Hamburg. 20.000 Autos rollen täglich durch die Hummelsbütteler Landstraße, darunter 1200 Laster. Jetzt ruft eine Initiative zur Demo auf.
Lärm, Abgase und wackelnde Wände – bei den Anwohnern der Hummelsbütteler Landstraße in Hamburg-Fuhlsbüttel liegen die Nerven blank. Seit Jahren kämpfen sie dafür, dass an der viel befahrenen Straße einheitlich Tempo 30 eingeführt wird. Die Bürgerinitiative „HuLa 30“ hat mittlerweile mehr als 600 Mitglieder und wird vom ADFC unterstützt.
Denn an der „HuLa“ verunglücken auch immer wieder Radfahrer. Die Initiative nennt die Straße einen Unfallschwerpunkt – als dieser gilt etwa auch der Lokstedter Steindamm, für den gerade ebenfalls Tempo 30 gefordert wurde.
Hamburg-Fuhlsbüttel: Verzweifelte Anwohner fordern Tempo 30
Pro Tag fahren etwa 20.000 Fahrzeuge durch die Hummelsbütteler Landstraße, davon mehr als 1200 teils schwer beladene Lastwagen sowie zusätzlich Busse des HVV, die auch nachts zum Busdepot am Lademannbogen fahren. Dann würden in dem Haus, in dem er mit seiner Familie lebt, die Wände wackeln, sagt Miguel Castro Frenzel, der seit fünf Jahren an der Einfallstraße wohnt.
„Die Vibrationen verursachen Risse an den Wänden der mehr als 100 Jahre alten Häuser entlang der Straße, die Schallwellen sind sogar im Kaffeebecher zu sehen. Das sind nicht hinnehmbare Belastungen für Nerven, Gesundheit und Eigentum“, so der Fuhlsbüttler, der Ende 2018 mit seiner Nachbarin Hanna Oppermann die „HuLa 30“-Initiative gegründet hat – nach einem schweren Verkehrsunfall mit vier Verletzten direkt vor ihren Haustüren.
Die „HuLa“ werde – ebenso wie ihre Verlängerung, die Hummelsbütteler Hauptstraße – von Eltern und Kindern der umliegenden Kitas und Schulen genutzt. „Es gibt nur wenige Möglichkeiten, die Straße zu Fuß oder mit dem Rad gefahrlos zu überqueren, um auf der richtigen Straßenseite unterwegs zu sein“, so Frenzel.
Die vorhandenen Fahrradwege seien marode und unzureichend ausgebaut, die bisherigen Geschwindigkeitsregelungen uneinheitlich und unübersichtlich: Mal gelte generell Tempo 50, mal nur tagsüber Tempo 50 und nachts Tempo 30.
Hummelsbütteler Landstraße: Anwohner erleben täglich gefährliche Situationen
Täglich erlebten die Anwohner riskante Fahrmanöver, Unfälle und die Unsicherheiten aller Verkehrsteilnehmer, sagt Hanna Oppermann. Dass das nicht übertrieben ist, merkt man vor Ort sofort. Innerhalb der ersten Minuten eines Treffens mit einigen Mitgliedern der Initiative donnern ein Dutzend Laster vorbei.
Eine Radfahrerin, die wegen eines fehlenden Radwegs auf der Fahrbahn stadtauswärts fährt, wird von einem Auto trotz Gegenverkehrs schnell überholt. Kurz darauf bremst ein schwerer Laster hinter ihr abrupt ab. Der Fahrer hat sie viel zu spät gesehen. Das war knapp.
