufen und muss Spezialschuhe tragen, die zwischen 1500 und 1800 Euro kosten. Damit hat er einen Behinderungsgrad von 50 Prozent. „Wir haben jedoch keinen Moment darüber nachgedacht, uns von ihm zu trennen. Schließlich hat Manfred Petersen schon wenige Monaten nach der Gründung des Betriebs 1975 bei uns angefangen“, sagt Bettina Harms, die sich bei dem Familienbetrieb um das Personal kümmert und derzeit für den Sommer noch zwei Lehrlinge sucht.

Die Arbeitslosigkeit geht zurück – mehr offene Stellen gemeldet

Im Bezirk Harburg ist die Arbeitslosigkeit im März ebenfalls gesunken. Die Quote ging gegenüber Februar um 0,2 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent zurück. Zwar ist die Arbeitslosigkeit im Süden Hamburgs unter den sieben Bezirken immer noch die zweithöchste. „Die Entwicklung ist aber günstiger als in den meisten Bezirken“, sagt Jürgen Knauff, der derzeit die Geschäftsstelle der Arbeitsagentur in Harburg leitet.

Insgesamt um 156 Betroffene ist die Arbeitslosigkeit in Harburg gesunken. Ohne Job waren damit im März noch 7709 Menschen. Eine positive Entwicklung gab es bei den offenen Stellen. So meldeten die Firmen 286 Stellen . Das waren 76 mehr als im Februar. Mehr Arbeitsplätze werden nun im Bau und im Gesundheitsbereich angeboten.

Fachkräfte bleiben weiter gesucht. So wollen die Firmen gern Berufskraftfahrer, Bürokaufleute oder Elektroniker sowie Fachkräfte für die Lagerlogistik und die Lagerwirtschaft und für die Gesundheitswirtschaft als neue Mitarbeiter einstellen. rz

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Als Petersen nach und nach wieder mit der Arbeit beginnen kann, ersetzt er zunächst den Lagermeister, der in den Ruhestand gegangen ist. „Aus einer personellen Notsituiation heraus haben wir ihn gefragt, ob er wieder auf eine Baustelle wechseln wollte“, erinnert sich Harms. Petersen will. Dabei ist es bis heute geblieben.

Doch trotz der guten Lage am Arbeitsmarkt, die Arbeitslosenquote ging im Landkreis Harburg im März von 4,7 auf 4,6 Prozent zurück, profitieren Schwerbehinderte bislang insgesamt nur wenig. „Dies gilt, obwohl viele der arbeitsuchenden Schwerbehinderten über eine Ausbildung und fundierte Kenntnisse verfügen. Mit Blick auf den Fachkräftebedarf in der Region dürfen die Fähigkeiten und Talente von Menschen mit Behinderungen aber nicht ungenutzt bleiben“, argumentiert Marc Bleimeister, Teamleiter bei der Arbeitsagentur Winsen. „Die Firma Harms hat aber einen Weg gefunden, das Know-how ihres langjährigen Mitarbeiters im Betrieb zu halten.“

Der Hoopter Betrieb, dessen Umsatz bei gut vier Millionen Euro liegt, hatte davon zudem einen Vorteil, „den wir zunächst gar nicht erwartet hatten“, wie Bettina Harms sagt. Denn das Unternehmen mit 55 Beschäftigten ist per Gesetz verpflichtet, einen Schwerbehinderten zu beschäftigten. Da dies zuvor nicht der Fall war, mussten jedes Jahr gut 4000 Euro an das Niedersächsische Integrationsamt in Hildesheim gezahlt werden. Das wird nun nicht mehr nötig sein, zumal Petersen sich so gut fühlt, dass er voraussichtlich bis zur Rente bei Harms im Einsatz sein wird.

Immerhin 47,57 Millionen Euro kamen 2013 in Niedersachsen aus der Abgabe zusammen, neuere Werte liegen noch nicht vor. Sie werden ausschließlich für Hilfen zur Integration für Behinderte verwendet, etwa für Einbauten an Fahrzeugen oder den barrierefreien Zugang zu Firmen.

Im Kreis Harburg haben von den 303 Betrieben mit regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmern 214 Firmen Stellen mit Schwerbehinderten besetzt. Der Anteil liegt damit etwa auf dem Niveau, das landesweit erreicht wird. „Diese Zahlen sagen aber noch nichts darüber aus, ob in den betroffenen Betrieben auch sämtliche für Behinderte reservierte Stellen besetzt sind“, sagt Jeannette Unterberger, die Sprecherin der Arbeitsagentur Lüneburg-Uelzen.

Für den gesamten Arbeitsmarkt in der Region zog die Agentur am Dienstag eine positive Bilanz. Der Grund: Die Arbeitslosigkeit blieb über die Wintermonate unter den Vorjahreswerten und auch im März lag die Arbeitslosenzahl wieder unter dem Niveau des Vorjahres.. Verantwortlich dafür sei zum einen die Frühjahrsbelebung, zum anderen entwickele sich der Arbeitsmarkt robust. „Die gute konjunkturelle Entwicklung wird auch zu einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit führen“, ist Bernd Passier, der Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur sicher, zu der der Kreis Harburg zählt.

Insgesamt waren im März im Landkreis 6064 Menschen ohne Job. Das sind 116 weniger als im Februar und 340 weniger als im März 2014. Für die Geschäftsstelle Buchholz sank die Quote gegenüber Februar von 4,5 auf 4,4 Prozent, für Winsen von 5,0 auf 4,9 Prozent. Zum Vergleich: In der Region Lüneburg-Uelzen liegt die Arbeitslosenquote bei 5,8 nach 6,0 Prozent.