Die Ehrenhalle in Buchholz war eine wichtige Kultstätte der Nationalsozialisten. Heute ist das Gebäude ein schmuckes Einfamilienhaus. Gerhard Klußmeier sucht nun Bilder, die den Werdegang dokumentieren.
Buchholz Gerhard Klußmeier ist ein neugieriger Mensch. Alles, was ihm in die Finger fällt und seine Leidenschaft für rätselhafte, fast vergessene Geschichten weckt, geht er ohne Umschweife an. Nach der Bibliografie über Karl May und den Monografien über Prinz Eisenherz und Benny Goodman beschäftigt er sich momentan mit der „Ehrenhalle der Nationalsozialisten" in Buchholz. Was wurde aus dem 1934 von Gauleiter Otto Telschow in Auftrag gegebenen Gebäude? Welche baulichen Veränderungen gab es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges? Und wie lebt es sich heute dort, wo einst Nazis den „Kämpfern der Alten Garde“ huldigten? Klußmeier hofft auf Antworten von (Zeit)-Zeugen, die etwas über den Werdegang des Gebäudes in der „Geraden Straße“ erzählen können.
Im Dritten Reich war Buchholz eine Hochburg der Nationalsozialisten. Das „braune“ Zeitalter in der Stadtgeschichte begann 1925: Am 8. Juni gründete Otto Telschow in der Kleinstadt in der Nordheide die erste NSDAP-Ortsgruppe des nördlichen Niedersachsen. Telschow wurde später Leiter des Gaus Ost-Hannover; Buchholz blieb ein Zentrum nationalsozialistischer Politik in der Region.
So errichteten die Nazis auf Telschows Anordnung die sogenannte „Ehrenhalle der Nationalsozialisten“, die am 4. November 1934 eingeweiht und zur wichtigsten nationalsozialistischen Feierstätte im Gau Ost-Hannover wird. Sie war ein nationalsozialistischer Kultbau, der erste seiner Art in Deutschland, für Gedenkfeiern mit Buntglasfenstern wie in einer Kirche, die jedoch anstelle von Heiligen die Bilder vom „Führer“ zeigten. „In der Halle haben sich sogar Paare unter dem Ölgemälde von Adolf Hitler das Ja-Wort gegeben“, erzählt Gerhard Klußmeier.
Vor der Ehrenhalle stellten die Bauherren einen Brunnen auf, den Steinskulpturen eines Jungen der Hitler-Jugend und eines BdM-Mädchens zierten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschwand dieser zunächst. Mitte der Fünfziger Jahre verhalf ihm die Stadverwaltung dann zu längerem Leben: Der steinernen Nazi-Kinder entledigt, stellten ihn die Beamten vor dem alten Rathaus auf. Als das Gebäude Ende der 80er-Jahre abgerissen wurde, musste auch der Brunnen weichen.
Die Ehrenhalle fiel bereits am 19. April 1945 den Flammen zum Opfer. Britische Soldaten brannten die Kultstätte bis auf die Grundmauern nieder. „Aus jedem Haushalt musste mindestens eine Person daneben stehen und zuschauen“, sagt der Leversener Autor. Was danach geschah, wer das Haus wieder aufbaute, darüber weiß Klußmeier bislang nur wenig. Es soll beispielsweise eine Notunterkunft für Flüchtlinge gewesen sein. Und ein Geschäft für Fleischwaren. „Ich habe aus dem Einwohner-Verzeichnis der Gemeinde Buchholz erfahren, dass Schlachtermeister Arthur Löding in der Bremer Straße 47, also dem ehemaligen Standort der Ehrenhalle, ein Geschäft hatte“, sagt er.
Als er im Stadtarchiv nach dem heutigen Verwendungszweck des Gebäudes fragte, erhielt er keine konkrete Antwort. „Die wussten das auch nicht – und das ließ mich neugierig werden. Deshalb habe ich mich selbst auf die Suche gemacht.“ Auf seinem Spaziergang durch die Stadt wurde Klußmeier schließlich fündig.
Die einstige „Ehrenhalle“ ist heute ein schmuckes Einfamilienhaus – mit neuem Dach und neuen baulichen Dimensionen. Lediglich Steinsäulen an zwei Ecken des Gebäudes erinnern an die ehemalige Kultstätte. „Das Haus habe ich an der gemauerten Front erkannt. Die sieht noch so aus wie auf den historischen Fotos“, sagt der 74-Jährige. Auch die Feldsteinmauer, die das benachbarte Haus des Gauleiters einrahmte, und auch das Haus selbst, steht noch an Ort und Stelle.
Klußmeier sucht nun weitere Fotos, die den Werdegang und die Geschichte der „Ehrenhalle“ zeigen. „Ich möchte dem Stadtarchiv eine Dokumentation an die Hand geben“, erklärt Gerhard Klußmeier seine Motivation. Denn in der städtischen Sammlung seien zwar einige Informationen über die einstige Kultstätte zu finden. „Was aus ihr wurde, damit hat sich bislang aber noch niemand befasst.“ Wer Informationen oder Bildmaterial hat, kann sich unter der Telefonnummer 04108/4589966 und per E-Mail unter g.klussmeier@tice.de an den Autoren wenden.