Hamburg. Deutsch und privilegiert: Befragung zeigt klaren sozioökonomischen Trend bei Ärzten und Studenten. Anders hätte es Vorteile.

Die Stadt Hamburg präsentiert sich selbst gerne als divers. Geht es aber um die Medizinerinnen und Mediziner der Hansestadt, zeigt sich ein Trend, der nur wenig mit der Lebensrealität der Stadt zu tun hat.

Eine Befragung von Forschenden des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigt: Hamburger Mediziner, Medizinstudenten und Bewerber kommen in Deutschland überproportional oft aus sozioökonomisch besser gestellten Familien und haben zudem deutlich seltener einen Migrationshintergrund. Dabei hat mehr Vielfalt in der Ärzteschaft gleich mehrere wichtige Vorteile.

UKE Hamburg: Klarer Trend in Hamburger Ärzteschaft zu erkennen

Mehr als 2000 Studenten und Bewerber für Humanmedizin in Deutschland und etwa 1500 Ärzte aus Hamburg hatten zwischen Juni und August 2022 den Online-Fragebogen beantwortet. Hierbei zeigte sich unter anderem, dass bei rund 80 Prozent der Studierenden die Eltern für das Studium aufkommen. Bei jeder fünften Person hat ein Elternteil selbst ein abgeschlossenes Medizinstudium.

Darüber hinaus gehören bei 70 Prozent der Studenten die Eltern zum sozioökonomischen oberen Fünftel der Bevölkerung. Bei den befragten Ärzten sind es knapp 60 Prozent. Ganz anders sieht es hingegen bei den am wenigsten wohlhabenden drei Quintile aus. In Deutschland macht dieser Teil immerhin 60 Prozent von der Bevölkerung aus. In Hamburg sind nur etwa 10 Prozent der Studenten und 18 Prozent der Ärzte davon betroffen.

Besonders interessant: Trotz gleicher Abiturnote werden Personen mit dem höchsten sozioökonomischen Status mehr als dreimal häufiger zum Medizinstudium zugelassen als ihre Mitbewerber aus dem niedrigsten Quintil. Dabei ist der Ärztemangel in Hamburg, vor allem in benachteiligten Stadtteilen, hoch.

Migrationshintergrund ist bei Hamburger Medizinstudenten Mangelware

Auch beim Thema Migrationshintergrund liegt die Hansestadt im Bereich der Medizin im Schnitt unter der Durchschnittsbevölkerung. So ist zum Beispiel der Anteil türkischstämmiger Studenten nur etwa ein Drittel so hoch wie in der gleichaltrigen Bevölkerung.

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Um die Chancengleichheit zu erhöhen und damit auch die Gesundheitsversorgung zu verbessern, schlagen die Forschenden jetzt ein Unterstützungsangebot nach dem Prinzip der „Widening Participation“ vor. Dabei soll Chancengleichheit auf eine hochwertige Bildung, unabhängig von der sozialen, kulturellen oder wirtschaftlichen Herkunft, stattfinden.

Studie des UKE Hamburg zeigt, warum Diversität in der Medizin wichtig ist

Die Ergebnisse zu der Befragung wurden in den Fachjournalen „Healthcare“ und dem „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht. Hier wird auch deutlich, warum mehr Vielfalt zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen kann. Denn oft können Mediziner, die aus derselben Lebenswelt wie ihre Patienten kommen, „die jeweiligen sozialen Umstände von Gesundheit und Krankheit verstehen“.

Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessert sich, wenn beide auf Augenhöhe miteinander sprechen. „Andernfalls beklagen sich Patienten häufig über mangelndes Einfühlungsvermögen.“ Dieses Patienten-Empfinden wirkt sich dann auch auf die Inanspruchnahme von Präventions- und Gesundheitsdiensten aus.