Die Radfahrerin hat alles richtig gemacht, denn auf der stadtauswärts führenden Seite gibt es keinen Fahrradweg. „Wer hier längs fahren will, muss sich auf die Straße wagen oder den schmalen und schlechten Radweg auf dem gegenüberliegenden Gehweg nutzen und sich damit verkehrswidrig verhalten“, sagt Hanna Oppermann. Und Frenzel ergänzt: „Wenn der Radverkehr auf der Straße fahren soll, muss hier Tempo 30 gelten.“
Polizei Hamburg: Kreuzung Heinrich-Traun-Straße ist „Unfallhäufungsstelle“
Gleich darauf ein zweiter Beinahe-Unfall: Ein Autofahrer, der auf der Heinrich-Traun-Straße unterwegs ist, will die Hummelsbütteler Landstraße überqueren. Hätte er Glück, würde die Fußgängerampel ein paar Meter weiter betätigt und er könnte durch die haltenden Autos auf die andere Seite gelangen. Weil dem aber nicht so ist, muss der Autofahrer eine der wenigen knappen Lücken im fließenden Verkehr nutzen und aufs Gas drücken, um schnell über die „HuLa“ zu düsen.
„Brenzlige Situationen wie diese sind typisch für diese Kreuzung. Leider kracht es hier immer wieder“, so Frenzel. Auch die Polizei spricht von einer Unfallhäufungsstelle. Zwischen Anfang Januar 2020 und Ende Dezember 2022 seien am Knotenpunkt Hummelsbütteler Landstraße/Heinrich-Traun-Straße zehn Unfälle mit insgesamt vier leicht verletzten Personen passiert.
Davor hat es dort aber auch schon Todesopfer gegeben. Die Fußgängerampel etwa war seinerzeit nach dem Unfalltod eines Kindes eingerichtet worden.
Tempo 30: Bezirkspolitik unterstützt Forderung an der „HuLa“
Die Initiative fordert an der Kreuzung einen Kreisverkehr oder eine Erweiterung der vorhandenen Fußgängerampelanlage für den Autoverkehr – zusätzlich Tempo 30 für die gesamte Straße, versteht sich.
Die Geschwindigkeitsregulierung wird auch vom ADFC unterstützt. „Tempo 30 ist die beste Unfallprävention und erhöht die Verkehrssicherheit“, sagt Sprecher Dirk Lau. „An der Hummelsbütteler Landstraße ist das besonders auch für die Radfahrer wichtig, die durch die schlechten Bedingungen gefährdet sind.“
- Bewohnerparken: Behörde gibt Nutzern mehr Möglichkeiten
- Elbchaussee: Wie die Reeperbahn Vorbild für Hamburgs Prachtmeile werden kann
- „Superbüttel“ startet – mit autofreiem Platz in Hamburg-Eimsbüttel
Auch die Bezirkspolitik unterstützt das Anliegen der Fuhlsbüttler, sieht aber wenig Aussicht auf Erfolg. „Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat gerade nochmals die Regelgeschwindigkeit von Tempo 50 innerorts betont und den Kommunen nur in minimalem Maße mehr Spielraum in Sachen Tempo 30 eingeräumt“, sagt Timo B. Kranz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, die in Hamburg-Nord auch den Bezirksamtsleiter stellen.
Er fürchte jedoch, dass diese für die „HuLa“ noch nicht ausreichten. „Wir werden dies aber genau prüfen.“
Hamburg-Fuhlsbüttel: Anwohner rufen für Freitag zu einer großen Demo auf
Tatsache ist, dass die angrenzende Hummelsbütteler Hauptstraße Teil des Lärmaktionsplans ist und dort somit Tempo 30 gilt. Für die „HuLa“ gilt das nicht, obwohl dort genauso viele Autos, Laster und Busse durchfahren und die Anwohner unter den gleichen Beeinträchtigungen leiden, die es früher auch an der Hummelsbütteler Hauptstraße gab: nämlich 65 bis 75 Dezibel. Doch an der Hummelsbütteler Hauptstraße gibt es mehr Mehrfamilienhäuser und damit mehr betroffene Anwohner.
Um mehr Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu bekommen, hat die „HuLa 30“-Initiative für Freitag zu einer großen Demo aufgerufen. Der Protestzug soll um 14 Uhr vom Festplatz am Ende der Hummelsbütteler Hauptstraße den gesamten Straßenverlauf entlang bis zum Ende der Hummelsbütteler Landstraße ziehen, insgesamt rund zwei Kilometer.