Der ehemalige Werftbesitzer Wilhelm Oelkers wird heute 90 Jahre alt. Höchste Zeit für einen kleinen Rückblick auf ein bewegtes Leben.
Harburg. Viele Höhen und Tiefen hat der zusammen mit seiner Frau Elsbeth in Heimfeld wohnende Wilhelm Oelkers im Laufe seines Lebens erfahren. Dieses Jahr fühlt sich der frühere Werftbesitzer vom Reiherstieg in Wilhelmsburg auch gesundheitlich wieder oben angekommen, erlebte bereits im Mai ein wunderbares Zusammentreffen mit einem vor 40 Jahren auf seiner Werft gebauten Schiff. Und heute, am 13. November, wird Wilhelm Oelkers im Kreis von Familienangehörigen und Weggefährten seinen 90. Geburtstag feiern. Das Hamburger Abendblatt gratuliert dem Jubilar ganz herzlich.
Den größten Teil seines Lebens hat der Ingenieur mit Schiffbau verbracht, bis er im April 1988 Konkurs anmelden musste. Die Oelkers Werft am Neuhöfer Damm 98 hatte bis dahin einen tadellosen Ruf und unter seiner Führung mehr als 280 Schiffsneubauten an Auftraggeber abgeliefert. "Wir waren eine der besten Werften der Stadt", hebt er rückblickend hervor. Noch zu Zeiten von Großvater und Werftgründer Johann Oelkers liefen ab 1888 nur etwa 30 Hafenschlepper vom Stapel. Mehr als 220 Beschäftigte zählte der Werftbetrieb vor gut 100 Jahren. Und als es vor 34 Jahren wegen von Kunden nicht bezahlter Bauaufträge zum Konkurs kam, waren noch 65 Beschäftigte im Betrieb. "Ein Jammer", ärgert sich Wilhelm Oelkers immer noch, "damals gab es keine staatlichen Bürgschaften wie heute bei Sietas."
Kein gutes Wort findet er für die Leute, die nach 1988 für drei Jahre als Konkurssanierer die Werft unter ihrem alten Namen weiter führten und 1991 ebenfalls zahlungsunfähig wurden. "Das waren absolute Tiefpunkte in meinem Leben", sagt Oelkers und blickt zu seiner Frau, "ohne die Unterstützung durch die Familie hätte ich die Insolvenz nicht so gut überstanden. Wir befinden uns jetzt wieder in ruhigem Fahrwasser." Das Ehepaar hat zwei Töchter.
Mehr als 20 Jahre Ruhestand genießt der Jubilar bereits. Aber der Kontakt zu seinen früheren Mitarbeitern besteht nach wie vor. "Ich treffe mich jeden Monat einmal mit meinen Ehemaligen in der Kneipe "Zum Wilhelmsburger" an der Ecke Fährstraße/Weimarer Straße. Wir sprechen dann über die alten Zeiten. Unsere Werft hatte viele gute Mitarbeiter. Sie waren unser größtes Kapital. Bei unseren Treffen sind noch fünf von ihnen dabei."
Besonders stolz ist Wilhelm Oelkers auf die 1971 von der Werft erbrachte Leistung. Damals war der größte Schlepper, die 60 Tonnen schwere "Hamburg", fertiggestellt worden. 4600 PS leistete die Maschine. 15 Knoten Freifahrtgeschwindigkeit lief das Schiff. Ein Jahr zuvor war auf dem Werftgelände eine neue Schiffbauhalle mit Brückenkränen, vorliegendem Helgen und Portaldrehkran in Betrieb genommen worden.
Der Ingenieur hat sich mit ausländischen Kunden nur in englischer Sprache unterhalten können, und wenn ein Auftrag abgewickelt wurde, dann galt ein Handschlag. "Ich kann kein Französisch", gibt er preis. Dennoch zählt ein Franzose, ein Kommandant der französischen Marine aus Brest zu seinen besten Freunden. Zur Feier des diesjährigen 823. Hamburger Hafengeburtstags war Lieutenant de Vaisseau, Oliver Crec'hriou, im Mai mit dem vor 40 Jahren bei Oelkers gebauten Marineschlepper "Tenace" an die Elbe gekommen. Der 51 Meter lange und zwölf Meter breite Hochseeschlepper ist inzwischen das dienstälteste Fahrzeug der französischen Marine, und der Kommandant zeigt sich wegen der Einsatzstärke des Schiffs dankbar. Wilhelm Oelkers und seine Frau Elsbeth waren zu einem Besuch an Bord eingeladen. "Ich war auf einmal aus dem Ruhestand in mein früheres Leben zurückgekehrt", berichtet Oelkers, in Gedanken daran immer noch bewegt. An Bord gab es Mittagessen bei einer Fahrt elbabwärts bis Lühesand. Danach nahm die Tenace an der Einlaufparade zum Hafengeburtstag teil. Oelkers erhielt vom Kommandanten eine Erinnerungsplakette aus Messing mit Seitenriss des Schleppers. Oelkers verewigte sich im Goldenen Buch mit den Worten, er nenne de Kommandanten einen Freund.
Das ehemalige Werftgelände am Reiherstieg war 2004 vom Bauunternehmer Horst Dörner ersteigert und anschließend wegen Bodenbelastungen saniert worden. Dörner bietet das Gewerbegrundstück nun zum Kauf an.