Hamburg. Vor 100 Tagen wurde das Islamische Zentrum Hamburg verboten. Über die weitere Nutzung der Moschee gehen die Meinungen weit auseinander.

Auch 100 Tage nach dem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) ist die weitere Nutzung der Blauen Moschee ungeklärt. Der unter Denkmalschutz stehende Bau an der Hamburger Außenalster ist seit der Verbotsverfügung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vom 24. Juli beschlagnahmt, das Betreten des Geländes an der noblen Schönen Aussicht 36 untersagt. Die Moschee gehörte bis dato zu dem als islamistisch eingestuften Verein IZH.

Hamburgs Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal rechnet angesichts anhängiger Klagen gegen das Verbot nicht mit einer schnellen Lösung. „Der Zustand ist für alle ziemlich unbefriedigend, weil nicht klar ist, wie lange es dauert und wie eine Nachnutzung genau aussehen soll“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

IZH Hamburg: Klagen gegen Verbot anhängig – noch keine Entscheidung über Eilanträge 

Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig liegen insgesamt drei Klagen gegen das Verbot vor. Neben dem IZH sehen sich auch die als Teilorganisationen ebenfalls verbotenen Vereine Zentrum für Islamische Kultur Frankfurt und Islamisches Zentrum Berlin in ihren Rechten verletzt. Beide haben nach Angaben des Gerichts gegen die Verbotsverfügung auch Eilanträge gestellt, wie eine Sprecherin der dpa sagte – der Frankfurter Verein bereits Mitte August, das Islamische Zentrum Berlin erst vor gut einer Woche. Darüber entschieden wurde den Angaben zufolge bislang nicht. 

Die Hauptsacheverfahren dürften nach Einschätzung Blumenthals ohnehin länger dauern. „Ich gehe davon aus, dass das IZH so lange klagt, bis der Rechtsweg ausgeschöpft ist“, sagte sie. „Solange das nicht durch ist, ist auch keine Nutzung des Gebäudes möglich.“ Sollte das Verbot von dem Leipziger Gericht bestätigt werden, wäre auch ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe möglich.

Kontroverse um Nachnutzung der Moschee

Wie so eine Nutzung aussehen könnte, darüber gehen die Meinungen in der Stadt weit auseinander. „Finger weg von unseren Gotteshäusern“ und „Wir wollen unsere Moschee zurück“ war in den vergangenen Wochen auf Transparenten bei den Freitagsgebeten zu lesen, die von gläubigen Schiiten seit der Schließung der Moschee zunächst direkt davor auf der Straße und mittlerweile etwas weiter entfernt auf einem abgesperrten Parkstreifen abgehalten werden. Ihr Vorwurf an die Bundesinnenministerin lautet: „Faeser tritt das Grundgesetz mit Füßen“. 

Faeser hatte das IZH in ihrer Verbotsverfügung als „bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa“ bezeichnet, das verfassungsfeindliche Ziele verfolge, indem es die Ideologie der Islamischen Revolution in Deutschland verbreite.

So sieht es auch eine Gruppe um die iranischstämmige Frauenrechtlerin und Vorsitzende des Vereins Kulturbrücke Hamburg, Hourvash Pourkian. Die Moschee müsse geschlossen bleiben, „solange das terroristische Regime im Iran an der Macht ist“, sagte sie der dpa. Wünschenswert wäre aus ihrer Sicht die Einrichtung eines Kulturzentrums, benannt nach Jina Mahsa Amini – der jungen Kurdin, die vor zwei Jahren im Iran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Kopftuchgebot von den berüchtigten Sittenwächtern festgenommen worden und wenig später gestorben war. Ihr Tod hatte landesweite Proteste ausgelöst und weltweit für Empörung gesorgt.

Blumenthal will Moschee auch als Gebetsort für Schiiten erhalten 

Auch für Blumenthal, die als Doppelstaatlerin selbst über einen iranischen Pass verfügt, ist klar, dass die Verbindung zwischen Blauer Moschee und der Regierung in Teheran gekappt werden muss. „Es sollte künftig wieder beides sein: ein Glaubensort für Schiiten und ein Ort für alle Iranerinnen und Iraner. Ein Ort, an dem iranische Kultur vermittelt wird, auch für Interessierte. Ein Ort der Begegnung, des gemeinsamen Lebens – zusätzlich zur Religion.“

Seit ihrem Bau in den 1960er-Jahren durch iranische Kaufleute sei die Imam-Ali-Moschee, so der offizielle Name, für die iranischstämmige Community mehr als ein Glaubensort gewesen. „Sie war so etwas Ähnliches wie ein Bürgerbüro für Menschen iranischen Ursprungs. Auch für die, die vielleicht gar nicht so gläubig sind“, sagte Blumenthal. Zudem seien in der Moschee traditionelle iranische Trauerfeiern abgehalten und Erbangelegenheiten geregelt worden.

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IZH Hamburg: Umbenennung der Moschee wäre Symbolpolitik

Eine Umbenennung etwa in Jina-Mahsa-Amini-Moschee wäre für die Grünen-Politikerin reine Symbolpolitik. „Ich halte es auch nicht für die vordringliche Frage, wie die Moschee heißt. Vielmehr muss es darum gehen, einen offenen Ort zu schaffen, an den die Menschen gerne gehen, ohne sich beklemmt oder bedroht zu fühlen“, sagte sie.

Es sei ja auch nicht so, „dass das Schiitentum und der Iran erst seit der Revolution 1979 in Beziehung stehen, als die Mullahs an die Macht kamen“. Sie stehe für einen säkularen Islam, der niemandem etwas aufzwingt. „Aber wir müssen anerkennen, dass es viele Iranerinnen und Iraner gibt, die einen religiösen Hintergrund haben.“

Daher wünsche sie sich die Blaue Moschee als Begegnungsort und zusätzlich einen, an dem auch Menschen ihrer Religion nachgehen können. „Wenn wir von einem säkularen Staat Iran reden, dann können wir jetzt hier mal zeigen, dass beides möglich ist und möglich sein muss“, sagte Blumenthal.