Alltagsgegenstände im Freilichtmuseum am Kiekeberg machen Geschichte erlebbar. Heute erinnert sich Zeitzeuge Fritz Kreft an seine Arbeit als Hausschlachter.

Ehestorf. Mit dem Schlachtschwengel ins Fischerhaus, vom Kartoffelacker in die 50er-Jahre-Küche und auf dem Lanz-Bulldog übers Feld: Alltagsgegenstände im Freilichtmuseum am Kiekeberg machen die Geschichte von Menschen aus der Region erlebbar. Für das Abendblatt erinnern sich „Zeitzeugen“, wie wir wurden, was wir sind.

Und weil auch die niederdeutsche Sprache seit jeher ein fester Bestandteil der deutschen Kultur ist, gibt es jeden Teil der neuen Abendblatt-Serie „op Platt“, übersetzt von Jasper Vogt. Heute: die Hausschlachtung mit Fritz Kreft.

Früher war alles anders. Von November bis März war Schlachtzeit – und Fritz Kreft fuhr regelmäßig zu den Bauern im Landkreis Harburg, um Schweine und Rinder direkt vor Ort zu schlachten und ganz nach den persönlichen Vorlieben der Besitzer in Wurst, Sülze und mehr zu verwandeln.

Heute hat der Harburger nur noch eine Handvoll Kunden, die ihre Tiere von ihm für den eigenen Bedarf auf der eigenen Hofstelle schlachten lassen. Die meisten Landwirte weichen auf Landschlachtereien in der Region aus. Auch gibt es immer weniger Schlachter, die heute noch Hausschlachtungen anbieten.

Der alte Brauch stirbt damit langsam, aber sicher aus. Doch Fritz Kreft hält die Erinnerung daran lebendig: Auf dem „Schlachtfest“ im Freilichtmuseum am Kiekeberg führt er am kommenden Sonntag, 26. Januar, von 10 bis 16 Uhr, vor, wie Tiere zerlegt und verwertet werden.

Als Fleisch noch nicht als billige Massenware gehandelt wurde, war das Schlachtfest stets ein besonderes Ereignis. Die Bauern kamen nach längerer Zeit wieder in den Genuss von frischem Fleisch und frischer Wurst. Da es nur wenige Kühlhäuser und noch keine Gefriertruhen gab, wurde das meiste Fleisch gepökelt, geräuchert oder in Sauer eingelegt.

Wie das geht, weiß Fritz Kreft genau. Er lernte sein Handwerk von der Pike auf in einer kleinen Schlachterei. „Eigentlich wollte ich ja Tischler werden“, sagt der Harburger. „Aber in den 50er-Jahren waren die Lehrstellen knapp und mein Vater war passionierter Schlachter. Da lag es auf der Hand, dass ich mich auch dafür begeisterte.“

Bis zu seiner Pensionierung blieb der 76-Jährige seinem Beruf treu, arbeitete zwischenzeitlich mit eigener Schlachtkolonne auf einem Schlachthof. Zuletzt war er in einem EG-Betrieb in Hamburg-Stellingen beschäftigt. Dort verarbeiteten die Angestellten etwa 360 Tiere pro Stunde zu Fleisch und Wurst.

Die Hausschlachtungen, die Fritz Kreft in den Anfangsjahren gemeinsam mit seinem Vater in der Region durchführte, muten da schon richtig romantisch an. „Wir haben meist nie mehr als zwei Schweine und ein Rind geschlachtet. Das ist auch heute noch die erlaubte Menge für den Eigenbedarf“, erzählt der Schlachter.

Wenn er zum vereinbarten Termin auf einen Hof fuhr, stand das ausgewählte Tier bereits im Stall am gefüllten Futtertrog. „Damit wollte man ihm unnötigen Stress am Schlachttag ersparen“, sagt Kreft.

Nach dem Bolzenschuss zogen die Bauern das Schwein dann am „Schlachtschwengel“ nach oben, damit der Schlachter mit seiner eigentlichen Arbeit beginnen konnte: dem Verwerten. Nacken, Schulter, Bauch – bis auf die Innereien wurde nahezu alles für den Eigenbedarf der Familie verarbeitet.

„Dazu gab es oft einen frischgebackenen Butterkuchen von der Dame des Hauses und eine Flasche Rum“, erzählt Fritz Kreft. „Ich war überall ein willkommener Gast. Die Frauen liebten ihren Schlachter. Er machte ihnen ja die Würste ganz nach ihrem Geschmack.“ Kreft schwört beim Würzen übrigens auf Pfeffer, Piment, Majoran und Kümmel. „Diese Gewürze geben meiner Ware eine ganz besondere Note.“

Auf dem Land gibt es heute noch ein paar Bauern, die ihre Tiere von Fritz Kreft schlachten lassen. Vor der Tötung des Tieres kommt der amtliche Tierarzt zur sogenannten „Lebendbeschau“ auf den Hof. Nach der Schlachtung führt er eine Fleischuntersuchung durch, bei Schweinen und Einhufern steht zusätzlich eine Trichinenuntersuchung an.

„Ich hab in meiner ganzen Berufsjahren kein einziges krankes Tier dabei gehabt“, sagt Fritz Kreft. Im Stadtgebiet ist die Hausschlachtung hingegen seit rund zwei Jahren offiziell verboten. „Reine Vorsichtsmaßnahme“, sagt Fritz Kreft. Die Gefahr einer Erkrankung der Tiere ist seiner Ansicht nach in der Stadt nämlich nicht höher als auf dem Land. „Aber wir halten uns natürlich an die Regel.“

Am Sonntag demonstriert Schlachtermeister Fritz Kreft von 10 bis 16 Uhr auf dem Hof Meyn, wie das Zerlegen des Bentheimer Schweins und die Herstellung von Würsten aller Art funktioniert. Dabei verrät er viele Tricks und steht den Besuchern Rede und Antwort. Im Anschluss verkauft er frische Leber– und Mettwürste sowie Sülze, Thüringer Rotwurst, Leberwurst und gekochtes Mett für die Vorratshaltung.

Ind Plattdeutsche übersetzt von Jasper Vogt finden Sie diesen Artikel unter www.abendblatt.de/hamburg/harburg