Während die IBA Leuchtturmprojekte baut, vergammeln viele Gagfah-Wohnungen in Wilhelmsburg
Wilhelmsburg. Der Unmut unter den Mietern der 1682 Gagfah-Wohnungen im Wilhelmsburger Bahnhofs- und Korallusviertel wächst: Rund 60 Mieter, die meisten mit Migrationshintergrund, und Aktivisten haben sich am Donnerstagmittag von Wilhelmsburg nach Wandsbek aufgemacht, um vor der Hamburger Gagfah-Zentrale zu demonstrieren. Mit Plakaten wie "Gagfah schimmelt" und "Uns reicht's - menschenwürdiges Wohnen statt Gewinnmaximierung" forderten sie "die sofortige Beseitigung der Mängel und die Zurücknahme der Mieterhöhungen".
Christiane Tursi von der AG Wohnen Wilhelmsburg charakterisierte die Wohnverhältnisse in vielen Gagfah-Wohnungen so: "Das Unternehmen vernachlässigt große Teile ihres Wohnungsbestandes und verweigert nötige Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen. Undichte Fenster, Schimmel in den Wohnungen, verrottende Treppenhäuser und Keller, kaputte Fahrstühle, verwahrloste Heizungen, mangelnde Parkmöglichkeiten und dennoch steigende Mieten - dass sind die Wohnverhältnisse, die viele Mieter in den letzten Jahren gegen die Gagfah aufbringen. Das Kundenmanagement der Gagfah ist schlicht respektlos."
Wer gestern um 12 Uhr bei der Gagfah in Hamburg anzurufen versuchte, musste gediegene zwölf Minuten in einer Warteschleife verharren. Dabei war Musik zu hören; eine männliche Stimme sagte immer wieder "Gagfah - attraktiver Wohnraum, innovativer Service, Erfahrung und Zuverlässigkeit sind unsere Stärken." Mehrheitsaktionär der Gagfah ist der US-Hedgefonds Fortress. Die Hamburger Gagfah-Durchschnittsmiete liegt bei 5,42 Euro kalt pro Quadratmeter.
Der Gagfah-Mieter Mehmet Bayazit, 59, aus der Wittestraße fuhr auch mit nach Wandsbek. Der arbeitslose Bauarbeiter lebt in einer 113 Jahre alten 72-Quadratmeter-Wohnung und zahlt mit Erdgas - eine Zentralheizung gibt es nicht im Haus - 600 Euro Miete im Monat. Im Dezember 2009 hat der Mieterverein zu Hamburg für Herrn Bayazit Mängel angezeigt: Undichte Fenster, schlecht schließende Türen, Feuchtigkeit und Schimmel, knarrende Dielen und kalte Außenwände. Bislang hat die Gagfah nur 8 Quadratmeter Wände im Bad gestrichen und dort den Schimmel entfernt - Herr Bayazit hat dem Maler beim Streichen geholfen. "Wenn Sie sich nicht wohlfühlen, ziehen Sie doch aus", habe eine Hamburger Gagfah-Mitarbeiterin ihm in Wandsbek gesagt. "Ich zahle pünktlich meine Miete und möchte menschenwürdig wohnen", hat Herr Bayazit geantwortet. "Unsere Fachamtsleiter versuchen seit über einem halben Jahr, mit der Gagfah ins Gespräch zu kommen", sagt Mitte-Sprecher Lars Schmidt-von Koss. "Bisher ist noch kein Termin zustande gekommen."
Klartext redet der Wilhelmsburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi: "Die Gagfah wirtschaftet ihre Häuser auf Kosten der Mieter herunter. Ich empfehle Mietern, deren Wohnungen große Mängel haben, zum Mieterverein zu gehen und sich über Mietminderung beraten zu lassen."