Hamburg. Anwohner in Hoheluft sind empört: Schilder wurden sehr kurzfristig aufgestellt. Warum das erlaubt ist und worauf man achten muss.

Als der Hamburger Heinrich Meyer sein geparktes Auto vor seinem Haus nicht wiederfand, dämmerte ihm schnell, dass der Wagen nicht geklaut, sondern mutmaßlich abgeschleppt worden war. Denn vor seinem Wohnhaus am Abendrothsweg in Hoheluft-Ost war während seines Urlaubs eine neue Baustelle eingerichtet worden. Nun ist der Autofahrer wegen der Abschleppkosten um einige Hundert Euro ärmer.

Der Anruf bei der Wache nach dem Urlaub brachte Klarheit. Sein Auto war wie das etlicher anderer aus der Nachbarschaft aus dem Abendrothsweg abgeschleppt worden. Meyer, der 13 Tage in Nordfriesland im Urlaub war, bekam eine saftige Rechnung präsentiert, als er seinen Wagen beim Verwahrplatz an der Flughafenstraße, den es seit diesem Jahr gibt, auslöste.

Abschlepp-Ärger in Hamburg: 574 Euro für den Autoknast – Anwohner empört

„Dort musste ich 574 Euro abdrücken“, sagt er verärgert. Der Mitarbeiter beim Autoknast, den es nun zusätzlich zu der bekannten „Zentralen Verwahrstelle für abgeschleppte Fahrzeuge“ an der Ausschläger Allee gibt, habe ihm erklärt, es komme ständig vor, dass Autos aus kurzfristig eingerichteten Baustellen abgeschleppt werden. Entsprechend sei die Laune dieser Autobesitzer.

Meyer hatte zwar kurz vor seinem Urlaub einen Zettel an der Haustür gesehen. In dem Schreiben vom 14. August 2023 an die Anliegerinnen und Anlieger kündigte Stromnetz Hamburg die Erneuerung einer Netzstation und die Modernisierung von Kabeln und Kabeltrassen in der Straße, in der bald auch das Schrägparken abgeschafft werden soll, an. Geplante Dauer der Arbeiten: 21. August bis 16. Dezember 2023.

Mehrere Autos aus dem Abendrothsweg in Hamburg wurden abgeschleppt

„Viele unserer Bauarbeiten werden Sie gar nicht bemerken. Wir stellen sicher, dass Ihr Hauseingang auch während der Baumaßnahme jederzeit zugänglich bleibt und Sie mit Strom versorgt werden. (…) Nach aktueller Planung gehen wir davon aus, dass zeitweise Gehwege gesperrt/eingeschränkt sind, einzelne Parkplätze wegfallen, die Straße teilweise gesperrt ist“, hieß es in dem Informationsschreiben weiter.

„Davon, dass sämtliche Parkplätze wegfallen, war da nicht die Rede“, sagt Heinrich Meyer, der sein Auto am Abendrothsweg/Ecke Meldorfer Straße abstellte und am 16. August in den Urlaub startete. „Wir hatten eine kleine Baustelle erwartet, aber nicht so eine riesige über fast 100 Meter Länge.“ Zudem war er davon ausgegangen, dass ansonsten auch bereits Halteverbotsschilder an den entsprechenden Stellen aufgestellt worden wären.

Der Abendrothsweg ist mal wieder Baustelle. Etliche Autos in der Straße in Hoheluft-Ost wurden abgeschleppt.
Der Abendrothsweg ist mal wieder Baustelle. Etliche Autos in der Straße in Hoheluft-Ost wurden abgeschleppt. © Privat

Meyer sagt, er sei besonders darüber verstimmt, dass Stromnetz Hamburg die Schilder so kurzfristig aufstellen ließ und nicht zur selben Zeit, als die Zettel an den Haustüren aufgehängt wurden. „In der Gegend gibt es ganz viele Baustellen, aber immer werden die Halteverbotsschilder zehn bis 14 Tage vor Beginn der Bauarbeiten aufgestellt“, sagt der 66-Jährige. Bei der Wache habe man ihm aber gesagt, dass es reiche, wenn sie drei Tage vorher stehen.

Wer in den Urlaub fährt, muss mit einer neuen Baustelle rechnen

„Den konkreten Fall kann ich nicht nachvollziehen, dessen ungeachtet ist die Situation grundsätzlich aber auch sehr eindeutig geregelt“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth. „Nur weil bei Urlaubsantritt noch keine Beschilderung vorhanden war, bedeutet das nicht, dass ich ruhigen Gewissens in den Urlaub fahren kann. Vielmehr muss jederzeit damit gerechnet werden, dass kurzfristig eine Änderung der bestehenden Verkehrsregelung eintreten kann.“

Der Halter sei deshalb verpflichtet, regelmäßig nach seinem im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Fahrzeug zu schauen. „Dies sollte alle drei Tage geschehen. Kann er dies selbst nicht, sollte er eine andere Person damit beauftragen“, so der Polizeisprecher.

Polizei Hamburg: Sprecher zitiert einschlägige Rechtsprechung

Die Empfehlung sei angelehnt an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Darin heißt es im Leitsatz auszugsweise: „Ist ein ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Haltverbotszone abgeschleppt worden, muss der Verantwortliche die Kosten nur tragen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde.“

Für diejenigen, die ein solches Bedarfshalteverbot – beispielsweise wegen eines Umzugs – nutzen wollen, bedeutet dies laut Abbenseth im Umkehrschluss: „Zwischen dem Aufstelltag der Verkehrsschilder für ein Bedarfshaltverbot und dem möglichen Umzugs-/Abschlepptag müssen volle drei Tage liegen.“

Verkehr Hamburg: Betroffener Autofahrer hat Widerspruch eingelegt

Heinrich Meyer findet diese Frist nicht ausreichend. Ebenso wie viele Nachbarn, die sich auf dem Nachbarschaftsportal „Nebenan.de“ dazu ausgetauscht haben. Er hat Widerspruch eingelegt und sagt: „Gerade in der Urlaubs- und Ferienzeit sind drei Tage zu kurz. Das ist Schikane.“

Laut Stromnetz Hamburg wird die Baugrube im Dezember geschlossen, sobald die Netzstation saniert und die Kabel erneuert wurden. „Bis zum Abschluss der Bautätigkeit bleiben die Einschränkungen bestehen. Bei der Sanierung von Netzstationen handelt es sich um standardmäßige Baumaßnahmen, welche acht bis zwölf Wochen in Anspruch nehmen“, so eine Sprecherin.

Die Frage, warum die Schilder so kurzfristig aufgestellt wurden, blieb unbeantwortet.