Hamburg. Seit 2020 hält eine Schranke den Verkehr vom Friedhof fern. Die ist nach einem Unfall kaputt. Warum beschafft Hamburg Wasser eine neue?

  • Seniorin kracht vor wenigen Wochen in die Schranke, beschädigt sie schwer
  • Weil Hamburg Wasser umfänglich saniert, dürfen Anwohner über den Friedhof abkürzen
  • Ein Ersatzsystem mit Schrankenwärter und Container steht schon bereit

Seit die Schranke vor vier Jahren an der Kreuzung Mittelallee/Ida-Ehre-Allee eingerichtet wurde, ist der Friedhof Ohlsdorf für Autofahrer buchstäblich nicht mehr barrierefrei. Für sie ging damit auch eine Ära der Bequemlichkeit zu Ende: Viele Jahre hatten täglich mehr als 6000 Pendler das Friedhofsgelände genutzt, um ihre Route abzukürzen. Dann reichte es den Friedhofsbesuchern, die den personifizierten Alltagsstress auf vier Rädern als kaum mehr vereinbar mit der Würde eines der Totenruhe und der Andacht gewidmeten Ortes empfanden. Und schließlich reichte es auch der Politik. Seit Oktober 2020 gibt es deshalb die Schranke. Für abkürzungswillige Autofahrer ist dort Endstation.

So weit, so gut. Nur funktioniert die Schranke aktuell nicht mehr, weil eine Seniorin die nördliche Säule vor wenigen Wochen mit ihrem Auto gerammt hat. Der Schaden wiegt schwer: Unter anderem wurden bei dem Unfall Zuleitungen aus dem Erdreich gerissen. Einige Tage lang durften die motorisierten Pendler frohlocken, weil die Durchfahrt über das Friedhofsgelände nach vier Jahren endlich wieder frei war. So wäre das wohl noch einige Zeit weitergegangen, zumal die defekte Schranke noch immer defekt ist. Der Schaden sei der Versicherung gemeldet, sagte Friedhofssprecherin Hedda Scherrer auf Abendblatt-Anfrage. Wann er behoben wird, stehe noch nicht fest.

Friedhof Ohlsdorf: Beliebte Abkürzung steht Anwohnern wieder offen

Die Frage, wann die friedhofseigene Schranke wieder einsatzbereit ist, ist aber ohnehin nur noch zweitrangig. Denn Anfang August installierte das städtische Unternehmen Hamburg Wasser am Friedhof nach langer Vorplanung eine eigene Schranke, und einen Schrankenwärter gab es gleich mit dazu. Hintergrund: Seit Ende Juli erneuert das Unternehmen die Trinkwasser- und Abwasserleitungen zunächst entlang der Wellingsbütteler Landstraße, dann ist der Wellingsbüttler Weg dran. Alles in allem werden die Bauarbeiten rund drei Jahre dauern, und in dieser Zeit dürfen betroffene Anwohner den Friedhof für die Durchfahrt nutzen, weil sie sonst einen Umweg von mindestens 45 Minuten in Kauf nehmen müssten. Für die Kontrolle der Umleitung über den Friedhof ist Hamburg Wasser zuständig.

Die Schranke dürfen seit Oktober 2020 nur noch Berechtigte mit ihrem Fahrzeug passieren. Für den Durchgangsverkehr ist hier Endstation.
Die Schranke dürfen seit Oktober 2020 nur noch Berechtigte mit ihrem Fahrzeug passieren. Für den Durchgangsverkehr ist hier Endstation. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Der nun an der Einfahrt zum Friedhof verpostete Schrankenwärter kontrolliert die Anwohner-Ausweise und macht den Weg frei. Die Barriere und der Wärter bleiben so lange im Einsatz, wie die Arbeiten von Hamburg Wasser andauern, also etwa bis Ende 2027. Bis dahin sollte natürlich die friedhofseigene Schranke wieder funktionieren. „Wir rechnen mit ungefähr 500 Fahrzeugen täglich zusätzlich“, sagt Hedda Scherrer. Gegenüber der Reduzierung von 6300 Fahrzeugen im Jahr 2015 auf weniger als 1000 im Jahr 2020 sei das „fast vernachlässigbar“, findet der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe, der lange für das System gekämpft hatte.

Friedhof Ohlsdorf: Trauergäste angepöbelt und bedrängt

Der massive Durchgangsverkehr auf dem Gelände des größten Parkfriedhofs der Welt hatte sich über viele Jahre auch durch regelmäßige Polizeikontrollen nicht eindämmen lassen. Trauerzüge, die auf dem Areal über die Straße liefen, wurden mitunter angehupt und angepöbelt, Autofahrer fuhren halsbrecherisch eng an den Trauernden vorbei oder rasten über den Friedhof. Nachdem die Barriere in Betrieb gegangen war, kehrte Ruhe ein. Weiterhin dürfen aber Friedhofsmitarbeiter, Busse, Polizei, Feuerwehr und mit Zugangskarten ausgestattete Besucher die Schranke passieren; für Radfahrer und Fußgänger ist sie ohnehin kein Hindernis. Aus Sicht von Kappe hat sich die Installation der mit fast 500.000 Euro nicht eben billigen Barriere bewährt. So liege die Zahl der auf dem Gelände gezählten Fahrzeuge täglich inzwischen bei unter 1000.

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Einige scheinen aber noch immer nicht ihren Frieden mit der Schrankenanlage gemacht zu haben. Mehrmals habe sie in den vergangenen Jahren repariert werden müssen, weil Autofahrer sie offenbar vorsätzlich angefahren oder auf andere Weise beschädigt hatten, sagt Hedda Scherres.