Der Bürgermeister informiert sich über den “Energiebunker“, der ein Beispiel für die Klimaschutzpolitik der Stadt werden soll.
Wilhelmsburg. Neuhöfer Straße 7, Mittwoch um 9.10 Uhr: Es ist grau an diesem Morgen und es nieselt. Zwei junge Frauen und ein junger Mann wischen mit Tüchern eine blaue Informations-Stele der Internationalen Bauausstellung (IBA) trocken. Es ist die 16. Stele im IBA-Gebiet, aber eine ganz besondere: Denn diese Stele weist auf eines der ambitioniertesten IBA-Projekte bis zum Ausstellungsjahr 2013 hin - auf den "Energiebunker", der hier in den Gemäuern des alten Flakbunkers aus dem Jahre 1943 entstehen soll, den die Wilhelmsburger liebe- und ehrfurchtsvoll "Klotz im Park" nennen.
War es bislang meist Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD), der als ranghöchster Vertreter der Stadt den IBA-Stelenenthüllungen mit anschließender Verkostung beiwohnte, hat sich an diesem Mittwoch kein geringerer als Hamburgs Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) angesagt. Der Wahlkampf in Hamburg geht langsam in die heiße Phase - da passt es nicht schlecht in den Plan, dass sich auch sieben schreibende Journalisten, eine Handvoll Fotografen und drei Fernseh-Teams ins Wilhelmsburger Reiherstiegviertel aufgemacht haben.
Um 9.34 Uhr halten zwei schwarze Mercedes-Limousinen vor dem Flakbunker. Aus einer steigen der Bürgermeister und IBA-Chef Uli Hellweg aus. Zwei Sicherheitsmänner mit Knöpfen im Ohr behalten Christoph Ahlhaus im Blick. Der war um 9 Uhr bereits zu Besuch auf dem IBA-Dock auf der Veddel gewesen und hatte sich vom IBA-Chef ein paar der Projekte erklären lassen. Als sich Ahlhaus und Hellweg gegen 10.30 Uhr vor dem Bunker verabschieden, wird der Bürgermeister sagen: "Vielen Dank für die weiteren Erläuterungen auf der Fahrt hierher."
Die IBA hat auch an diesem Tag an das Wetter gedacht, und so dürfen der Bürgermeister, der IBA-Chef und der Chef von Hamburg Energie, Dr. Michael Beckereit, in einem großen, warmen Zelt zu den Journalisten, zu den Elbinsel-Politikern, zu ein paar Bürgern, zum Chef der Realisierungsgesellschaft ReGe, Heribert Leutner, und zu Oberbaudirektor Jörn Walter sprechen.
Fangen wir mit dem dritten Redner an: mit Dr. Beckereit. Er nennt die energetischen Fakten. "Anfangs wird der ,Energiebunker' 800, später 3000 Wohnungen mit Wärme versorgen. Wärme zum Duschen im Sommer und Wärme zum Heizen im Winter." Das Konzept des Bunkers beschreibt er mit einem Satz: "Macht das Ding voll mit warmem Wasser!" Der "Energiebunker" werde auch Abwärme der Nordischen Oelwerke nutzen, die bislang "in die Luft geblasen" werde. Auch die Hülle des "Energiebunkers" weist in die energetische Zukunft: Hier werden wärme- und stromerzeugende Solaranlagen installiert. Zudem wird es ein Blockheizkraftwerk geben, das durch Biomethan und Holzhackschnitzel befeuert wird. 6600 Tonnen Kohlendioxid sollen im Vergleich zur konventionellen Wärmeversorgung vermieden werden.
IBA-Chef Hellweg, stets ein Mann freundlicher Worte, dankte dem Bürgermeister in seiner knapp fünfminütigen Rede viermal für sein Erscheinen und für das Engagement der Stadt. Er erinnerte daran, dass Hunderte Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene den Bunker binnen weniger Monate bauen mussten. Jetzt müssen 60 000 Tonnen Schutt beseitigt werden, weil der Bunker 1947 schon einmal von britischen Soldaten gesprengt worden war.
Bürgermeister Ahlhaus wiederholte in seiner knapp zehnminütigen Rede immer wieder zwei Gedanken: "Aus einem bedrückenden Mahnmal für Krieg und Verbrechen wird ein umweltgerechter Energieproduzent, der weltweit seinesgleichen sucht."
Der zweite Gedanke: "Der 'Energiebunker' steht gerade im Jahr der europäischen Umwelthauptstadt für die Leitidee städtischen Wachstums im Einklang mit der Umwelt." Der "Energiebunker" sei ein Beispiel für die "wirtschaftlich gesunde Entwicklung Hamburgs", für die "Aufwertung Wilhelmsburgs" und für die "ambitionierte Klimaschutzpolitik der Stadt".
Der Bürgermeister richtete auch noch Worte an rund 20 Shell-Mitarbeiter, die aus Angst um ihre Arbeitsplätze vor dem Bunker protestierten: "Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich Sorgen machen. Aber als Bürgermeister hat man auf unternehmerische Entscheidungen leider wenig Einfluss. Ich werde Gespräche mit Shell führen, aber ich möchte Ihnen keine Hoffnung machen, die ich nicht erfüllen kann."