Im Harburger Bahnhof werden Videos unter dem Motto „In the heat of the night“ präsentiert. Die neue Kuratorin Anna Sabrina Schmid will das Publikum für dieses Medium besonders interessieren.
Harburg Eigentlich heißt es ja Kulturtag, doch der Kunstverein Harburger Bahnhof hat sich für den 8. November vorgenommen, den Tag einfach zur Nacht zu machen: Unter dem Motto „In The Heat Of The Night“ wird den Besuchern des Harburger Kulturtags ein fortlaufendes Videoprogramm internationaler wie Hamburger Künstler geboten, deren Arbeiten sich auf die eine oder andere Art mit den dunklen Stunden beschäftigen und verschiedene Aspekte der Nacht behandeln.
„Ich finde die Nacht ist ein total spannendes Thema“, sagt Anna Sabrina Schmid, die im Januar diesen Jahres die künstlerische Leitung des Kunstvereins Harburger Bahnhof übernommen hat. „Auf der einen Seite verspricht die Nacht wegen der Dunkelheit eine Art Ruhe, aber gleichzeitig ist es eine sehr lebendige und aufregende Zeit. Da ist so eine Diskrepanz zwischen dem poetischen Moment der Sterne und all dem, was nachts passiert, zum Beispiel das Nachtleben in Bars und Clubs, Kriminalität oder auch Sexualität.“
All diese Themen finden sich in den Arbeiten der Videokünstler wider. Rund zehn Filme werden insgesamt gezeigt, darunter zum Beispiel „A crime must be committted“ von der Frankfurter Künstlerin Rebecca Ann Tess, in dem es um die Nacht als Schauplatz des Verbrechens geht. Die Künstlerin nimmt dabei Bezug auf die Stereotypen und die Ästhetik alter Gangsterfilme, unter anderem auf „In der Hitze der Nacht“. Jener Spielfilm aus dem Jahre 1967 diente übrigens als Namensgeber der gesamten Ausstellung. Die Amerikanerin Stacey Steers derweil widmet sich mit ihrem Animationsfilm „Night Hunter“ dem Thema Alptraum. Getier wie Würmer und Schmetterlinge umringen die Protagonistin, Grundlage waren Hunderte handgemalte Zeichnungen.
Des Weiteren werden auch Filme von zwei Hamburger Künstlerinnen zu sehen sein. Vanessa Nica Mueller, die seit ihrem Studium an der Hochschule für Bildende Künste (HFBK) in Hamburg lebt, präsentiert sich mit ihrer 20minütigen Arbeit „Halbe Nacht“. „Der Film wurde in Hamburg und Berlin gedreht, und zwar an Orten wie der City Nord, die nachts menschenleer und verlassen ist, aber eine ganz eigene Ästhetik hat“, so Anna Sabrina Schmid. „Zu einer Kamerafahrt durch diese Orte erzählt eine Stimme aus dem Off über sein Schlafwandeln, also wie er diese nächtlichen Kontrollverluste erlebt und dass er sich am nächsten Morgen nicht erinnern kann, was eigentlich während der Nacht passierte.“ Ob Vanessa Nica Mueller selbst schlafwandelt, ist nicht überliefert.
Von Stella Rossie derweil, die gebürtig aus Bochum stammt und ebenfalls an der HFBK studierte, ist der Film „Komet“ zu sehen. Darin inszeniert die 25-Jährige einen Nachtclub. Nur im Blitzlicht eines Party-Fotografen sind die extravagant und elegant gekleideten Gäste zu sehen. Im Fokus der Geschichte stehen aber auch die zwei Türsteher und eine Klofrau, von denen Stella Rossie liebevolle Typenstudien präsentiert.
Damit die Filme richtig gut wirken, werden die großen Fenster der ehemaligen Wartehalle im Harburger Bahnhof abgedunkelt, ein Beamer projiziert sie dann auf eine große Leinwand. Die einzelnen Beiträge sind zwischen 5 und 20 Minuten lang, das gesamte Programm wird zwei Stunden dauern und am Kulturtag in der Endlosschleife abgespielt. „Das heißt, wenn man nur kurz vorbei schaut, sieht man vielleicht nur ein oder zwei Filme“, so Anna Sabrina Schmid. „Wir haben aber eine Kooperation mit Blinkvideo. Das ist eine Videoplattform, die eigentlich ein Recherchetool für Kuratoren und Galerien ist, man kann seine Ausstellungen dort aber auch online präsentieren, und das machen wir.“ Wer sich die Filme also später zu Hause noch mal in Ruhe ansehen möchte, kann das tun. Außerdem werden in der Bar des Kunstvereins Computer stehen, an denen Besucher mit Zeitdruck gezielt nach den Filmen suchen können, die sie interessieren. Und alle Nachteulen unter den Harburgern lädt die Bar ab 20 Uhr bei Getränken und Musik zum Verweilen und Diskutieren ein.
Anna Sabrina Schmid verspricht sich viel von ihrem ersten Kulturtag. So hofft sie, dass die Harburger mit „In The Heat Of The Night“ in Sachen Videokunst auf den Geschmack kommen. Die nächste reguläre Ausstellung des Kunstvereins, die am 22. November eröffnet wird, zeigt nämlich Videoinstallationen des Berliner Künstlers Daniel Laufer.
Harburger Kulturtag am 8. November 2014: Kunstverein Harburger Bahnhof, über Gleis 3 und 4, Hannoversche Straße 85, 12 bis 20 Uhr. www.kvhbf.de