Heiko Lepél hat die Musikschule Neu Wulmstorf zur größten ihrer Art im Landkreis Harburg gemacht
Neu Wulmstorf. Sein Führerscheinfoto zeigt Heiko Lepél, 46, nicht jedem. Viele kennen das: Das uralte Lichtbild hält so manche modische Jugendsünde für eine halbe Ewigkeit fest. Im Falle Lepéls ist das eine stattliche Haarmatte. So dokumentiert die abgewetzte Fahrerlaubnis, dass der Leiter der Musikschule in Neu Wulmstorf, bekannt als Freund der klassischen Musik, durchaus den Rock 'n' Roll in sich trägt.
Nach Abschluss seines Musikstudiums am Hamburger Konservatorium 1991 hat Lepél, ein gebürtiger Neu Wulmstorfer, der heute in Moisburg lebt, im Alter von nur 25 Jahren seine Musikschule gegründet - damals mit nur einem Mitarbeiter. Heute, 20 Jahre später, hat er sie zur größten privaten Musikschule im Landkreis Harburg ausgebaut.
25 Dozenten bringen mehr als 600 Schülern die Kunst des Musizierens näher. Einige sind bekannte Berufsmusiker: Gitarrenlehrer Markus Schmidt zum Beispiel. Er spielt in der Countryband "Texas Lightning", die 2006 für Deutschland beim Eurovision Song Contest starteten. Ihr Song "No no never" war in Deutschland ein Hit. Pianistin Ekatarina Dubkova wird immer wieder mal von großen Bühnen in Europa engagiert. Magdalena Podkoscielna ist eine gefragte Flötistin. Hendrik Meyer, Leiter der Bigband der Musikschule, ist in der Jazzszene bekannt.
Heiko Lepél besitzt die Orchesterreife für Schlagzeug und alle anderen Schlagwerke. Warum dann eigentlich keine Karriere als Musiker? "Ich habe während meines Studiums unterrichtet", sagt er, "und hatte schon in den letzten Semestern die Idee, eine Musikschule zu gründen." In seinem Musikhaus an der Bahnhofstraße, hier wird im Souterrain, Erdgeschoss und unter dem Dach Musik gemacht, ist das Schlagzeug Chefsache. Etwa fünf Stunden am Tag unterrichtet Lepél selbst. Der komplette Arbeitstag des Musikschulleiters beginnt in der Regel gegen 8 Uhr und endet gegen 21 Uhr.
Die Facetten des Künstlerlebens in Bands und Orchestern hat Lepél auch kennengelernt. Um das Startkapital für seine Musikschule einzuspielen, ging er ein Jahr mit einer Tanzmusikband auf Tournee: "Das war in echtes Muckerleben", erinnert sich der Neu Wulmstorfer, "wir spielten beinahe jeden Abend bei Galas in Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz."
Später gehörte Lepél zu dem Pool von Musikern, aus dem Justus Frantz seine "Philharmonie der Nationen" besetzt hat - das war das Orchester für die bekannte ZDF-Sendung. "Achtung Klassik!". Zehn Jahre lang, von 1990 bis 2000, versuchten der Stardirigent und der öffentlich-rechtliche Sender auf diese Weise, die klassische Musik bei einer breiten Öffentlichkeit populär zu machen. 1993 wurde die Sendung mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet, sieben Jahre später wegen fallender Zuschauerquoten eingestellt.
Was der TV-Sendung letztlich immer weniger gelang, schafft Heiko Lepél im Kleinen Jahr für Jahr mit Erfolg: Seine Schule bringt Kinder zum Musizieren, die sonst nie ein Cello oder eine Trompete in die Hand bekommen hätten. Lepél setzt stark auf Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen, beteiligt sich an der Initiative "Jedem Kind ein Instrument" der Hamburger Schulbehörde.
Die Gitarre und das Klavier - seit 20 Jahren Musikschulgeschichte sind sie die gefragtesten Instrumente. Mit der Strategie der Schulkooperationen sei es Lepél aber gelungen, Blechblasinstrumente populärer zu machen. Mit Hilfe seiner Musikschule bringt das Gymnasium Neu Wulmstorf Saxofon, Klarinette und Trompete auf den Stundenplan der fünften und sechsten Klassen auf den Stundenplan. Viele Kinder blieben später den Instrumenten treu. "Früher gab es in Neu Wulmstorf keine Blechbläser", sagt Heiko Lepél. "Heute spielen viel mehr Kinder Blasinstrumente. Wir konnten die Musiklandschaft im Ort verändern."
Das Phänomen der Casting-Shows im Fernsehen hat der Musikschule keine neue Klientel gebracht. "Es sind nur kurze Momente, die Kinder, die das sehen, begeistern", sagt Lepél. Davon, dass Kinder glauben, aus dem Nichts ein Star werden zu können, hält er ohnehin nichts. Casting-Shows seien kein Vorbild für seien Musikschule. Viel wichtiger seien die Schulkooperationen.
20 Jahre Musikschule - mit neuen Technologien ändern sich die Unterrichtsmethoden. Gitarrenlehrer Roman Karius etwa, ein gleichermaßen ausgezeichneter Flamenco- und Heavy Metal-Musiker, sendet von ihm eingespielte Basslinien als MP3-Dateien an seine Schüler. Die können dann zu Hause Gitarrenriffs darüber legen. Der Computer ermöglicht so ein gemeinsames Musizieren, ohne physisch zusammen zu sein. Viele Musiker arbeiten heute so über die Kontinente hinweg zusammen.
Im Gegensatz zu so manchen Puristen, der Musikgenres wie Techno oder HipHop als "nicht handgemacht" und deshalb "nicht ehrlich" ablehnt, anerkennt der klassisch ausgebildete Heiko Lepél die Maschine als Musikinstrument.
HipHop-Kurse an Schulen hat seine Musikschule auch schon gemacht. "Die Jugendlichen finden eine neue Form sich auszudrücken", sagt Lepél. "Das ist doch besser, als wenn sie sich schlagen." Er vertritt ohne die These: Das Musizieren mache Menschen fröhlich, aktiv und kommunikativ.