Am 8. November ist Harburger Kulturtag. Das Abendblatt stellt alle Teilnehmer in seiner großen Serie vor. Heute: Alexandra Seils, die Persönlichkeit von Menschen in ihren Gemälden ausdrücken will

Harburg Dem Nachbarn von Alexandra Seils gebührt Dank. Er ist gewissermaßen dafür verantwortlich, dass die talentierte Harburger Künstlerin in diesem Jahr erstmals am Kulturtag teilnimmt. „Wenn er an meinem Atelier vorbei spaziert, kommt er mich oft besuchen“, erzählt Alexandra Seils. „Er ist totaler Harburg-Fan und irgendwann meinte er dann, dass er mich eines Tages mal im Programm des Kulturtags sehen wolle.“

Immerhin, seit 1995 lebt die gelernte Grafik-Designerin in Harburg. 2005 eröffnete sie ihr erstes Atelier. Sechs Jahre später beschloss sie, ihren Job zu kündigen und sich ganz der Malerei zu widmen. Seitdem ist sie am Reeseberg Zuhause. Sie gibt Malkurse für Kinder, Teenager und Erwachsene, veranstaltete aber auch so genannte Actionpaintings für Unternehmen, bei denen viele Menschen gemeinsam an einem großen Bild arbeiten – eine Methode zur Teamförderung und zum Mut machen. Nur ihre eigenen Bilder, die malte Alexandra Seils lange Zeit bloß für sich selbst. „Anfangs wollte ich mit meiner Kunst noch nicht wirklich nach Außen gehen“, sagt sie. „Aber mittlerweile habe ich den Punkt erreicht, an dem ich meine Bilder gerne zeige.“

Deswegen beschloss sie Anfang des Jahres, den Vorschlag ihres Nachbarn endlich zu beherzigen und sich für den Harburger Kulturtag 2014 zu bewerben. Am 8. November bekommen die Besucher nun also die Möglichkeit, Alexandra Seils zwischen 12 und 20 Uhr in ihrem Atelier zu besuchen. „Zwischenzeiten“ lautet das Motto ihrer Arbeiten. Die Bilder sollen verschiedene Persönlichkeiten und deren Lebensphasen darstellen. Sie bestehen aus vielen Schichten, wobei die unterste für die Kindheit steht und wild, frei, unbegrenzt, locker und leicht ist. Strukturen, die später zwangsläufig ins Leben eines jeden kommen, stellt Alexandra Seils mit geometrischen Formen dar. Immer wieder fügt sie neue Schichten hinzu, bevor das komplexe Endergebnis fertig ist. „Im Grunde sollen die Bilder verdeutlichen, dass alles, was man im Leben erlebt, einen Einfluss darauf hat, was für ein Mensch man ist“, sagt sie. „Diesen Gedanken fand ich total spannend.“

Konkrete Menschen hat Alexandra Seils beim Malen nicht im Hinterkopf, die Bilder entstehen völlig frei. Wenn eine Persönlichkeit zu viele Strukturen hat und lockerer sein könnte, kreiselt sie etwas herum, sobald es allerdings zu unruhig wird, malt sie gerade Strukturen darüber. Eins aber haben all ihre „Persönlichkeiten“ gemeinsam: Sie wirken sehr positiv und lebensbejahend. „Ich sage immer, wenn alle Menschen einen Hauch von meinen Bildern hätten, gäbe es keine Kriege, alle würden vorsichtig miteinander umgehen und wären immer höflich“, grinst Alexandra Seils. Dieses positive Grundgefühl wirkt sich auch auf den Betrachter aus. „Ich merke, dass die Leute glücklich sind, wenn sie meine Bilder anschauen“, so Alexandra Seils weiter. „Ich hatte gerade zum Beispiel eine Ausstellung in einer Reha-Klinik und sowohl die Angestellten auch als die Patienten sagten, dass meine Bilder etwas total Wohltuendes hätten.“

Die Bilder in der Reka-Klinik stammten aus der Serie „Seelenfrieden“, auch davon wird Alexandra Seils beim Kulturtag einige Arbeiten präsentieren. Im Gegensatz zu den „Zwischenzeiten“-Bildern, die mit Acrylfarben und Acrylmarkern auf Holz und Pappe entstanden sind, ging Alexandra Seils in jener Serie noch unkonventioneller vor: Mit Ölkreide und Eitempera, einem leuchtstarken und farbintensivem Malmittel aus Eigelb und Leinöl, malte sie auf alten Tischdecken. „Ich bin ja keine akademische Künstlerin“, sagt sie. „Und eigentlich bin ich auch ganz zufrieden damit. Dadurch ist alles aus mir heraus gewachsen und das hat eine ganz andere Kraft, als wenn ich mir von jemand anderem sagen lasse, was gerade hip ist. Ich konnte mich wirklich völlig frei entfalten.“ Mit anderen Worten: Künstlerische Grenzen kennt Alexandra Seils nicht. Deshalb machen ihre Bilder auch so viel Spaß.

Harburger Kulturtag am 8. November 2014: Alexandra Seils, „Zwischenzeiten“, Reeseberg 3, 12 bis 20 Uhr. www.alexandraseils.de